News 03/2004

Inhaltsverzeichnis:

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht


Aktuelle Gesetzgebung: Freibetragsgrenzen bei Abfindung herabgesetzt

Zum 1.1.04 wurden die Freibetragsgrenzen für Abfindungen gesenkt. Der steuerfreie Teil der Abfindung beträgt nun:

  • für Mitarbeiter, die mindestens 55 Jahre alt und mindestens 20 Jahre im Betrieb beschäftigt sind: 11.000 Euro (bisher: 12.271 Euro);

  • für Mitarbeiter, die mindestens 50 Jahre alt und mindestens 15 Jahre im Betrieb beschäftigt sind: 9.000 Euro (bisher: 10.226 Euro);

  • für alle anderen Arbeitnehmer: 7.200 Euro (bisher: 8.181 Euro).

Ob der alte oder der neue Freibetrag Anwendung findet, hängt vom Zeitpunkt ab, zu dem die Abfindungszahlung vereinbart wurde. Da es keine Übergangsregelung gibt, sind auf die vor dem 1.1.04 vereinbarten Abfindungen die alten Freibeträge anzuwenden. Für Vereinbarungen nach dem 1.1.04 gelten auf jeden Fall die neuen Freibetragsgrenzen.

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Teilzeitarbeit: Kein Anspruch, wenn keine Ersatzkraft zur Verfügung steht

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz hat ein Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber seinem Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit zustimmt, soweit dem nicht betriebliche Gründe entgegenstehen.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Facharbeiters hin. Dieser wollte seine Arbeitszeit von 35 auf 21 Stunden in der Woche verringern und diese auf Montag bis Mittwoch verteilen. Er beabsichtigte, sich mehr um seine Kinder zu kümmern und seiner Frau eine Teilzeittätigkeit zu ermöglichen.

Das BAG wies seine Klage jedoch ab. Zwar bestehe kein betrieblicher Grund für eine Ablehnung des Teilzeitverlangens, wenn der Arbeitgeber die ausfallende Arbeitszeit durch die Einstellung einer Teilzeitkraft ausgleichen könne. Stehe aber keine Ersatzkraft in Teilzeit zur Verfügung, könne der Arbeitgeber regelmäßig nicht darauf verwiesen werden, eine Vollzeitkraft einzustellen und Überstunden abzubauen. Für die Beurteilung des Teilzeitanspruchs sei insofern unerheblich, aus welchen Gründen der Arbeitnehmer eine Verringerung seiner Arbeitszeit anstrebe (BAG, 9 AZR 16/03).

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Weiterbeschäftigung: Arbeitnehmer muss Weiterbeschäftigungsangebot annehmen

Wer seinen Arbeitgeber auf Weiterbeschäftigung verklagt, muss nach dessen erfolgreicher Verurteilung die Arbeit auf Aufforderung wieder aufnehmen. Etwas anderes gilt nur, wenn ihm dies aus besonderen Umständen unzumutbar ist.

Mit dieser Begründung wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Lohnklage eines Arbeitnehmers zurück. Auf dessen Kündigungsschutzklage hatte zuvor das Arbeitsgericht den Arbeitgeber antragsgemäß zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers verurteilt. Der Arbeitgeber forderte den Arbeitnehmer daraufhin schriftlich auf, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen. Er wies zugleich darauf hin, dass die Beschäftigung nicht als normale Weiterbeschäftigung zu verstehen sei, sondern als "Prozessbeschäftigung" bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss. Der Arbeitnehmer antwortete, dass er an einem solchen "Prozessrechtsverhältnis" nicht interessiert und zur Annahme dieses Angebots auch nicht verpflichtet sei. Er blieb der Arbeit fern. Als der Arbeitgeber daraufhin keinen Lohn zahlte, klagte er auf Lohnzahlung.

