Chefrebell wird Chefredakteur

Der prominenteste Widerstandskämpfer gegen das ungarische Mediengesetz hat eine neue Arbeit. Er wird fortan einer der Chefredakteure des größten Webportals des Landes.

17.5.2011 – Als am 21. Dezember vergangenen Jahres der Morgen graute, staunten die Zuhörer des ungarischen Kossúth Rádio nicht schlecht: Ihr öffentlich-rechtliches Radio blieb für eine Minute stumm. Kein Pieps, dafür eine Schweigeminute für das Ende der Pressefreiheit, so haben es die Verantwortlichen verstanden. Und suspendierten den verantwortlichen Redakteur Attila Mong nebst Mitarbeiter sofort.

Attila Mong wurde durch eine Schweigeminute berühmt.

In der Tat hatte Mong einen Beitrag über das an jenem Tage zur Abstimmung stehende Mediengesetz mit den Worten abmoderiert, er dürfe Nachrichten fortan nicht mehr kommentieren – und nutzte die dafür vorgesehene Sendeminute für Stille. Seine Aktion erregte international Aufsehen, doch es half alles nichts. Sein Arbeitsvertrag wurde gekündigt und endete am vorgestrigen 15. Mai offiziell.

Seit heute hat Attila Mong neue Arbeit. Er wird einer der Nachrichtenchefs des größten ungarischen Webportals http://www.origo.hu und damit einflussreicher als er vorher war. Das vor 12 Jahren gegründete Portal wird täglich von 800.000 Menschen gelesen und ist damit kaum weniger attraktiv als spiegel.de in Deutschland. Mit Mong hat sich das Portal einen Journalisten ins Team geholt, der bereits das ungarische Manager Magazin und das Inforadio geleitet und für seine Arbeit mehrere renommierte Preise eingestrichen hat.

Weitere fünf seiner neuen Kollegen haben ebenfalls in den letzten Wochen das Lager gewechselt. Zwei von ihnen, die Redakteure Szabolcs Dull und Hajnalka Joó, stammen von öffentlich-rechtlichen Radiosendern Ungarns, wo eine Entlassungswelle ungeahnten Ausmaßes begonnen hat. Bis zum Sommer sollen rund Eintausend Redakteure der für alle öffentlich-rechtlichen Programme zuständigen Zentralredaktion MTVA entlassen werden.

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