Entwurf für ein Ostara-Ritual

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Seit unserem Heidenbrunch am 1. März versuche ich, genug Zeit zu finden, um für unsere kleine heidnische Gemeinschaft einen Entwurf für ein Ritual zu Ostara, zur Feier des Frühlingsbeginns zu erstellen. Es bereitete mir schon einige Bauchschmerzen, daß der Termin immer näher rückte – heute ist Frühlingsanfang – und ich einfach nix zustande brachte.

Gestern habe ich es endlich geschafft und gerade noch rechtzeitig den Entwurf fertiggestellt. Das entworfene Ritual ist recht lang, aber wir werden es besprechen, bevor wir mit der Zeremonie beginnen, und ich rechne mit der einen oder anderen Kürzung. 😉

Ich dachte mir, so ein Ritualentwurf könnte auch mal für dieses Blog interessant sein.

Allerdings ist die Fassung, die ich hier einstelle, etwas ausführlicher als der eigentliche Entwurf, der auch schon sechs DinA4-Seiten umfasst. Das liegt einerseits daran, daß ich bei unserer kleinen Gemeinschaft gewisse Erfahrungen voraussetzen kann und deswegen bestimmte Bestandteile nicht näher erläutern muss, und daß ich den Entwurf mit Euch ja nicht mündlich besprechen kann, also alles schriftlich machen muss.

Normalerweise bediene ich mich aus einem Stapel Bücher und meinen eigenen Aufzeichnungen, wenn ich ein Ritual vorbereite, aber aufgrund bereits erwähnter Umzugsfolgen …. Glücklicherweise bietet aber das einzige Buch, welches ich zur Hand hatte (Fritz Steinbock: „Das Heilige Fest: Rituale des traditionellen germanischen Heidentums in heutiger Zeit“), eine solche Fülle von Material, daß ich mich fast ausschließlich daraus bedienen konnte.

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und würde mich über Rückmeldungen freuen.

Ostaragrüße vom langen Heiden

Ritual für das Ostara-Blot von Pumpans Herd im VfGH am 21. März 2009 auf einem privaten Kultplatz

0.        Vorbereitung, Innere Einkehr

Gekürzt aus „Das Heilige Fest“:

„… Ein Festritual braucht weitreichende materielle und geistige Vorbereitungen, um störungsfrei ablaufen und seine Heilswirkung entfalten zu können. …

… Bereitet Euch geistig vor, indem Ihr Euch mit dem bevorstehenden Fest, seinen Mythen und Bräuchen, den Gottheiten, die Ihr dabei anrufen werdet, und der Ritualgestaltung selbst auseinandersetzt. Legt Euch dann, wenn Ihr frei sprechen wollt, Eure Anrufungen und Gebete zurecht und prägt Euch den Ablauf des Rituals genau ein.

Wenn Ihr den Kultplatz erreicht, kommt zur Ruhe und lasst den Ort auf Euch wirken und zu Euch sprechen. Achtet auf die Geräusche und visuellen Eindrücke, die Gerüche und den Wind. Lasst den Alltag von Euch abgleiten und macht Euch bewusst, dass Ihr in den heiligen Raum und die heilige Zeit eintreten werdet. Am besten ist es, den Weg zum Kultplatz oder das letzte Stück davon schweigend zurückzulegen und seine Aufmerksamkeit auf die Eindrücke der Natur zu lenken. …“

Wenn die materiellen Vorbereitungen abgeschlossen sind, versammeln wir uns außerhalb des Grundstücks, versuchen, innerlich zur Ruhe zu kommen, und gehen dann gemeinsam und schweigend zum Kultplatz.

Der Blotmann eröffnet das Ritual durch drei Schläge auf eine Trommel und spricht:

Gehör heisch ich heiliger Sippen,
Hoher und Niedrer von Heimdalls Stamm.

I.    Haga und Wiha (Einhegung und Weihe des Platzes)

Der Blotmann spricht:

Ihr Wesen dieses Platzes, wir wollen heute wieder an dieser Stelle eine heilige Zeremonie abhalten und bitten dafür um Eure Gastfreundschaft.

