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Archive for the ‘Globalisierung’ Category

Verkehrsminister Ramsauer kämpft in seinem Amt gegen Anglizismen. Wahrscheinlich, weil er mal irgendwo gehört hat, dass Deutsch eine Verkehrssprache sei. Jedenfalls hat er in seinem Amt jetzt eine Vorfahrtregelung für, nennen wir es mal, Deutschismen installiert. Und mögen die noch so krampfig sein.

Klar: „Kick-off-Meeting“ statt „Auftaktveranstaltung“ ist pseudopolyglottes Blödgeschwurbel. Aber „Klaprechner“ statt „Laptop“? das grenzt an Deutschtümelei. Es klingt doch nicht alles automatisch besser, nur weil es sich nahtlos in eine historische Reichsparteitagsrede einfügen würde.

Die Neonazis sind doch immer chronisch im „Weltnetz“ unterwegs, von denen sollte man sich als Bildungsbürger schon noch absetzen wollen. Und wenn es englisch ist. Im Verkehrsministerium heißt es jetzt statt „Flipchart“ tatsächlich „Tafelschreibblock“. Das ist in erster Linie länger, hässlicher und haarsträubender. Und macht mir noch mehr Angst als eine Flipchart an sich.

Man möchte dem Ramsauer zurufen: „Sire, geben sie Fremdsprachenfreiheit!“ Nicht dass am Ende noch sowas dabei rauskommt wie „Mobilfunksprechgerät“ statt „handy“ oder „Erschütterungszustand“ statt „Schock“. Eines beruhigt mich: Auf der Internetseite des Ministers gibt es immer noch „Interviews“, keine „Fragenbeantwortungsgespräche“.

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Rainer Brüderle erweckt ja nicht nur in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsminister konsequent den Eindruck launiger Minderkompetenz. Jetzt hat er seine unverminderten Sicherheitsabstand zu jedweder Form von Altersweisheit auch beim Thema WikiLeaks dokumentiert. Die dort zu Tage tretende Sammelwut habe ihn an die Stasi erinnert, sagt er. Irgendjemand hätte ihn mal drauf hinweisen sollen, dass diese Informationen von den amerikanischen Botschaftern gesammelt worden sind.

Außerdem findet Brüderle, WikiLeaks habe gezeigt, dass es im Internet riesige Sicherheitslücken gebe. Rainer! Die Dokumente sind doch Washington nicht rausgerutscht, weil sie kein Virenschutzprogramm hatten oder aus Versehen auf gefährliche Schmuddelseiten geklickt haben. Nochmal einfach für dich: Da hat einer der Ami-Stasi die Unterlagen gemopst und sie im worldwide Käsblatt veröffentlicht. Deswegen musst du jetzt aber nicht das Internet schließen lassen.

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Er ist der James Bond unter den Nerds, der Robin Hood der Neuzeit, der von den Informationsreichen nimmt, um es den Informationsarmen zu geben: Julian Assange. Er ist kein Hacker und kein Dieb, er stellt eine Plattform zur Verfügung, auf der das in die Öffentlichkeit gelangen kann, was zum Himmel schreit. Da sind Diplomatenprotokolle noch das Geringste.

Während die Regierungen der Welt den gläsernen Bürger zum Staatsziel erklärt haben, tun sie sich mit dem gläsernen Politiker doch ziemlich schwer. Als wäre die Existenz zweier Parallelwahrheiten, die der Mächtigen und die der Ohnmächtigen, die Grundlage jedes demokratischen Gemeinwesens.

Klar ist Assange irgendwie dubios und WikiLeaks irgendwie gefährlich. Aber wer hat denn mit der ganzen Verarsche angefangen? Die, die Aufrichtigkeit als Betriebsunfall empfinden. Natürlich gibt es Lügen – aber das können ja nicht alles nur unter Artenschutz stehende Notlügen sein da draußen. Die Welt hat ein Schwarzes Brett geschenkt bekommen und erschrickt, was da jetzt so alles dran hängt. Und es hängt ne Menge dran.

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Das Schlimmste an Halloween sind ja die Mütter. Es klingelt, du öffnest die Tür, vor dir steht ein als Zombie verkleidetes Kind und guckt dich ängstlich an. Zwei Meter hinter ihm schaut die Mutter strahlend um die Hausecke und feuert den Nachwuchs an: „Ja, geh hin, mach dem Mann richtig Angst, dann kriegst du auch Bonbons!“.

Was in den 80ern die Tennismütter waren, sind heute die Halloweenmütter. Der reinste Horror. Und nachher kann RTL dann wieder berichten, wie Kinder für Bonbons jedem Schänder hinterherlaufen.

Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Phillipp H. Mißfelder (das „H“ steht für die Hüftgelenke, die er vor Jahren mal den Senioren nicht gönnen wollte) findet es schlimm, wie Halloween den Reformationstag und Allerheiligen aus dem Bewusstsein verdrängen. Halblang! Bei uns war in den Zeiten vor Halloween Allerheiligen auch nur der Tag, an dem das Einkaufszentrum im wenigen Kilometer entfernten Nachbarbundesland offen hatte.

Und den Reformationstag würde auch keiner kennen, wenn die Protestanten nicht als Halloween-Abwehr neuerdings Lutherbonbons verteilen würden. Ohne Halloween wüssten wir gar nicht, was wir nicht vermissen. Darauf einen Kürbis.

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„Der Islam gehört mittlerweile zu Deutschland“, sagt der Bundespräsident. Die CSU und über 80% der Bildleser sehen das anders. Das heißt, sie wollen Menschen, die hier leben, vorschreiben, was sie zu glauben haben. Dabei gehört der Islam so zu uns wie der Buddhismus, der Atheismus, der Feminismus oder der Lenaismus.

Ich als religiös minderinteressierter Mensch bekomme so langsam Lust darauf, Moslem zu werden. So ein ganz schlampiger, der nicht in die Moschee geht und die Sache überhaupt nicht ernst nimmt. Der Islam gehört nämlich genau so zu Deutschland wie der Heuchelkatholizismus oder der Weichnachtsprotestantismus. So ein leicht siffiger Rocknroll-Islam wäre der Anfang von wahrer Integration und Aufklärung, her mit den Koranhippies!

Im Ernst: Wie krank hier der interreligiöse Kulturwettbewerb läuft, sieht man unter anderem am Bild-Kommentar von Ernst Elitz, dem langjährigen Intendanten des Deutschlandfunks: „Wer in deutschen Moscheen betet, muss sich auch für den Bau christlicher Kirchen dort einsetzen, wo bisher nur Minarette erlaubt sind. Wer in der U-Bahn Koran liest, muss dafür kämpfen, dass in islamischen Staaten der Verkauf von Bibeln erlaubt wird. Das verlangt schon die Fairness.“

Wenn das keine Einbahnfairness sein soll, müsste auch der, der in Istanbul das Vater Unser betet, dafür kämpfen, dass es beim H&M auf dem Kuhdamm Burkas zu kaufen gibt. Da hätten wir doch aber alle Besseres zu tun.

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Beim iPhone-Hersteller Foxconn in China kam es ja in den letzten Monaten zu einer Selbstmordreihe. Weil dort die Arbeiter in engen Siedlungen zusammengepfercht werden, Unmengen Überstunden machen, gegängelt, gedrillt und schlecht bezahlt werden, bis sie mit Fenstersimsen und Schwerkraft experimentieren.

Spätestens seit Olympia weiß man ja, wie China die perfekte Inszenierung beherrscht. Und in genau diesem Stil veranstaltet Foxconn jetzt Aufmärsche mit Tausenden von Mitarbeitern, die Kostüme und rote Plastikherzen tragen und gemeinsam Slogans wie „Schätze dein Leben, liebe deine Familie“ skandieren. Klingt ein bisschen wie die ungute Mischung aus Walt Disney und Leni Riefenstahl. Die nächsten Arbeiter, die sich dem Asphalt entgegen werfen, werden es wohl in albernen Motivations-T-Shirts tun und dabei mechanisch lächeln und winken.

Es wird Zeit für eine neue iPhone-App, die dir genau anzeigt, wie viel Blut aktuell umgerechnet an deinem Touchscreen hängt. Und Apple muss aufpassen, dass es nicht zum KIK der Kommunikationsbranche wird.

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Früher hatte man als neugieriger Spanner-Nachbar ein Kissen auf der Fensterbank liegen. Heute ist das Kissen digital und heisst Google Street View. Es ist eingentlich sogar ein fliegendes Kissen, dass dich noch dieses Jahr in 20 deutsche Städte tragen kann. Um da mal Strassenzug für Strassenzug zu gucken, wer so alles am Fenster hängt, im Hofeingang Drogen verkauft, Gartenzwergfetischist ist oder ein teures Auto vor der Hütte hat.

Das ist natürlich eine grosse Arbeitserleichterung für die Einbrecherbranche, die endlich im globalen Wettbewerb und quasi vom Home Office aus ressourcenschonend recherchieren und planen kann. Als mündiger Bürger und Hausbesitzer bekommt man von der Stasi, äh von Google jetzt sogar die Möglichkeit, Einspruch zu erheben. Man kann sein Haus im digitalen Strassenbild „vernebeln“ lassen.

