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Teilnehmer: Markus Fink aus Jena und Uwe Kersten aus Weimar

Am Dienstag, dem 16.08.2005 regnete es immer wieder, erst ab dem Reschenpass war die Strasse dann trocken. Der Ortler war aber vor lauter Wolken nicht zu sehen. Im Gegensatz zum vergeblichen Versuch der Besteigung zu Pfingsten war für den nächsten Tag Traumwetter angesagt. Nach mühsamen Stopp and Go durch Deutschland und Österreich erreichten wir endlich 18.00 Uhr Sulden. Die Gipfel in Wolken, da hieß es Rucksack umpacken (Isomatte, Schlafsack, Kocher, Essen...) und auf zur Hintergrathütte, welche wir nach einer Stunde und 45 Minuten Aufstieg erreichten. Während des Aufstieges wurde es immer kälter, dämmricher aber auch klarer.

Als wir die Hütte fast erreicht hatten, waren die letzten Wolken in den Gipfeln verschwunden, der Mond lugte über die Zufallspitze, und die aufziehende Kälte verhieß einen wunderbaren Folgetag. Auf der Hütte übernachteten erwartungsgemäß viele (ca. 30) Hintergrataspiranten, mit denen wir uns am nächsten Tag den Hintergrat teilen sollten. Markus traf gleich einen Bekannten, mit dem er kürzlich gemeinsam einen Lehrgang besucht hatte. Nach dem Abendessen (Selbstversorgung) gingen wir ins Lager, erfreulicherweise gab es neue Doppelstockbetten. Im außen angebauten Waschraum befand sich jetzt im Gegensatz zu Pfingsten ein Betonfußboden, der Generator blies seine zwar warmen aber stinkenden Abgase direkt in den Waschraum, da war beim Zähne putzen äußerste Eile geboten.

Nach kurzer Nacht wurden wir alle 4.00 Uhr geweckt, Frühstücken und fertig machen. Gegen 5 Uhr setzte sich die Lichterkette in Richtung Hintergrat in Bewegung. Wir gingen als eine der letzten Seilschaften los. Die eisige Kälte des Vorabends war verschwunden, der Weg leicht zu finden(immer den Lichtern nach) , erst auf ausgetretenem Weg durch die Wiese, dann auf der Seitenmoräne und schließlich in Serpentinen den leicht verschneiten Schutthang hoch. Am oberen Ende angekommen, die Königsspitz- Nordwand in ein tiefes Orange des Sonnenaufgangs getaucht, die Stirnlampen weggeräumt, ging der eigentliche Grat erst los.

Nach ein paar Minuten war der Himmel blau wohin man auch schaute, die Berge weiß und die Sonne schien wie im Bilderbuch. Kurze Zeit später standen wir bereits das erste mal im Stau, vor uns Andy und Richard aus Memmingen, mit denen wir sozusagen eine Vierergruppe beim Aufstieg bildeten.

Eine Stelle vor dem ersten Schneefeld gingen wir am Seil, Andy stieg vor und legte Sicherungen, Richard und ich sicherten uns mit einer Prusikschlinge am ausliegenden Seil, und Markus baute hinter uns alles wieder ab.

Dann ging` s über das erste Firnfeld, auf griffigem Schnee, ohne Steigeisen und ohne Seil. Nach dem Schneefeld wieder Stau, die Verschneidung mit zwei vorhandenen Drahtschlingen verlangt den meisten alle Kraftanstrengungen ab, um sich die kurze steile Strecke hochzuziehen.

Jetzt gingen wir wieder 2+2 getrennt. Mit viel Sichern (Markus stieg vor, legte Sicherungen oder das Seil zwischen die Felsen, und ich kam am straffen Seil nach und baute wieder ab) ging` s dann weiter bis zum zweiten Firnfeld. Die immer wieder auftretenden Staus kamen mir gerade recht, um ab und zu mal am Grat zu verschnaufen und etwas zu trinken. Außerdem nutzte ich die vielen Gelegenheiten bei dem Zauberwetter, Fotos in allen möglichen Varianten zu machen.

Nach dem oberen Firnfeld ging` s dann weiter wie gehabt, meistens am Seil. Markus kletterte trotz des über 20 kg Rucksack wie im Klettergarten, mir war der schwere Rucksack überaus hinderlich, die Felsen durch den Schnee oft zu glatt. Bereits unten am Grat hatten wir erfahren, dass am Hintergrat vorige Woche zwei Bergsteiger unabhängig voneinander tödlich abgestürzt waren. Dies beruhigte nicht gerade und machte mich noch vorsichtiger, was natürlich auf Kosten der Zeit ging.

13.00 Uhr, also erst nach 8 Stunden standen wir dann beide auf dem Gipfel. Überwältigend war für mich vor allem die grandiose Rundumsicht. Die vielen Gipfel ringsum, von denen man in den letzten Jahren immer zum Ortler geschaut hatte und dachte, das wär` s. Von dieser Sicht, dem kalten, klaren Wetter hatte ich immer geträumt, wenn ich mal oben stehen würde. Nach ausgiebigem Foto shooting und einer Brotzeit kamen etwa eine halbe Stunde nach uns Andy und Richard den Grat zum Gipfel hoch. Wir beschlossen dann zu viert am Seil den Abstieg über den oberen Ortlerferner in Angriff zu nehmen.