Ein Kind / Kinder stellen eine Schale mit einem süßen Getränk und eine Schale mit Keksen hinter den Altar ins Gebüsch.

Dann tritt der Blotmann in die Mitte des Platzes, stellt sich mit zum Himmel gestreckten ausgebreiteten Armen  und spricht:

Donar dutigo dietewigo!

Um Donars Macht ich bitte,
Donars Macht nach alter Sitte.
Weihe diesen Ort dem heil’gen Kult,
den Asen und Alben, die uns huld,
den Wanen und weisen Zwergen
in Alfheims Auen und Midgards Bergen,
auch Ask und Emblas Söhnen,
den Starken, und Töchtern, den Schönen.
Möge Donars Schutz hier walten
Bis das heil’ge Blot gehalten!

II.    Heilazzen (Begrüßung und Einladung der Gottheiten)

Der Blotmann, idealerweise abwechselnd mit anderen Teilnehmern, spricht die jeweiligen Anrufungen, welche alle Teilnehmer mit „Heja“ beantworten.

Hört, Ihr Hohen in Himmel und Erde!
Alle Ihr Asen und edlen Vanen!
Heja!

Den Göttern und Göttinnen gilt unser Ruf.
Die die Ahnen riefen, rufen wir auch.
Heja

Odin, Allvater, Erster der Asen!
Schenker von Weisheit und Rat, Rede und Runen!
Zauberherr, Siegvater! Wirker des Schicksals!
Wir rufen Dich!
Heja!

Frigg, Göttermutter, Herrin der Frauen!
Schützerin der Ehe und heiligen Eide!
Frigg, die das Schicksal kennt!
Wir rufen Dich!
Heja!

Donar, Donnerer, Sohn der Erde!
Beschützer der Götter und Menschen!
Spender fruchtbringenden Regens!
Wir rufen Dich!

Ostara, Mutter des neuen Lebens!
Göttin des Frühlings, Erweckerin!
Wir rufen Dich!
Heja!

Nerthus, Erdmutter, Segensreiche!
Bringerin von Frucht und Frieden!
Wir rufen Dich!
Heja!

Njörd, Vanenvater, Gott des Meeres!
Bringer von Reichtum und Fahrtheil!
Wir rufen Dich!
Heja!

Freyja, Vanadis, Folkvangs Herrin!
Göttin der Fruchtbarkeit, Liebe und Lust!
Schenkerin der Kraft der Frauen!
Wir rufen Dich!
Heja

Freyr, Fruchtbringender!
Schenker von guter Ernte und Frieden,
von Wachstum und männlicher Kraft!
Wir rufen Dich!
Heja!

Tiwaz, Herr des Things!
Gott der Gerechtigkeit und des Kampfes!
Wir rufen Dich!
Heja!

Pumpan, Mühlenbauer, Zaubermeister,
Pate unseres Herdes!
Du Vertreter der Götter in schwieriger Zeit,
wir rufen Dich!
Heja!

Alle Ihr Asen und alle Ihr Alben!
Alle Ihr Vanen und heilige Wesen!
Alle Ihr guten Wesen unseres Landes,
Ihr Geister und Wesen dieses Platzes!
Ihr Ahnen, die Leben und Heil uns gaben!
Erde und Wasser! Feuer und Luft!
Wir rufen Euch und laden Euch ein zu unserem Fest!
Heja!

III.    Reda (Einführende Rede des Blotmanns bzw. der Blotfrau)

Ostara. Zeit des Erwachens. Zum ersten Mal nach den kalten Winternächten versammeln wir uns auf der wiedererwachten Erde und stehen dankbar und stolz vor den Göttern und Göttinnen.

Wir danken ihnen für die Kraft, die sie uns gaben, die Dunkelheit und die Kälte zu überstehen, und wir blicken mit Stolz und Freude auf den neuen Aufbruch in der Natur, denn wir sind ein Teil von ihr und erheben uns mit ihr zu neuen Taten.

Lasst uns die Ströme des Lebens, die neu in uns fließen, zu heilvollem Schaffen nutzen!