Auch das ist eine praktische Hilfe für das Eigentumsüberführungsgewerbe, denn der Verdacht liegt nahe, dass grade bei den unkenntlich gemachten Objekten am ehesten was zu holen ist. Wer sich unausgespäht fühlen will, müsste sich mit seinen Nachbarn verbünden, um das ganze Viertel im Nebel der Unkenntlichkeit verschwinden zu lassen. Aber die Nachbarn sind ja noch aus Zeiten des analogen Fensterkissens schlecht aufeinander zu sprechen.

Die erste Stadt, die es schafft, sich der Datenkrake zu entziehen, komplett unscharf zu werden und von der abfotografierten Landkarte zu verschwinden, dürfte sich dann zu Recht das „Atlantis des Digitalzeitalters“ nennen. Auf, wer macht’s? Vielleicht Bielefeld!

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„Wir machen den Weg frei – Bundeswehr“, so ähnlich lässt sich zusammenfassen, was der oberste Grüßonkel Hotte Köhler jetzt dem Deutschlandfunk laut ins Mikro gedacht hat:

„Meine Einschätzung ist aber, dass wir insgesamt auf dem Weg sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung auch wissen muss, dass im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren“. Heißt: Warnung vor dem schießwütigen Exportweltmeister!

Nach dem Aufschrei der Opposition und dem vernehmlich lauten Schlucken der Union hat Köhler jetzt feststellen lassen, er habe hierbei natürlich nicht von Afghanistan gesprochen. Mit ist das eigentlich egal. Ich finde es verräterisch, wie der Präsident sich darüber freut, dass die „Breite Gesellschaft“ (und damit meint er wohl nicht das Publikum vom Musikantenstadl) langsam auch kapiert, was die politische Elite seit Jahren unausgesprochen praktiziert: Den totalen Wirtschaftskrieg a la „Seit 5:45 wird zurückexportiert! Und wenn euch das nicht passt, ist Polen offen!“

Es ist nun offizielles Herrschaftswissen, dass die Wirtschaft nicht nur die Gesetze macht, sondern auch die Toten. Kein Wunder, dass einer wie Roland Koch endlich da hin will. Wo er noch was bewirken kann. Und dass einer wie Köhler, der von dort her kam und jetzt als Politiker nichts mehr bewirken kann, gefrustet aus dem Nähkästchen plaudert.

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Spekulanten sind die Buhmänner der aktuellen Finanzkrise. Also neben den Politikern, der Europäischen Zentralbank, den Griechen und dem Sirtaki.

Kein Wunder, dass sie sich jetzt auch etwas positive PR generieren, zum Beispiel ein Interview auf www.tagesschau.de, in dem es heißt, das die Finanzmarkt-Zocker eigentlich nur Schwachstellen aufdecken und damit einen wichtigen Beitrag zur Schnürung ernsthafter Rettungspakete leisten. Bald gibt es wahrscheinlich einen Autoaufkleber wie „Ich bremse auch für Spekulanten!“

Herr Dornseifer vom „Bundesverband Alternative Investments“ jedenfalls behauptet, nachdem in mehreren europäischen Haushalten Feuer ausgebrochen seinen, hätten Spekulanten wie Feuermelder auf die Gefahr hingewiesen. Man sollte hinzufügen: Ja, wie Feuermelder, die im Brandfalle als Erstes ihre Kollegen anrufen und sagen: „Ich wette, die Hütte brennt ab!“

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Sichtflug, das ist, wenn der Pilot guckt, wo er langfliegt und dabei allem ausweicht, was nicht wie die Landebahn aussieht. So, wie die Kanzlerin regiert. Instrumentenflug ist, wenn der Pilot blind fliegt und sich auf die Elektronik verlässt. So, wie Stevie Wonder mit nem Navi.

Jetzt ist der Flugraum über Deutschland noch gesperrt, aber die Fluglinien nehmen den Betrieb schon mal auf, mit Sichtflug. Warum fliegen die eigentlich nicht immer auf Sicht? Und wie beruhigend finde ich es, dass die Pilotenvereinigung Cockpit sagt, da würde jetzt aus rein wirtschaftlichem Interesse Verantwortung auf die Piloten abgeschoben? Niki Lauda sagt, es wurde erst verboten und dann gemessen, Ramsauer sagt, es wurde erst gesichert und dann gerechnet.

Die Flughafenmitarbeiter haben in den letzten Tagen aus Langeweile die Gepäckbänder geölt und neben den Landebahnen das Gras gemäht. So eine Langeweile hätte die Bahn auch gebraucht, dann wären ihre ICEs vielleicht auch mal ordentlich gewartet worden. Und schon verlangen die ersten Fluglinien staatliche Finanzhilfen, weil sie sonst nicht über die Runden kommen. Das müssen dieselben Fluglinien sein, die sonst immer Menschen für 39.- Euro nach New York fliegen. Ich bin irritiert. Und schaue dieser Tage öfters nach oben.

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