Scott Cunningham
Wicca-Praxis - Handbuch für Fortgeschrittene
2006 / Ullstein Verlag / ISBN: 3548742807 / 199 Seiten 

Deutsche Erstausgabe von "Living Wicca - A Further Guide for the Solitary Practitioner" / 1993 / Llewellyn Publications / ISBN 0875421849 / 240 Seiten

Verlagsinfo: Der Wicca-Bestsellerautor aus den USA, dessen Bücher die Standardwerke der Neuen Hexenkunst sind.


   Über den Autor

Scott Cunningham (1956 – 1993) war und ist auch heute noch einer der bekanntesten Wicca-Autoren. Er schrieb mehr als 15 Bücher zu Wicca-spezifischen Themen. Seine Bekanntheit beeinflusste auch die Veränderung, die in den 80er Jahren stattfand. Er war mitverantwortlich, dass Wicca als Religion mehr in den Blickwinkel der Öffentlichkeit rückte und nicht mehr als „Geheimkult“ praktiziert wurde. Cunningham wurde in verschiedene Traditionen initiiert: 1980 in die „Aridian Tradition“ und 1981 in die „Traditional Gwyddonic Order of Wicca“ und in die „Ancient Pictish Gaelic Tradition“. Außerdem war er ein Initiierter der „American Traditionalist Wicca“. Darüber hinaus war er ein guter Kräuterkenner und brachte mehrere Bücher zu diesem Thema heraus, wie „Magickal Herbalism“ oder „Cunningham’s Encyclopedia of Magical Herbs“. 1983 wurde bei ihm Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert, 1990 infizierte er sich mit Meningitis. Diese beiden Erkrankungen führten zu einer dramatischen Verschlechterung seines Gesundheitszustands. Scott Cunningham starb am 28. März 1993. 

Scott Cunningham hat dieses Buch geschrieben, um allein arbeitenden Wiccas einen tieferen Einblick in die Religion zu geben. Es baut teilweise auf seinem Erstwerk "Wicca" auf, in dem er ja eine Einführung in die Tradition gibt.

Das Buch ist übersichtlich in drei Teile unterteilt.

Teil I umfasst das Lernen.
Es zeigt die vier Wege auf, wie man die Tradition erlernen kann, gibt praktische Tipps und Tricks dazu, wie der Leser zum Beispiel an die Meditation herangehen kann oder wie das Visualisieren geübt werden kann.
Dann gibt es noch einen Überblick über die Grundzüge von Wicca, zum Bespiel die Verschwiegenheit, die Geheimnisse und wie ein Neuling in der Religion damit umgehen soll. Cunningham verrät auch, wie der magische Name herausgefunden kann werden kann und klärt darüber auf, ob bei Krankheit Magie praktiziert werden sollte. 

Auf den Seiten 33 bis 39, widmet er sich – wie Cunningham selbst schreibt – einem der heiß diskutiertesten Themen: Der Selbst-Initiation. Auf Grund der irreführenden Übersetzung im Buch „Wicca – A Guide for the solitary Practitioner“ (auf Deutsch Wicca), weist Scott Cunningham an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dem dort beschriebenen Ritual um eine Selbst-Dedikation gehandelt hat. 

Zur Selbst-Initiation schreibt Cunningham, dass jeder Praktizierende das Recht darauf hat. Voraussetzung ist, dass sich der Initiant zuvor schon eine zeitlang mit Gott und Göttin beschäftigt und für sich entschieden hat, dass Wicca sein Weg ist. Natürlich sollte er sich auch mit der Religion auseinander gesetzt, sich Wissen angeeignet haben. Der Autor betont, dass die Zeitspanne von einem Jahr und einem Tag durchaus ein geeignetes Maß ist, die sich auch jemand, der sich selbst initiieren möchte, setzen sollte. 

