Die arbeitsrechtliche Abmahnung - Ein Dienst von Juracity®

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Michael W. Felser

Moderator dieser Themen-Site
Die Abmahnung

Rat und Tipps rund um das Thema Abmahnung:

Stichworte:

Abmahnung, Kündigung, Aufhebungsvertrag, Auflösungsvertrag, Abwicklungsvertrag, Sperrzeit, Vergleich, Kündigungsschutz, Kündigungsschutzklage, Kündigungsschutzgesetz, Anrechnung, Arbeitslosengeld, Ruhen, Arbeitslosenhilfe, Anfechtung, Irrtum, Drohung, Täuschung, Arbeitsamt, Beendigung, Arbeitsverhältnis, Sozialplan, Arbeitsgericht, Betriebsrat, Abfindungsvergleich, Rationalisierungsschutzabkommen, Abfindungsklage

 

Kapitelübersicht

1. Form und Inhalt der Abmahnung

2. Vorbereitung einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung

3. Abmahnungsberechtigung

4. Ausschluss bzw. Verwirkung des Rechts zur Abmahnung

5. Möglichkeiten gegen eine Abmahnung vorzugehen

6. Tilgungsanspruch


1. Form und Inhalt der Abmahnung

Form der Abmahnung

Die Abmahnung bedarf zu ihrer Wirksamkeit keiner besonderen Form. Sie kann in der Regel sowohl schriftlich, als auch mündlich erfolgen, es sei denn es ergibt sich etwas anderes aus dem auf die Parteien anzuwendenden Tarifvertrag.

Die Erteilung einer Abmahnung bedarf außerdem keiner Mitwirkung des Betriebsrates. Ausnahmen bestehen in einzelnen Landespersonalvertretungsgesetzen (§ 68 PersVG Brandenburg, § 75 Nr. 3 Nds. PersVG, § 74 LPVG NRW, § 78 Abs. 2 Nr. 14 LPersVG Rhl.-P, § 67 Abs. 2 PersVG Mecklenburg-Vorpommern), die eine Beteiligung des Personalrates vorsehen. Fehlt es hier an einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats ist die Abmahnung unwirksam.

Inhalt der Abmahnung - Bestimmtheitserfordernis

Die Abmahnung soll in der Regel zwei Funktionen erfüllen:

  1. Rügefunktion: die Abmahnung rügt vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers. Sie weist diesen explizit darauf hin, dass der Arbeitgeber mit dem Verhalten des Arbeitnehmers nicht einverstanden ist.
  2. Warn- oder Ankündigungsfunktion: Diese Funktion ist besonders bedeutend, da sie für die Rechtmäßigkeit einer verhaltensbedingten Kündigung erforderlich ist. Der Arbeitgeber droht dem Arbeitnehmer bei gleichartigem Verhalten die Kündigung an.

Bestimmtheitserfordernis

Damit die Abmahnung wirksam ist, muss sie dem Bestimmtheitserfordernis genügen. Das bedeutet, dass das beanstandete Verhalten genau bezeichnet werden muss. Der Arbeitnehmer muss der Abmahnung zweifelsfrei entnehmen können, welches Verhalten mit der Abmahnung gerügt wird. Dazu ist es notwenig, dass die gerügten Vorfälle mit Angabe des Datums und gegebenenfalls der Uhrzeit geschildert werden. Nur so ist es dem Arbeitnehmer möglich, sich substantiiert gegen die Abmahnung zu wehren. Soll die Abmahnung eine Kündigung vorbereiten muss dies deutlich aus der Abmahnung hervorgehen.

Beispiel für eine unwirksame Abmahnung:

    Sehr geehrter Herr Sowieso, sie arbeiten sehr schlampig und kommen dauernd zu spät. Sollte sich das nicht bald bessern werden wir entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Bei dieser Abmahnung fehlt es an der Bestimmtheit. Zum einen wird das gerügte Verhalten nicht genau genug beschrieben, außerdem fehlt es an einer exakten Androhung von Konsequenzen. Diese Abmahnung wäre auf Verlangen des Arbeitnehmers aus der Personalakte zu tilgen.