Das BAG begründete seine Entscheidung damit, dass der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht böswillig nicht nachkomme, wenn er vorsätzlich ohne ausreichenden Grund Arbeit ablehne oder vorsätzlich verhindere, dass ihm Arbeit angeboten werde. Die vorsätzliche Untätigkeit müsse vorwerfbar sein. Dies sei nur dann nicht der Fall, wenn dem Arbeitnehmer eine angebotene oder sonst mögliche Arbeit nach den konkreten Umständen unzumutbar sei. Die Unzumutbarkeit könne sich aus der Art der Arbeit, den sonstigen Arbeitsbedingungen oder der Person des Arbeitgebers ergeben. Im vorliegenden Fall sei dem Arbeitnehmer die Beschäftigung zumutbar gewesen. Er habe davon ausgehen können, dass er ordnungsgemäß bis zur endgültigen Klärung der Kündigung weiterbeschäftigt würde. Allein die fehlende Vertragsgrundlage und die damit verbundene Rückabwicklung nach Bereicherungsgrundsätzen bei wirksamer Kündigung mache die Beschäftigung nicht unzumutbar. Er habe mit seinem Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung zudem zum Ausdruck gebracht, dass ihm die vorläufige Weiterbeschäftigung zumutbar sei (BAG, 5 AZR 500/02).

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Betriebliches Vorschlagswesen: Paritätische Kommissionen dürfen entscheiden

In Betriebsvereinbarungen kann vertraglich geregelt werden, ob den Arbeitnehmern eine Prämie für Verbesserungsvorschläge zusteht.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Fall hin, in dem ein Angestellter seinen Arbeitgeber auf eine Prämie verklagte hatte, die er für einen Verbesserungsvorschlag verlangte. Das BAG entschied, dass die Betriebsparteien dazu berechtigt seien, sog. paritätische Kommissionen mit einer Mehrheitsentscheidung darüber entscheiden zu lassen, ob tatsächlich ein prämienwürdiger Verbesserungsvorschlag vorliege. Verfahrensfehler, die sich auf das Ergebnis auswirken oder nicht nachvollziehbar begründete Entscheidungen könnten vom Gericht für Arbeitssachen uneingeschränkt überprüft werden. Die sonstigen Feststellungen der Kommission seien jedoch nur beschränkt auf grobe Unrichtigkeit gerichtlich überprüfbar. Diese Einschränkung verstoße nicht gegen das Verbot von Schiedsgerichten, da für die Arbeitsvertragsparteien nachvollziehbar dargestellt werden müsse, auf welche Tatsachen die Kommission ihre Mehrheitsentscheidung stützt. Die Überprüfung im vorliegenden Fall ergab, dass für den Kläger keinerlei Anspruch auf eine Prämie bestand, da es zu seinem Aufgabenbereich gehörte, entsprechende Verbesserungsvorschläge zu machen. Die Klage wurde folglich zurückgewiesen (BAG, 9 AZR 393/03).

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Arbeitsvertrag: Keine Änderung durch betriebliche Übung bei doppelter Schriftformklausel

Eine doppelte Schriftformklausel, nach der Ergänzungen des Arbeitsvertrags der Schriftform bedürfen und auch eine Änderung der Schriftformklausel schriftlich erfolgen muss, schließt den Anspruch auf eine üblich gewordene Leistung aus.

So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in folgendem Fall: Der Arbeitgeber hatte zu Beginn eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses die pauschale Lohnsteuer übernommen, so dass das Gehalt brutto gleich netto ausbezahlt wurde. Nach der Gesetzesänderung 1999 wählte er das Lohnsteuerabzugsverfahren und zog die Lohnsteuer vom Bruttolohn ab. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer. Er stützte seinen Anspruch u.a. auf das Entstehen einer entsprechenden betrieblichen Übung, da der Arbeitgeber in der Vergangenheit immer die steuerliche Belastung übernommen habe.

Das BAG entschied, dass keine betriebliche Übung zu Gunsten des Arbeitnehmers habe entstehen können. Im Arbeitsvertrag sei vereinbart worden, dass Vertragsänderungen der Schriftform bedürfen und mündliche Vereinbarungen über die Aufhebung der Schriftform nichtig seien. Wie eine Schriftformklausel auszulegen sei, ergebe sich aus dem Zweck, den die Vertragsparteien mit ihr verfolgten. Eine doppelte Schriftformklausel, die - wie hier - nicht nur Vertragsänderungen von der Schriftform abhängig mache, sondern auch bei der Änderung der Schriftformklausel ihrerseits eine mündliche Aufhebung der Klausel ausdrücklich ausschließe, könne nicht durch eine Vereinbarung ohne Berücksichtigung der Schriftform abbedungen werden. Durch die Verwendung der doppelten Schriftformklausel werde nämlich deutlich, dass die Vertragsparteien auf die Wirksamkeit ihrer Schriftformklausel besonderen Wert legen würden. Ein Verstoß solle zur Unwirksamkeit einer Änderungsabrede führen. Entsprechend könne auch eine betriebliche Übung nicht zu einer wirksamen Vertragsänderung führen (BAG, 9 AZR 302/02).

