Die Geschichte von Stuttgart
Stuttgart stand bis weit ins
Mittelalter hinein im Schatten des viel älteren Cannstatt, das an einer bereits
in vorgeschichtlicher Zeit häufig genutzten Furt über den Neckar und an der
Schnittstelle wichtiger Fernstraßen lag. Das gegen Ende des ersten
nachchristlichen Jahrhunderts erbaute Römerkastell Auf der Steig (nicht
erhalten) schützte die Furt und die von hier ausgehenden oder sich kreuzenden
Straßen. Die benachbarte Militärsiedlung und eine bürgerliche Niederlassung an
beiden Neckarufern überdauerten die Römerzeit. Frühalemannische Grabfunde und
merowingische Gräberfelder weisen auf mehrere frühmittelalterliche Siedlungen
auf der Cannstatter Markung hin.
Der Überlieferung nach soll Herzog Liutolf von Schwaben um 950 in einer
Talerweiterung des Nesenbach einen "stuotgarten", also ein Gestüt, angelegt
haben, das der enstehenden Siedlung und späteren Stadt den Namen gab. Erster
schriftlicher Beleg für den Namen Stuttgart ist die Erwähnung eines "Hugo de
Stuokarten" in den Traditionsaufzeichnungen des Klosters Hirsau. Dieser
undatierte Beleg stammt wahrscheinlich aus den Jahren um 1160. Als Ortsname
erscheint Stuttgart erstmals in einer Urkunde Papst Gregors IX. 1229. Die
Stadt wurde in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts von den Markgrafen von Baden
gegründet und kam dann als Heiratsgut an die Grafen von Württemberg. In einer
Urkunde von 1286 werden erstmals Schultheiß und zwölf Richter genannt. Im Krieg
Kaiser Heinrichs VII. gegen den württembergischen Grafen fiel Stuttgart ans
Reich und war 1312 - 1315 der Reichsstadt Esslingen unterstellt.
Nach Friedensschluß im Dezember 1316 begann Eberhard I. Stuttgart zur Residenz
auszubauen. Stadtmauer und Befestigung wurden erneuert, das herrschaftliche
(Alte) Schloß neu- oder umgebaut, ebenso die benachbarte (heutige Stifts-)
Kirche. Auf päpstlichen Befehl löste sie der Bischof von Konstanz von der
Mutterkirche St. Martin auf der Altenburg (Cannstatt) und inkorporierte sie dem
Chorherrenstift, das der Graf samt der Familiengrablege 1320/21 von Beutelsbach
nach Stuttgart verlegen ließ. Wirtschaftliche Grundlage der Stadt bildeten vor
allem Weinbau und Handwerk. Die Stadt umfaßte etwa das heute von Königstraße,
Eberhardstraße, Karlstraße und Planie begrenzte Gebiet. Ab Ende des 14.
Jahrhunderts entstanden im Südosten um eine Leonhardskapelle die Leonhards- oder
Esslinger Vorstadt, im 15. Jahrhundert im Nordwesten die später "Reiche
Vorstadt" genannte planmäßig angelegte "obere" oder "Liebfrauen-Vorstadt".
Bei der Teilung Württembergs durch die Grafen Ludwig I. und Ulrich V.
blieb Stuttgart zunächst Hauptstadt beider Landesteile, im revidierten
Teilungsvertrag von 1442 wurde es Ulrich zugeschlagen. Während Ulrichs
Regierungszeit entstanden um 1450 das Münzgebäude am Markt, das gräfliche
Herrenhaus (herrschaftliches Gerichtsgebäude und Kaufhaus), 1456/58 daneben das
bürgerliche Rathaus. Die Stiftskirche wurde seit 1436 umgebaut und erweitert,
die Leonhardskapelle durch eine dreischiffige Anlage ersetzt. 1473 gründete
Ulrich ein Dominikanerkloster, das nach der Reformation als Spital genutzt wurde
(die Kloster- , heute Hospitalkirche, ist noch in Resten erhalten). Die
maßgeblichen Baumeister aller drei Kirchen waren Hänslin bzw. Aberlin Jörg. Im
"Münsinger Vertrag" von 1482 wurde Stuttgart offiziell zur Haupt- und
Residenzstadt des wieder vereinigten Landes Württemberg erklärt; 1483 verlegte
Eberhard im Bart seine Residenz von Urach nach Stuttgart.
Mit der Erhebung Württembergs zum Herzogtum 1495 wurde Stuttgart
Herzogsresidenz. Unter der Regierung Herzog Ulrichs (1503-1519 und
1534-1550) wurde das Land von Kriegen und Unruhen erschüttert. 1514 ließ Ulrich
acht Anführer der aufständischen Bauern des "Armen Konrad" auf dem Stuttgarter
Marktplatz öffentlich enthaupten, 1516/17 auch die maßgeblichen Männer der
altwürttembergischen Führungsschicht (Ehrbarkeit) wegen "Landesverrats"
hinrichten. Nach seinem Angriff auf die Reichsstadt Reutlingen schlug der
Schwäbische Bund, eine Vereinigung der schwäbischen Ritter, Reichsstädte und
Habsburgs, Ulrich in die Flucht und übergab 1520 Württemberg Österreich. Im
Bauernkrieg 1525 befand sich Stuttgart für einige Tage in der Hand der
rebellierenden Bauern.
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