Mögen Hoffnung und Stärke uns füllen und uns wie die Erde erneuern. Mögen und sie Götter jetzt und immerdar Sonnenschein und erfrischenden Regen senden. Mögen die Felder, Weiden und Wälder immer erfüllt sein vom neuen Leben des Frühlings. Mögen unser Land, unsere Sippen und unser Volk immer blühen und gedeihen. Möge, was aus guten Wurzeln erwacht, wachsen und reifen, von der Erde, aus der wir gekommen sind, durch unsere Ahnen und uns bis in ferne Zukunft.

Heil dem Leben!

IV.    Zunten (Entzünden des rituellen Feuers)

Der Feuerwart entzündet das Feuer und spricht dabei von ihm auszuwählende Worte.

V.    Spill und Gibet (Anrufungen und Festgebete)

Ostara, Mutter des neuen Lebens!
Göttin des Frühlings, Erweckerin!
Dir weihen wir dieses Fest.

Nerthus, Erdmutter, Segensreiche!
Bringerin von Frucht und Frieden!
Dich bitten wir in unsere Mitte.

Donar, Beschirmer der Götter und Menschen!
Bezwinger der Mächte von Kälte und Not!
Wir sagen Dir Dank.

Freyr und Freyja, freundliche Vanen!
Schenker von Wachstum und Fruchtbarkeit,
von Glück und Segen!
Wir laden Euch zu uns ein.

Alle Ihr Asen und alle Ihr Alben!
Alle Ihr Vanen und heiligen Wesen!
Wir bitten Euch:

Erfüllt mit Freude und Frucht die Erde,
die Wiesen und Wälder mit Wachstum und Kraft!
Gebt Fülle den Feldern,
den Tieren Trächtigkeit,
Lust den Liebenden,
Leben dem ganzen Land!

Lasst Blumen blühen und Blätter sprießen
Und unsere Werke wachsen und reifen!
Gebt Segen unseren Sippen,
dem Volke Frieden,
Gute Ernte der Erde
Und Heil allen Heimdallskindern!

So beten wir, so bitten wir,
so vergelten wir gern Eure Gaben.

Heja!

Ggf. persönliche Anrufungen und Gebete

VI.    Runagaldar (Runengesang)

Ich weiß, dass ich hing am windigen Baum,
neun lange Nächte,
vom Speer verwundet, dem Odin geweiht,
mir selber ich selbst,
am Ast des Baums, dem man nicht ansehen kann,
aus welcher Wurzel er wächst.

Sie boten mir nicht Brot noch Horn.
Da neigt’ ich mich nieder,
nahm die Runen auf, nahm sie schreiend auf,
fiel nieder zur Erde.
Hauptsprüche neun lernt’ ich von dem weisen Sohn Bölthorns, Bestlas Vater,
und trank einen Trunk des teuern Mets
aus Odrörir geschöpft.

Zu gedeihen begann ich und begann zu denken,
wuchs und fühlte mich wohl.
Wort aus dem Wort verlieh mir das Wort,
Werk aus dem Werk verlieh mir das Werk.

Runen wirst Du finden und ratbare Stäbe,
sehr starke Stäbe, sehr mächtige Stäbe.
Die Fimbulthur färbte und die großen Götter schufen
Und der hehrste der Herrscher ritzte.

Runengesang

(Die Runen werden vor Ort ausgewählt)

Abgeschabt waren alle, die eingeritzt waren,
und in den mächtigen Met gemischt,
und weiten Weg gesandt.
Die sind bei den Asen,
die sind bei den Alben,
die bei weisen Vanen,
die in der Menschen Macht.

VII.    Gilt (Opferungen der Gemeinschaft und Einzelner)

Besser nicht gebetet als zuviel geboten;
Die Gabe will stets Vergeltung.
Besser nichts gesendet als zuviel geschenkt.
So ritzte es Thundr zur Richtschnur den Völkern.
Dorthin entwich er, von wannen er ausging.

Der Blotmann fragt nach persönlichen Opfergaben und weiht, wenn auch diese dargebracht sind, alle Gaben mit dem Hammer:

Von Asgard zu Midgard,
von Midgard zu Asgard:
Donar weihe diese Gaben!

Danach gehen die Gaben durch den Kreis bis zurück zum Blotmann.