Hinweis: Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen, verhindere nach Ansicht des BAG nicht das Entstehen einer betrieblichen Übung. Eine so vereinbarte Schriftform könne auch ohne Einhaltung der Schriftform abbedungen werden.

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Baurecht


Grundstücksverkauf: Rückerstattung aus Stellplatzablösung geht nicht auf Käufer über

Der Käufer, der als Rechtsnachfolger in die Rechte des Verkäufers aus einer Baugenehmigung eingetreten ist, kann die Stellplatzablösesumme, die diesem wegen Erlöschens der Baugenehmigung erstattet worden ist, nicht herausverlangen.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in folgendem Fall: Die Beklagte war Eigentümerin eines Grundstücks, für das sie eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Hotels erhalten hatte. Die Genehmigung war mit einer Stellplatzauflage verbunden, die zum Teil durch Zahlung abgelöst werden konnte. Die Beklagte zahlte daraufhin eine Ablösesumme von 90.000 Euro an die Stadt. Nachdem die Bauarbeiten aufgenommen worden waren, verkaufte sie das Grundstück an den Kläger. Dieser wollte den Bau als Wohn-, Büro- und Geschäftshaus weiterführen, nahm aber später von der Baumaßnahme Abstand. Die Stadt zahlte die Ablösesumme nach Erlöschen der Baugenehmigung an die Beklagte zurück. Der Kläger verlangte von der Beklagten die Auszahlung der Ablösesumme.

Der BGH wies die Klage zurück. Es sei nicht möglich, eine Rückzahlungspflicht in den zwischen den Parteien getroffenen Kaufvertrag zu interpretieren. Die hierfür erforderliche "planwidrige Lücke" im Kaufvertrag liege nicht vor. Es sei nicht feststellbar, dass die Parteien eine eventuelle Rückzahlung an den Kläger gewollt, dies aber zu vereinbaren vergessen hätten. So sei nicht sicher, dass der Kaufvertrag rechtlich auf einen über den Leistungsaustausch hinausgehenden Erfolg gerichtet gewesen wäre. Zwar rücke der Kläger mit Erwerb des Eigentums in die Rechtsstellung der Beklagten als Adressatin der Baugenehmigung ein. Es fehle jedoch jeder Anhaltspunkt dafür, dass dem Kläger mehr als die rechtliche Möglichkeit, das Bauvorhaben unter Ausnutzung der Stellplatzablösung durchzuführen, geboten werden sollte. Im Übrigen könne noch nicht einmal davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die rechtlich gesicherte Möglichkeit verschafft werden sollte, die von den genehmigten Plänen (Hotel) abweichende Bebauung (Wohn-, Büro- und Geschäftshaus) unter Ausnutzung der Stellplatzablösung zu verwirklichen (BGH, V ZR 346/02).

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Bauliche Änderungen: Rücksichtnahme auf Nachbarn erforderlich

Wird ein einheitlich bebautes Grundstück so geteilt, dass auf jedem der beiden neu entstandenen Grundstücke ein Gebäude steht, kann der Erwerber des einen Grundstücks nach den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses verpflichtet sein, bei einer baulichen Änderung an seinem Gebäude die Belange des anderen Eigentümers möglichst wenig zu beeinträchtigen.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einer nachbarrechtlichen Streitigkeit. Der Kläger war ursprünglich Eigentümer einer als Kulturdenkmal ausgewiesenen Burganlage, die aus zwei aneinander grenzenden Gebäuden bestand. Er teilte das Grundstück und verkaufte einen Teil. Der Käufer beabsichtigte, auf dem Dach seines Teils einen Wintergarten zu errichten. Die dafür erforderliche Brandmauer würde zwei Fenster des Klägers verschließen. Die Baubehörde hatte das Bauvorhaben genehmigt. Hiergegen wandte sich der Kläger.