Beispiel für eine formgerechte Abmahnung:

    Sehr geehrter Herr Sowieso, sie sind am Montag den 17.02.2003 um eine halbe Stunde und am Mittwoch den 19.02.2003 um eine Stunde zu spät an ihrem Arbeitsplatz erschienen. Wir sind mit diesem Verhalten in keinster Weise einverstanden. Sollten Sie wieder zu spät zur Arbeit erscheinen, sehen wir uns gezwungen das Arbeitsverhältnis mit Ihnen aufzulösen.

In dieser Abmahnung wird das Bestimmtheitserfordernis erfüllt. Die Verstöße des Arbeitnehmers sind genau bezeichnet und die Konsequenz einer Kündigung wird unmissverständlich angedroht.

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Unsere Literatur-Tipps zum Thema Kündigung - Mehr hier...

2. Vorbereitung einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung

Im allgemeinen ist eine verhaltensbedingte Kündigung nur dann verhätnismäßig und gerechtfertigt, wenn dem Arbeitnehmer durch eine vorherige Abmahnung Gelegenheit gegeben wurde, sein Verhalten zu verbessern.

Die Notwendigkeit und Anzahl von Abmahnungen hängt von der Art und Schwere des Verstoßes und der Person des Abgemahnten ab. Bei kleinen, sog. Bagatellverstößen, können zahlreiche Abmahnungen erforderlich sein, bevor eine Kündigung gerechtfertigt ist. Bei schweren und eindeutigen Verstößen kann schon eine Abmahnung ausreichen.

Die Abmahnung ist nur bei verhaltensbedingten Kündigungen notwendig und zulässig. Das macht auch Sinn, denn die Abmahnung soll den Arbeitnehmer dazu bewegen, sein Verhalten zu ändern. Das ist natürlich nur möglich, wenn der Arbeitnehmer auch Einfluss auf die Pflichtverletzung hat. Eine Abmahnung wegen Krankheit oder anderen personenbezogenen Faktoren wäre daher unsinnig und auch unwirksam. Diese Faktoren kann der Arbeitnehmer nicht beeinflussen, es sei denn er hätte die Krankheit mutwillig herbeigeführt oder verschlimmert. Eine Abmahnung ist auch nur dann erforderlich, wenn eine Veränderung des Verhaltens des Arbeitnehmers zu erwarten ist. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer offensichtlich nicht willens oder in der Lage ist, sich vertragstreu zu verhalten. Eine sofortige Kündigung ohne vorherige Abmahnung kann auch dann möglich sein, wenn die Kündigung nach Art und Umfang der Pflichtverletzung und nach Abwägung aller Umstände gerechtfertigt erscheint und der Arbeitnehmer bewußt gegen die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen hat und er nicht mit einer Billigung seines Verhaltens durch den Arbeitgeber rechnen konnte.

Eine Abmahnung kann auch in einer ordentlichen Kündigung gesehen werden. Der Arbeitnehmer ist durch diese Kündigung bereits ausreichend gewarnt. Andererseits kann der Arbeitgeber wegen eines Vorfalls, den er bereits abgemahnt hat keine Kündigung mehr aussprechen. Der Arbeitgeber hat mit Ausspruch der Abmahnung konkludent auf sein Kündigungsrecht verzichtet.

Eine Abmahnung berechtigt im Wiederholungsfall nur dann zu einer Kündigung, wenn es sich bei dem erneuten Verstoß um eine gleichartige Pflichtverletzung handelt. So kann jemand, der wegen der Beleidigung eines Kollegen abgemahnt wurde nicht schon dann gekündigt werden, wenn er später unpünktlich ist. Das würde eine Abmahnung bzgl. Unpünktlichkeit erfordern. Nicht notwendig ist, dass die Pflichtverletzungen identisch sind.

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3. Abmahnungsberechtigung

Zur Abmahnung sind alle Personen berechtigt, die befugt sind, verbindliche Anweisungen bezüglich Zeit, Ort oder Art und Weise der geschuldeten Arbeitsleistung zu geben. Dieser Personenkreis ist demnach nicht auf den Kreis der kündigungsberechtigten beschränkt.