Ihr Asen und Vanen,
Euch bringen wir diese Gaben!
Götter von Asgard und Vanaheim,
nehmt sie als unser Geschenk an!
Wir geben von dem, das Ihr uns gegeben.
Gebo – Ansuz – Mannaz – Ansuz
Auf dass das Band zwischen Euch und uns gestärkt werde!

VIII.    Bluostrar (Blot – das Trankopfer)

Der Blotmann weiht die Hörner (Met für die Erwachsenen und ein alkoholfreies Getränk für die Kinder) mit dem Hammer und spricht …

Vor der ersten Runde:

Heil den Asen! Heil den Vanen! Heil allen hohen Göttern!
Diesen Trank weihen wir Eurer Ehre,
nicht um etwas zu erbitten und Gabe für Gabe zu fordern,
sondern als Zeichen von Frieden und Freundschaft.
Heil sei Euch und Ehre allezeit!

Vor der zweiten Runde:

Heil unseren Ahnen! Den Müttern und Vätern der Sippen
All derer, die hier versammelt sind um das heilige Horn!
Was wir geworden sind, was wir sind und sein werden,
verdanken wir Euch und dem Erbe, das Ihr uns hinterlassen habt.
Heil sei Euch und Ehre allezeit!

Vor der dritten Runde:

Ich erbitte den Segen der Götter
Für alle Teilnehmer an diesem Fest
und für abwesende Freunde,
für unsere Sippen und Familien.
Schenkt uns Gesundheit und Schaffenskraft,
Liebe und Glück, Fruchtbarkeit und Fahrtheil
und die Stärke, alle Schwierigkeiten und Chancen
auf unseren Wegen mutig und ehrenhaft
zu meistern und zu nutzen.

Zum Abschluss der letzten Runde:

Den Göttern zu Ehren, den Menschen zum Gedeihen.
Mögen alle Wesen in allen Welten wissen,
dass wir uns zu den Asen und Vanen bekennen.
Das heilige Band ist erneuert.

IX.    Uzlaz (Dank und Öffnen des Festkreises)

Des Hohen Lied ist gesungen
in des Hohen Halle,
den Erdensöhnen not,
unnütz den Riesensöhnen.
Wohl ihm, der es kann,
wohl ihm, der es kennt,
lange lebt, der es erlernt,
Heil allen, die es hören.

Das heilige Blot ist beendet.
Ich danke den Wesen dieses Platzes
für ihre Gastfreundschaft
und Donar für seinen Schutz.
Ich danke allen,
die an unserem Fest teilgenommen haben,
für ihr Hiersein.
Gehe, wer gehen mag,
bleibe, wer bleiben mag.
Heil Euch auf Euren Wegen!

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5 Antworten to “Entwurf für ein Ostara-Ritual”

  1. Kleinere Umbauarbeiten am Blog « Alte Sitte Says:

    […] die moderne, germanische Religion « Nach dem Winterschlaf die Frühjahrsmüdigkeit? Entwurf für ein Ostara-Ritual […]

  2. langerheide Says:

    Das Blot war schön und mein Entwurf wurde nicht nur ungekürzt umgesetzt, sondern sogar noch um einen Punkt ergänzt: Beim Zunten sangen wir nach den Worten des Feuerwartes noch das Tausend-Götter-Lied.

  3. Unser Ostara « Heidenkinder.de Says:

    […] Ihr unser Blôt genauer anschauen wollt, könnt Ihr hier gucken. Es war diesmal relativ lang – und […]

  4. Svear Says:

    Schöne Sprüche hast du eingebaut. Den Weihe-Spruch habe ich mir mal rauskopiert. Der ist so würdig. Ich würde eigentlich gerne mal so einen Runengesang „live“ erleben aber bei UNS Bilskirniranern ist da keiner „scharf“ drauf. Was nicht ist….

  5. Räucher-Ashram Says:

    Wunderbar….
    finde ich die ausführliche Beschreibung dieses Ritual´s. Schön das es Menschen und Vereine gibt die sich die Zeit nehmen bzw. haben diese Kultur zu pflegen.
    In diesem Sinne wünsch ich eine geflegte Osterzeit ;-))

    Der Räucher-Ashram

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