Der BGH wies darauf hin, dass der Kläger prinzipiell kein Lichtrecht habe und nach den nachbarrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Vorhaben nicht unterbinden könne. Ausnahmsweise stehe ihm aber nach den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses ein Unterlassungsanspruch zu. Die hieraus folgende Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme könne aber nur ausnahmsweise zur Anwendung kommen. Dazu müsse ein über die gesetzlichen Regelungen hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheinen. Dies sei vorliegend der Fall. Bei Teilung des Grundstücks habe für den Kläger keine Veranlassung bestanden, den vorhandenen Zustand der Fenster durch eine schuldrechtliche Abrede zu sichern. Da die Anlage als Kulturdenkmal eingestuft gewesen sei, hätte er nicht damit rechnen müssen, dass der neue Eigentümer die zum Zumauern der Fenster führenden baulichen Veränderungen vornehmen würde. Umgekehrt hätte auch der Erwerber nicht damit rechnen können, dass ihm die Veränderungen genehmigt würden. Der BGH stellte daher klar, dass in einem solchen Fall der Nachbar Rücksicht nehmen müsse. Dies gelte umso mehr, da es ihm mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen möglich sei, den Wintergarten in einer Alternativplanung so zu errichten, dass die Interessen beider Parteien ausreichend gewahrt würden (BGH, V ZR 199/02).

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Baumschutzsatzung: Wirkung entfaltet sich auch zwischen Nachbarn

Der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich durch eine kommunale Baumschutzsatzung geschützte Bäume befinden, kann vom Nachbarn die Unterlassung von Baumaßnahmen verlangen, die in die Substanz der Bäume eingreifen und ihren Bestand gefährden.

Mit dieser Entscheidung bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Köln eine einstweilige Verfügung, mit der einem Bauherrn verboten wurde, bestimmte Baumaßnahmen im Kronenbereich der auf dem Nachbargrundstück stehenden Bäume durchzuführen. Diese Baumaßnahmen waren geeignet, die durch die städtische Baumschutzsatzung geschützten Bäume zu schädigen.

Das OLG machte darauf aufmerksam, dass die Baumschutzsatzung im Gegensatz zur Auffassung des Bauherrn keine rein öffentliche Regelung darstelle, die nur im Verhältnis Bürger/Staat Rechte und Pflichten begründe. Sie wirke sich auch auf das private Nachbarrechtsverhältnis aus. So werde zu Lasten des betroffenen Nachbarn eine Duldungspflicht hinsichtlich des Überwuchses begründet. Er dürfe in diesem Fall die überhängenden Äste, Zweige und Baumwurzeln nicht abschneiden und beseitigen. Entsprechend könne der Eigentümer des Baums verlangen, dass Eingriffe unterlassen und die Vorschriften der Baumschutzsatzung respektiert würden (OLG Köln, 19 U 120/03).

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Familien- und Erbrecht


Kindergeld: Neue Einkunftsgrenze kann wieder Kindergeld ermöglichen

Der Grenzbetrag für eigene Einkünfte und Bezüge eines Kindes wurde ab 2004 von 7.188 Euro auf 7.680 Euro angehoben. Das heißt: Bis zu diesem Betrag dürfen Kinder in der Ausbildung verdienen, ohne dass das Kindergeld oder der Kinderfreibetrag entfallen.

Steuerpflichtige, deren Kinder sich in der Ausbildung befinden, sollten 2004 überprüfen, ob unter Ansatz des neuen Grenzbetrags von 7.680 Euro nicht doch wieder der Anspruch auf Kindergeld besteht. War bisher auf Grund der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes kein Kindergeld gewährt worden, kann sich dies mit Änderung des Grenzbetrages zum Vorteil des Steuerpflichtigen geändert haben.

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Geschiedenenunterhalt: Erwerbsobliegenheit bei vorgezogener Altersgrenze

Beamte oder Soldaten, die wegen einer vorgezogenen Altersgrenze frühzeitig in Pension gehen, sind verpflichtet, auch nach ihrer Pensionierung durch eine zusätzliche Erwerbstätigkeit ihr bisheriges Einkommen zu halten.

Dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Ehemann war bis zu seiner Pensionierung mit 41 Jahren Pilot der Luftwaffe. Seine anschließenden Versorgungsbezüge waren erheblich geringer als sein bisheriges Einkommen. Er wollte daher die Unterhaltszahlungen an seine geschiedene Frau kürzen.