Dies gelang recht zügig und problemlos (mit vielen Fotopausen) bis zum Lombardi Biwak. Ca 15.00 Uhr hier angekommen verabschiedeten wir uns von ihnen, denn sie wollten heute noch nach Hause fahren, wir dagegen in der Biwakschachtel übernachten und hier oben den Sonnenuntergang bzw. den Sonnenaufgang erleben.

Die Biwakschachtel war zu unserer Überraschung sehr gepflegt und gut mit Matratzen und Decken ausgerüstet, wir freuten uns schon auf den schönen Abend in der Schachtel, in der 5 Liegen waren. Gegen 17 Uhr kam noch eine Dreierseilschaft, welche wir auf dem Hintergrat überholt hatten. Der junge Mann sicherte die zwei jungen Frauen sehr sorgfältig ab, so schöpften sie den Tag mit dem tollen Wetter voll aus. Die drei berichteten uns, dass noch eine Dreierseilschaft am Gipfel angekommen ist, welche bestimmt aus Zeitnot bei uns mit in der Biwakschachtel schlafen würde. Ich schaute sehr oft nach oben zum Ortlerferner, konnte aber keinen entdecken. Erst nach 19.00 Uhr sah ich sie den getretenen Pfad über den Ortlerferner herunterkommen. Mir viel ein Stein vom Herzen. Da wir bereits Nudeln zum Abendessen verspeist hatten, konnten wir die drei Allgäuer mit einem heißen Tee begrüßen. Sie waren froh, nicht noch im Dunkeln zur Payerhütte absteigen zu müssen. Wie sich dann beim abendlichen Geplauder herausstellte, kamen sie aus dem Ort, aus dem eine Woche zuvor ein junger Mann am Hintergrat tödlich abgestürzt war. Sie mussten ihren Frauen versprechen, äußerst vorsichtig zu sein. Sie sicherten im Prinzip den gesamten Hintergrat und waren dadurch so langsam.

Geweckt haben uns nicht wie befürchtet die Bergsteiger des Normalweges, sondern die ersten Sonnenstrahlen. Nach einem gemütlichen Frühstück brachen wir alle zusammen Richtung Payerhütte auf.

Jetzt kamen sie wie ein Ameisenhaufen den Gletscher hoch, über die Felsen und auf dem Normalweg zum Gipfel, der heute schon am Mittag in Wolken war. Wir seilten uns vom Lombardibiwak zum Gletscher ab, gingen ihn herab zum Tabarettagrat. Hier kam noch einmal eine Stelle in Absturzgelände, wo wir uns sicherten und abseilten. Danach ging` s über den Grat und den mit Ketten gesicherten Abschnitt Richtung Payerhütte.

Ich war erleichtert, gesund und munter wieder unten zu sein. Markus hatte mich perfekt durch die schwierigen Stellen gelotst.

Nach einem kühlen Radler und Spaghetti auf der Payerhütte trafen wir dort auch die drei aus der Biwakschachtel wieder. Da das Wetter von Tag zu Tag immer wechselhafter und schlechter werden sollte, wollten wir über die Tabarettahütte, K2 Hütte, Hintergrathütte zur Schaubachhütte gehen und am nächsten Tag über die Casatihütte auf den Cevedale. Wir genossen die Sonne auf der Tabarettahütte und gingen am frühen Nachmittag weiter zur K2 Hütte. Bereits hier fing es zwischen den Gipfeln an zu donnern und zu spritzen.

Auf der Hintergrathütte warteten wir dann noch einmal eine Stunde, ob sich das Wetter vielleicht doch noch bessern würde. Halb sechs gingen wir dann bei Sprühregen doch noch los zur Schaubachhütte. Den Höhenweg über den Gletscher im großen Bogen fanden wir leider bei dem trüben Wetter nicht. Wir liefen den Wanderweg Richtung Mittelstation, dann die Seitenmoräne des Suldenferners querfeldein hinunter, über den Gletscherbach und auf der anderen Seite wieder die Skipiste zur Schaubachhütte hinauf. Die Blitze kamen immer näher und der Regen wurde auch immer stärker. Nach knapp 1 ¾ Stunden erreichten wir die Schaubachhütte. Besonders war ich von der tollen Dusche angetan, Haare waschen und warm duschen, für mich eine Wohltat. In dem tollen Lager im Dachgeschoss waren wir die einzigen Gäste. Auch wenn die Hütte neben der Seilbahnstation liegt, kann ich sie nur empfehlen.

Nach dem Ortlergipfel war die Luft etwas heraus, so dass wir am nächsten Morgen nicht 3 Uhr aufstanden, sondern ausschliefen und dann langsam die Heimreise antraten. Der Wetterbericht war auch nicht so toll, denn es sollte ab Mittag immer gewittriger werden.