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Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen I, BFH, GrS 1/00

 Disclaimer


Gebet, so wird euch gegeben.



Luk. 6, 38




 

I. Die Entscheidung:


Wiederkehrende Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbart werden, sind nicht als dauernde Last abziehbar, wenn sie nicht aus den laufenden Nettoerträgen des übergebenen Vermögens bestritten werden können.

Die vereinbarten Leistungen müssen als zurückbehaltene Erträge aus dem übergebenen Vermögen anzusehen sein.

GrS 2/00

zur Beurteilung bei der Übertragung eines GmbH-Anteils siehe hier





II. Der Fall:


Für die Übergabe eines Mietshauses war eine monatliche Zahlung von 1500 EUR p.m. an die 84-jährige Übergebende vereinbart worden, an Mieteinnahmen konnten die Übernehmer jedoch nur 750 EUR p.m. erzielen.



iQ: der Barwert der Rente betrug 80.424 EUR; der Wert des Hauses ca. 160.000 EUR





III. Der GrS des BFH führt aus:



1. Das übergebene Vermögen muss mehr als nur seiner Art nach existenzsichernd und Ertrag bringend sein. Die Nettoerträge müssen die konkret versprochenen Sach- oder Geldleistungen abdecken. Ist dies nicht der Fall, ist der Barwert der wiederkehrenden Leistungen bloßes Entgelt für das übertragene Vermögen.

iQ: der BFH stellt klar, dass Vorbild für dieses „Steuersparmodell“ der Hof- und Geschäftsübergabevertrag bleibe. Sei die Übergabe nur darauf angelegt, die Substanz des geschenkten Vermögens in Unterhaltsansprüche umzuwandeln und im (steuerlichen) Interesse des Übergebers zu verwerten, sei es nicht erforderlich, das Vermögen zu übergeben, sodass die steuerliche Privilegierung der Vermögensübergabe nicht gerechtfertigt ist i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Bei der Ertragsprognose ist auf die Verhältnisse bei Vertragsschluss abzustellen.




a) In der Vergangenheit erwirtschaftete ausreichende Überschüsse bilden einen “gewichtigen Anhaltspunkt” für einen ausreichenden Ertrag.

Erfüllen sich die bei der Übergabe bestehenden, objektiv zu beurteilenden Gewinnerwartungen nicht, hat das keine Folgen. Insbesondere ist nicht nachträglich von einem entgeltlichen Geschäft auszugehen, sondern die steuerrechtliche Einordnung der Zahlungen an den Übergebenden als Versorgungsleistungen bleibt bestehen.


Das bedeutet aber nicht, dass eine einmal negative Prognose für immer bestehen bleibt. Führt das Vermögen beim Übernehmer - entgegen der objektiven Prognose - zu ausreichenden Erträgen, kann nachträglich geltend gemacht werden, dass eine positive Prognose möglich war. Die spätere Entwicklung ist dann “Beweisanzeichen”.


iQ: mit seinem Bezug auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist es aber wohl nicht zulässig, jede spätere Entwicklung als Beweis anzusehen. Die spätere Entwicklung muss beim Vertragsschluss gleichsam vorweggenommen worden sein.

iQ: einmal Ertrag, dauerhaft Steuern gespart









iQ: Vorsicht beim Tatsachenvortrag gegenüber dem Finanzamt!



b) Werden Unternehmen übergeben, ist zu vermuten, dass die Beteiligten von ausreichenden Erträgen ausgegangen sind. Die Vermutung ist “nur in seltenen Ausnahmefällen widerleglich”.

iQ: hier hat der BFH der Finanzverwaltung zugunsten des Steuerzahlers eine hohe Hürde gesetzt



c) Wird ertragloses Vermögen übergeben, kann die Übergabe begünstigt sein, wenn mit ihr eine Umwandlung in eine ertragbringendes Vermögen vereinbart worden ist. „Der Übergeber muss das ertraglose Wirtschaftsgut nicht notwendigerweise in eigener Person durch ein ertragfähiges ersetzen. Daher kann eine unentgeltliche Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen auch dann vorliegen, wenn der Übernehmer sich im Übergabevertrag verpflichtet, das übertragene ertraglose Objekt zu veräußern und vom Erlös eine ihrer Art nach bestimmte Vermögensanlage zu erwerben, die einen zur Erbringung der zugesagten Versorgungsleistungen ausreichenden Nettoertrag abwirft.”

iQ: wird der „Röhrende Hirsch“ vereinbarungsgemäß zur Eigentumswohnung, ist die Übergabe begünstigt



3. Das heißt: “Die Verwaltungsanweisung in Tz. 17 und 18 des BMF-Schreibens in BStBl I 1996, 1508 (jetzt BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 893) "Typus 2" beruht insoweit nicht auf einer zutreffenden Auslegung des geltenden Rechts.


Dennoch sind weiterhin “nicht traditionelle” Vermögensübergaben steuergünstig möglich:


a) Die Art des übergebenen Vermögens spielt keine Rolle. Geldvermögen, Wertpapiere und typische stille Beteiligungen können ebenso berücksichtigt werden wie die Übertragung der bislang als existenzwahrend bezeichneten Vermögensarten.

Entscheidend ist, dass sich die vom Übernehmer zugesagten Leistungen als dem Übergeber vorbehaltene Nettoerträge darstellen.

iQ: siehe auch oben, 2, c)



b) Der maßgebliche Nettoertrag ist nicht notwendig identisch mit den steuerlichen Einkünften. Wie im BMF-Schreiben, BStBl I 2002, 893, Tz. 14, dargelegt, sind AfA, Sonderabschreibungen und außerordentliche Aufwendungen zum Nettoertrag hinzuzurechnen. Zinsen sind dagegen, wie im o.bez. BMF-Schreiben, Tz. 16 dargelegt, nur hinzuzurechnen, wenn außerbetriebliche Schulden übernommen werden, deren Umfang geringer ist als der Wert des übertragenen Vermögens (so auch). Die Übernahme solcher Schulden stellt sich als Teilentgelt dar. Die auf sie gezahlten Zinsen lassen den unentgeltlichen Teil der Übertragung unberührt.

iQ: Nettoertrag > steuerliche Einkünfte

Ein Unternehmerlohn ist nur für die Frage relevant, ob das übergebene Unternehmen Vermögen darstellt.

iQ: siehe GrS 2/00



c) Auch ein Nutzungsvorteil kann Einkommen sein, z.B. Versorgungsleistungen, die für die Übertragung eines durch den Übernehmer genutzten Wohneigentum erbracht werden. Voraussetzung: die ersparte Nettomiete darf nicht niedriger als die versprochenen Leistungen sein.

Gleiches gilt, wenn Geldvermögen zur Tilgung von Schulden verwendet und dadurch Zinsaufwendungen erspart werden, die nicht geringer sind als die zugesagten Versorgungsleistungen.

iQ: Steuersparmodell „Oma ihr klein Häuschen“



4. Die Abziehbarkeit der Versorgungsleistungen endet (ex nunc), sobald das übergebene Vermögen vom Übernehmer veräußert wird, siehe BFH, X R 104/94 u. BMF-Schreiben, BStBl I 2002, 893, Tz. 20 f.



iQ: Siehe mittlerweile BMF-Schreiben vom 16. 9. 2004, Az. IV C 3 - S 2255 - 354/04

CLM



 

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