Der BGH versagte eine solche Kürzung. Zwar sei bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs eine Minderung im Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei diese Minderung jedoch durch eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen veranlasst. Der voll erwerbsfähige Ehemann habe sich im Alter von 41 Jahren nicht mit seinen Versorgungsbezügen begnügen dürfen. Anhaltspunkte dafür, dass er auf Grund seiner Beanspruchung als Strahlflugzeugführer einen besonderen physischen und psychischen Verschleiß erlitten hätte, habe er nicht vorgetragen. Ihm sei daher eine andere berufliche Tätigkeit zumutbar. Der Ehemann müsse das Niveau seines bisherigen Erwerbseinkommens über seine Pensionierung hinaus durch eine berufliche Tätigkeit halten. Unterlasse er dies, könne er seine Unterhaltszahlungen nicht kürzen (BGH, XII ZR 65/01).

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Elternunterhalt: Auskunftspflicht unter Geschwistern und deren Ehegatten

Geschwister, die ihren Eltern gegenüber unterhaltsverpflichtet sind, müssen einander Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse geben. Dazu gehören auch Auskünfte über das Einkommen des Ehegatten. Ein Unterhaltsverpflichteter hat jedoch keinen unmittelbaren Auskunftsanspruch gegen die Ehegatten der Geschwister.

Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in folgendem Fall: Das Sozialamt hat den Kläger auf Unterhalt gegenüber seiner bedürftigen Mutter in Anspruch genommen. Dessen Bruder sei zu Unterhaltszahlungen finanziell nicht in der Lage, daher hafte der Kläger allein. Dieser hat daraufhin den Bruder und dessen Ehefrau auf Auskunft in Anspruch genommen, um sich ein Bild über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen.

Der BGH hat dem Auskunftsbegehren gegen den Bruder stattgegeben und die Klage gegen die Ehefrau abgewiesen. Nach dem Gesetz bestehe ein Anspruch auf Auskunft, wenn der Anspruchsberechtigte zur Geltendmachung eines Anspruchs unverschuldet auf die Auskunft angewiesen sei, die Auskunft dem Verpflichteten zumutbar sei und zwischen den Parteien eine rechtliche Verbindung bestehe. Diese Voraussetzungen lagen nach Ansicht des BGH vor. Gleich nahe Verwandte würden nämlich anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen für Unterhalt haften. Dies bedeute, dass sie als Teilschuldner und nicht als Gesamtschuldner haften. Deshalb würden Kinder untereinander Auskunft schulden, wenn diese notwendig sei, um ihre Haftungsanteile berechnen zu können. Ein direkter Auskunftsanspruch gegen die Ehefrau des Bruders bestehe dagegen nicht. Diese schulde der Mutter des Klägers keinen Unterhalt und sei daher auch nicht am Ausgleichsverhältnis beteiligt (BGH, XII ZR 229/00).

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Kindergeld: An wen muss die Familienkasse auszahlen?

Vorrangig ist derjenige Elternteil kindergeldberechtigt, der die höheren wirtschaftlichen Leistungen erbringt. Sind diese objektiv gleichwertig, ist darauf abzustellen, wer den prozentual höheren Anteil von seinem Einkommen aufbringt. Folge hieraus ist, dass mangels anderer Umstände dem finanziell und wirtschaftlich schwächeren Elternteil das Kindergeld auszuzahlen ist.

Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig beendete den Streit eines getrennt lebenden Ehepaars um die Frage, an wen von ihnen die Familienkasse das Kindergeld zahlen solle. Dabei wies das OLG darauf hin, dass mehrere bezugsberechtigte Personen untereinander bestimmen müssten, wer die Zahlung von Kindergeld beanspruchen könne. Werde keine Bestimmung getroffen, bestimme das Vormundschaftsgericht auf Antrag den Berechtigten. Das Gericht habe dabei den Grundgedanken des § 64 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen. Danach solle vorrangig derjenige Elternteil Kindergeldberechtigter sein, der für das Kind die höheren wirtschaftlichen Leistungen erbringt. Sofern die objektiven Leistungen weitgehend gleich seien, müsse auf die subjektiven Leistungen abgestellt werden. Das bedeute, dass der finanziell und wirtschaftlich schwächere Elternteil subjektiv gesehen höhere Leistungen erbringe als der andere Elternteil. Das folge daraus, dass er von seinem geringeren Einkommen einen prozentual höheren Anteil für den Unterhalt des Kindes aufbringe. Im vorliegenden Fall sei der Kindesvater der finanziell und wirtschaftlich schwächere Elternteil. Deshalb sei ihm die Kindergeldberechtigung zuzusprechen (OLG Schleswig, 13 WF 187/03).

