Der Weg der Taifune (Wiederholung arte, 21. Januar 2008, 16:50 Uhr)

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Dem Weg des Taifuns zu folgen, dauert lange. Mindestens 40.000 Kilometer in Flugzeug, Eisenbahn oder Auto im Herbst 2006
und im Herb
st 2007, um i h n zu treffen, wenn er „an Land“ geht, zur rechten Zeit, am rechten Ort.

im arte – Programm heißt der Film „Der Weg der Taifune“ (auf der arte Seite funktioniert der Link nicht mehr: hier mehr auf der ARD Seite) — die ersten 3 Minuten des Filmes:

Trailer: hier

Mit kleinem Team taifun-2007-dreh-numazu-feuerwehr.jpgunterwegs in Guam, Hong Hong, Japan (die Partner in Taiwan): verantwortlich für die Kameras dabei: Axel Decker (rechts), für Licht und Ton: Tobias Bechtloff (Mitte), mit den japanischen Stringern: Susanne Steffen und Michael Schlecht-Komagata, in Deutschland der Produzent: Michael Wolff und die Produktionsleiterinnen: Stefanie Meister und Henriette Degener, und all die anderen von Fact + Film Bremen und das Team von oak3 films Singapore, dem Partner der Ko-Produktion.

Dabei ist die G
eschichte aller bisherigen Taifune eine Geschichte von Überraschungen. Grundsätzlich bewegen sich Taifune in den Luftbewegungen, in denen sie eingeschlossen sind. Kreisläufe schlagende Wolkenmassen, scharfe Kurven, gar Wenden in der Zugbahn sind darum seit jeher der Alptraum aller Taifun – Vorhersager. Als ich 2005 begann, die Wege des Taifune zu verfolgen, war mir nicht klar, dass sich nur ein paar Hundert Forscher damit beschäftigen und auch nicht sehr viel Geld in dieses Wissenschaftsgebiet fließt. Das überrascht: sind doch Sommer für Sommer eine Milliarde Menschen an den Ufern des Pazifik von den tropischen Wirbelstürmen betroffen. Sehr stark die in den Holzbehausungen von Vietnam oder den Philippinen, auch – aber viel geschützter – die Bewohner in den Betonhäusern von Taiwan und Japan. Unser Taifun geht die klassische Route: über 4000 km von Guam im Zentralpazifik bis zur Suruga Bay in der Nähe von Tokio.
Noch vor wenigen Jahrzehnten war es völlig unmöglich, die Zugbah
nen der Taifune auch nur ganz grob vorherzusagen. Denn die Taifune entstehen irgendwo draußen auf dem Pazinumazu-printout-2007.pngfik, mitunter Tausende Kilometer von irgendeiner menschlichen Behausung oder einer Schifffahrtsroute entfernt. Erst wenn sie mit Wind und Regenmassen mit Schiffen oder Ansiedlungen entlang der Küsten in Berührung kamen, mußten die Betroffenen von ihnen Notiz nehmen. Für eine Warnung, wohin der Sturm die nächsten 24, 48 oder 72 Stunden ziehen würde, war dann meist zu spät.

So geschehen im September 1959 beim Taifun „Vera“ in Zentraljapan. Auf den Bilder der japanischen Kinowochenschau von damals wird das ganze Ausmaß deutlich. Innerhalb von Stunden ist eine ganze Region zerstört, Leichen schwimmen im Wasser, ganze Ortschaften sind verschwunden. Nur eine Versorgung der Überlebenden aus der Luft ist noch möglich. Das leisten damals amerikanische HSS-1 and HSS-1N Sikorsky-Hubschrauber, die entweder von einem Flugzeugträger vor der Küste (USS Kearsarge) oder von der nahegelegenen Atsugi Naval Air Station kommen. Es ist wohl einer der ersten humanitären Einsätze, die je mit Hubschaubern geflogen worden ist. Mit dem Start der ersten TIROS Satelliten im Jahr 1960 lassen sich jetzt alle Taifune entdecken, die entstanden sind. Kein Sturm bleibt mehr unentdeckt. Doch trotz der immer besseren Satelliten, gekoppelt später mit Superrechnern, steht die Wissenschaft von den Taifunen im Grunde noch am Anfang.