Er zitiert an dieser Stelle (Seite 34) auch einige Einwände gegen die Selbst-Initiation und gibt gleich die Antworten darauf: So erklärt er Kritikern, die meinen, eine Initiation könne nur von einem Hohepriester oder einer Hohepriesterin durchgeführt werden, da von ihnen schließlich die Kraft übertragen wird, dass bei einer Selbst-Initiation die Kraft von den Göttern persönlich kommt.
Der Kritik, dass eine Selbst-Initiation nicht von anderen Coven anerkannt wird, hält er entgegen, dass allein arbeitende Wiccas keinem Coven angehören. 
Zum Vorwurf, dass die Initiation alleine die Persönlichkeit des Initianten verändert, erklärt er, dass selbst kreierte Selbst-Initiationen denselben Zweck erfüllen. 
Und letztendlich beantwortet er den Einwand, dass eine Initiation den Tod der alten und die Geburt einer neuen Persönlichkeit bewirkt, mit der Entgegnung, dass dieser Aspekt auch in einem Selbst-Initiationsritual inkludiert werden kann. 

Auf Seite 35 geht Cunningham nun genauer darauf ein, wie so ein Ritual aussehen kann: So soll der Initiant den symbolischen Tod dadurch herbei führen, indem er sich zum Beispiel ein schwarzes Tuch um die Augen bindet, vor dem Altar meditiert, einen Moment über sich selbst und seinen neuen Weg reflektiert. Zum Abschluss soll er sich mit einem Aufschrei die Binde von den Augen reißen. 
Cunningham betont, dass die Gestaltung dieses Rituals alleine von der Kreativität des Einzelnen abhängt.

Wohl ist er sich bewusst, dass traditionelle Wiccas diese Selbst-Initiation als nicht effektiv kritisieren, schreibt aber, dass diese Rituale ihren Zweck erfüllen. Und er weist darauf hin, dass sich der Initiant danach Wicca nennen kann. 

Teil II dreht sich um das Praktizieren
Der Autor zeigt Wege auf, wie der Praktizierende wirkungsvoll betet, wie die Energie beim Kreisziehen gebündelt wird, stellt Gebete und Gesänge für jeden Tag und auch Gebete für Rituale werden vor. Dann beschreibt er den Aufbau einfacher Wicca-Rituale und führt den allein praktizierenden Leser in die Magie ein.

Teil III dreht sich um die eigene Wicca Form 
Cunningham erklärt dem Leser, wie er sich einen neuen, eigenen Weg erschaffen kann, was er über Ritualgegenstände, Roben und rituellem Schmuck wissen und was er besitzen muss. Die Gottheiten erklärt er genauso wie die Glaubenssätze und die Regeln der Wicca-Religion. Der Autor führt Beispiele zum Entwerfen eigener Rituale an, er zeigt die allgemeinen Wicca-Symbole und ermutigt zum Erfinden von eigenen. Dem Buch der Schatten und der Lehre von Wicca widmet er jeweils ein eigenes Kapitel. 


Fazit: 
Das Buch ist leicht verständlich geschrieben, erklärt dem allein arbeitenden Wicca viele Grundzüge der magischen Arbeit, zeigt das Grundgerüst der Religion auf. Was ich gut finde ist, das der Autor seine Meinung nicht als alleinige, einzig gültige darstellt, sondern er zeigt diese immer als Vorschlag und ermutigt den Leser, selbst aktiv zu werden und selbst zu gestalten. Und: Er fordert vom Leser immer, dass er mitdenkt, das er seinen Kopf einschaltet, ob das, was er liest (nicht nur in diesem Buch, sondern auch in anderen Büchern über Wicca) auch stimmen kann und mit seinem Gewissen vereinbar ist.
Zum strittigen Kapitel der Selbst-Initiation möchte ich als eine, in einem Coven initiierte Wicca noch etwas hinzu fügen: Cunningham hat dieses Buch für all jene geschrieben, die allein arbeiten möchten oder nicht die Möglichkeit haben, sich einem Coven anzuschließen. Er hat hier einen Weg beschrieben, damit auch diese Praktizierenden den Weg zu den Göttern finden, sich ihnen ganz widmen können. Die Selbst-Initiation bietet sicherlich eine Möglichkeit. Doch die Frage bleibt, in was sich der Initiant initiiert. Denn nicht umsonst gibt es die verschiedenen Traditionen: Zum Beispiel Gardnerian oder Alexandrian Wicca, die wiederum eine eigene Energie darstellen. Doch wenn die Selbst-Initiation für jemand wichtig ist, um sich selbst Wicca nennen zu können, ist dies sicher ein gangbarer Weg.