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Testamentsvollstrecker-Bestellung: Kein Beschwerderecht des Nachlassgläubigers

Dem gewöhnlichen Nachlassgläubiger steht kein Beschwerderecht gegen die ablehnende Entscheidung des Nachlassgerichts zu, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen.

Mit dieser Entscheidung wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf die Beschwerde eines Gläubigers des Verstorbenen zurück. Dieser wollte einen Testamentsvollstrecker eingesetzt haben, um seine Forderung besser realisieren zu können. Als das Nachlassgericht die Ernennung eines Testamentsvollstreckers ablehnte, legte er hiergegen Beschwerde ein.

Das OLG begründete die Zurückweisung der Beschwerde wie folgt: Das Gesetz sehe vor, dass das Nachlassgericht die Beteiligten vor der Ernennung hört. Ein gewöhnlicher Nachlassgläubiger sei aber kein solcher "Beteiligter". Dazu zählten nur diejenigen, die kraft ihrer erbrechtlichen Stellung ein berechtigtes Interesse an der Ernennung hätten. Es könne nicht Aufgabe des Nachlassgerichts sein, vor der Ernennung eines Testamentsvollstreckers jeden einzelnen gewöhnlichen Nachlassgläubiger anzuhören (OLG Düsseldorf, I-3 Wx 266/03).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)


Vermietung an Angehörige: Erhöhung der Miete um mehr als 20 Prozent?

Seit dem 1.1.2004 kann der Vermieter sämtliche Werbungskosten im Zusammenhang mit der Vermietung an Angehörige nur dann in Ansatz bringen, wenn die Miete mindestens 56 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Vorher lag dieser Satz bei 50 Prozent.

Hinweis: Zu beachten ist allerdings, dass bei einer langfristigen Vermietung mögliche Verluste nur anerkannt werden, wenn über den gesamten Vermietungszeitraum ein Totalüberschuss erwirtschaftet wird, oder wenn die Miete mindestens 75 Prozent der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Um sicherzustellen, dass tatsächlich alle Werbungskosten abzugsfähig sind, sollte die Miete daher mindestens 75 Prozent der ortsüblichen Marktmiete betragen.

Das Bayerische Staatsministerium hat verlautbaren lassen, dass eine Erhöhung der Miete unter Angehörigen auch über die Grenzen des Mietschutzgesetzes hinaus steuerlich anerkannt wird. Eine Erhöhung über den Grenzwert von 20 Prozent sei daher ausnahmsweise möglich. Auch die Finanzverwaltung in Baden-Württemberg will so verfahren. Ob andere Länder dem folgen werden, ist indes zweifelhaft.

Solange nicht alle Bundesländer hierzu eine eindeutige Stellungnahme abgeben, kann nur geraten werden, Mieterhöhungen lediglich im zulässigen Rahmen des Mietschutzgesetzes vorzunehmen. Ansonsten droht die steuerliche Nichtanerkennung des gesamten Mietverhältnisses.

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Betriebskosten: Nach Eigentumswechsel muss alter Eigentümer abrechnen

Nach einem Eigentumswechsel ist nicht der neue, sondern der alte Wohnungseigentümer gegenüber dem Mieter verpflichtet, die bis zum Zeitpunkt des Eigentumswechsels angefallenen Betriebskosten abzurechnen. Es kommt nicht darauf an, wann der Zahlungsanspruch fällig geworden ist.

Mit dieser Begründung wies der Bundesgerichtshof (BGH) die Klage eines Mieters gegen den neuen Eigentümer der Wohnung zurück. Dieser hatte die Wohnung im Jahr 2000 gekauft. Im Jahr 2001 erstellte die Wohnungsverwaltung die Betriebskostenabrechnung 1998. Diese wies zu Gunsten des Mieters ein Guthaben aus. Eine Überweisung erfolgte nicht. Mit der Klage forderte der Mieter die Auszahlung des Guthabens von dem neuen Eigentümer. Dieser meint, der frühere Eigentümer müsse die Zahlung leisten.