Die chaotische Natur der Atmosphäre über dem riesigen Pazifik entzieht sich oftmals der rechnergestützten Wettervorhersage, wie sie in nördlichen Breiten heute zuverlässig eingesetzt werden kann. Noch immer kämpfen die Vorhersvlcsnap-179266.pngager und Wissenschaftler mit drei Hauptgebieten: – der Vorhersage der Entstehung eines Taifuns; – der Vorhersage seiner Intensität und deren Änderung; – Vorhersage der Zugbahn. Für die Taifunsaison 2006 ergaben sich durchschnittliche Abweichungen der vorhergesagten von den tatsächlichen Zugwegen von: 140km (24 Stunden – Vorhersage), 212km (48 Stunden), 309km (72 Stunden) bis zu 438km (5-Tage-Vorhersage).Die durchschnittlichen Werte für den Zeitraum 1978 – 1993 waren dagegen fast doppelt so hoch: 214 km (24 Stunden), 420 km( 48 Stunden); 638 Km (72 Stunden). Mittels modernster Technik also ein gewaltiger Fortschritt innerhalb weniger Jahrzehnte. Anders ist das Bild bei der Intensität der Stürme. Eine Vorhersage der Veränderung der Stärke tropischer Wirbelstürme ist sehr kompliziert, einfach weil es sehr viele Einflussfaktoren für die Intensität gibt. Allein die Interaktion mit der Meeresoberfläche gilt noch immer als weithin unverstanden. Die Änderung des Intensität ist aber die Ursache, warum sich die Richtung der Zugbahnen ändern. Der Taifun interagiert ebenfalls mit dem umgebenden Wettersystemen. Hier eine Voraussage zu treffen, bleibt im 21. Jahrhundert die wichtigste Herausforderung der Vorhersager in den Taifunwarnzentren rund um den Pazifik.

Kerry Emanuel, der ein Interview für unseren Film leider abgelehnt hatte (siehe die überhitzte Diskussion mit ihm um Global Warming und Wirbelstürme), sieht darin den Schlüssel (irgendwann) zu einer 1-3 Tage Vorhersage des Gesamtsystem
s Wirbelsturm zu kommen.
— siehe neuerdings dazu Nature 450, 1066-1070 (13 December 2007) —
Weltweit sorgte der Vortrag von Al Gore für Aufsehen, der im Film „An Inconvenient Truth“ (2006) Positionen von Kerry Emanuel aufzunehmen vorgab, wonach die intensiveren Stürme von der globalen Erwärmung gespeist würden. Bei Emanuel (siehe auch
sein vielfach gelobtes Buch „Divine Wind – The History and Science of Hurricans“, 2005) wird dieser Zusammenhang nur indirekt gesehen. Für ihn ist vor allem die höhere SST (Meeresoberflächentemperatur) ausschlaggebend für die stärkere Intensität der Taifune im Pazifik bereits in den letzten 30 Jahren. Unser Film konnte auf diesen Streit nur am Rande eingehen. Wir zeigen, wie es die wenigen Vorhersager mit ihrer Erfahrung und ihrem Herzblut es schaffen, den Weg des Taifuns ein wenig zu ermitteln, um die Menschen an den Küsten warnen zu können.
Und wie die Menschen in Taiwan und in Japan seit Jahrhunderten mit dieser Gefahr leben gelernt haben: der Fischer, der Priester, der Wettermann, die Supercomputer – Forscher, die Metereologen, die Taifunopfer, die mutigen Taifunflieger …
Interview dazu mit Prof. Johnny C. L. Chan (City University of Hong Kong) am 3. Oktober 2006 in Hongkong:
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„Because Tropical Cyclones is a phenomena that encompasses many scales of the atmosphere, from one cloud, that we call connective clouds, a circulation that extends to several hundreds of miles – or kilometers – so in order for you to have the interaction among all these different scales of motion of the atmosphere, then you must understand all the different interactions. And I think – right now – we have very little knowledge about this, because Tropical Cyclones form from nothing. They form from a blob of clouds. Now, many times we see all these clouds in the atmosphere, very few form tropical storms. Why? We don’t know why.“

4 Antworten zu “Der Weg der Taifune (Wiederholung arte, 21. Januar 2008, 16:50 Uhr)

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