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4. Ausschluss bzw. Verwirkung des Rechts zur Abmahnung

Die Abmahnung muss nicht innerhalb einer bestimmten Frist erklärt werden. Es kann aber zu einer Verwirkung des Rechts auf Abmahnung kommen, wenn der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers darauf schließen darf, dass dieser von seiner Abmahnungsbefugnis keinen Gebrauch machen wird. Ein einfacher Zeitablauf reicht hierzu allerdings nicht aus. Es muss sich aus den Umständen ergeben, dass auf diese Verfehlung nicht mehr zurückgegriffen werden darf. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitlich befördert wurde. Zudem soll eine nicht ausgesprochene Abmahnung nicht wie ein Damokles Schwert über dem Kopf des Arbeitnehmers schweben. Hat der Arbeitgeber Kenntnis von dem Vorfall muss man erwarten können, dass dieser die Abmahnung auch ausspricht. Dafür spricht auch der Zweck der Abmahnung, den Arbeitnehmer zu pflichtgemäßem Verhalten zu bewegen.

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5. Möglichkeiten gegen eine Abmahnung vorzugehen

Wird eine unberechtigte Abmahnung zu den Personalakten genommen hat der Betroffene mehrere Möglichkeiten damit umzugehen.

  1. Zum einen hat er einen Anspruch darauf, eine Stellungnahme zu den Vorwürfen zu den Akten zu geben. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 83 Abs. 2 BetrVG und § 13 BAT.
  2. Der Arbeitnehmer hat bei einer sachlich unbegründeten Abmahnung in analoger Anwendung des § 1004 BGB bzw. aus der allgemeinen Fürsorgepflicht (§242 BGB) des Arbeitgebers heraus einen Anspruch auf Widerruf der Abmahnung und Entfernung aus der Personalakte. Ein solcher Anspruch kann aber auch bestehen, wenn der Arbeitnehmer durch die Abmahnung in seinem Ruf oder Ansehen geschädigt wird, zum Beispiel weil der Arbeitgeber die Abmahnung im Betrieb ausgehängt hat. Werden mit der Abmahnung unterschiedliche Pflichtverstöße gleichzeitig gerügt, ist die gesamte Abmahnung zu widerrufen, wenn nur einer der Vorwürfe sich als falsch herausstellt.

Der Arbeitnehmer muss nicht gegen eine Abmahnung vorgehen. Seine Position in einem eventuell folgenden Kündigungsschutzprozess wird dadurch nicht geschwächt. Er wird durch seine Untätigkeit nicht daran gehindert, die Vorwürfe in einem Kündigungsschutzprozess zu bestreiten.

Tipp: Vor einem Rechtsstreit um die Abmahnung sollten die Vor- und Nachteile genau abgewogen werden. Es ist insbesondere zu bedenken, dass der Arbeitnehmer dadurch unter Umständen ein Beweissicherungsverfahren für den Arbeitgeber durchführt. Zeugen der Pflichtverletzung können sich in zeitlicher Nähe zum Vorfall besser erinnern als vielleicht Jahre später im Kündigungsschutzprozess, in dem der Arbeitnehmer auch die Abmahnung angreift. Die Darlegungs- und Beweislast trägt aber in beiden Prozessen der Arbeitgeber.

Das Klagerecht gegen die Abmahnung kann verwirken. Daher ist anzuraten möglichst schnell gegen eine unberechtigte Mahnung vorzugehen. Einen Anspruch auf Beseitigung der Abmahnung aus der Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt es nicht, da es hier an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Abmahnung noch negative Folgen für das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers hätte. Anders stellt sich die Sachlage im öffentlichen Dienst dar. Hier verfolgt die Personalakte die Beschäftigen, so dass dort auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein rechtsschutzbedürfins besteht.

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6. Tilgungsanspruch

Einen Anspruch auf Tilgung einer berechtigten Abmahnung nach einem bestimmten Zeitablauf aus der Personalakte gibt es nicht. Nur in Einzelfällen kann aus der Fürsorgepflicht folgen, dass der Arbeitgeber die Abmahnung infolge von Zeitablauf aus der Personlaakte entfernen muss. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Abmahnung unmittelbare berufliche Nachteile für den Arbeitnehmer hat und der abgemahnte Pflichtverstoß für das Arbeitsverhältnis inzwischen bedeutungslos geworden ist.

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Michael W. Felser
Rechtsanwalt
http://www.felser.de

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