Der BGH argumentierte, dass der neue Eigentümer nicht zur Auszahlung des Guthabens verpflichtet sei, weil er im Hinblick auf den Mietvertrag nicht Rechtsnachfolger des Veräußerers sei. Er sei nur Gläubiger und Schuldner der Ansprüche, die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig geworden seien oder sich gegen ihn richteten. Eine Ausnahme bestehe aber für die Nebenkosten-Abrechnungsperioden, die beim Eigentumswechsel bereits beendet waren. Das "Fälligkeitsprinzip" gelte hier nicht für die Ansprüche auf Abrechnung, Nachzahlungen und Erstattungen von Guthaben. Nebenkosten für abgeschlossene Abrechnungsperioden seien ungeachtet eines späteren Eigentumsübergangs allein zwischen den bisherigen Mietvertragsparteien abzurechnen. Entsprechend seien etwaige Nachzahlungen oder Erstattungen überzahlter Beträge nur zwischen diesen Parteien abzuwickeln.

Die Entscheidung gilt gleichermaßen für Wohnraum- und gewerbliche Mietverhältnisse sowie für die Pacht (BGH, VIII ZR 168/03).

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Zwischenmieter: Recht zur Kündigung des Hauptvertrags wegen Gesundheitsgefährdung

Der Mieter einer Wohnung kann das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn die Nutzung der Mieträume gesundheitsgefährdend ist. Dem Vermieter steht dieses Recht dagegen nicht zu.

Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall, in dem er die Wirksamkeit einer auf Gesundheitsgefährdung gestützten fristlosen Kündigung des Hauptmietvertrags durch den (gewerblichen) Zwischenvermieter zu beurteilen hatte.

Der BGH machte deutlich, dass der Zwischenmieter im Verhältnis zum Untermieter die Rechte und Pflichten eines Vermieters, im Verhältnis zum Hauptvermieter hingegen die Rechte und Pflichten eines Mieters habe. Deswegen könne der Zwischenmieter das Hauptmietverhältnis - wie jeder andere Mieter auch - jedenfalls dann kündigen, wenn er den gesundheitsgefährdenden Zustand nicht selbst herbeigeführt habe. Das Untermietverhältnis könne er dagegen nicht kündigen. Der für den Zustand der Mietsache verantwortliche Vermieter dürfe sich nicht durch Unterlassen der Mängelbeseitigung das Recht verschaffen, sich vom Vertrag zu lösen. Dem entspreche, dass der Zwischenmieter zwar nicht das Untermietverhältnis, wohl aber das Hauptmietverhältnis kündigen könne. Der Vermieter gesundheitsgefährdender Räume solle dem Risiko einer fristlosen Kündigung nicht durch Einschaltung eines Zwischenmieters entgehen können, da die Vorschrift in erster Linie dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung diene (BGH, XII ZR 308/00).

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Wirtschaftsplan: Fälligkeit der Raten kann mit Mehrheitsbeschluss festgesetzt werden

Soweit nicht Regelungen in der Teilungserklärung oder in einer Vereinbarung entgegenstehen, können die Wohnungseigentümer über die Fälligkeit von Beitragsvorschüssen aus dem konkreten Wirtschaftsplan mit Stimmenmehrheit beschließen. Für eine über diesen Beschluss hinausgehende, generelle Fälligkeitsbestimmung fehlt es hingegen an der Beschlusskompetenz.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer streitenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Zur Begründung wies er darauf hin, dass die Eigentümergemeinschaft für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr mittels Mehrheitsbeschluss über den Wirtschaftsplan entscheide. Ihre Kompetenz umfasse den gesamten Leistungsinhalt, also auch die Bestimmung der Leistungszeit. Es bestehe keine gesetzliche Regelung, wonach nur nach Abruf des Verwalters gezahlt werden müsse. Der Verwalter lege den Zahlungszeitpunkt auch nicht grundsätzlich selbst fest. Er sei lediglich Vollzugsorgan der Eigentümergemeinschaft und treffe die Bestimmung nur, wenn diese nicht selbst eine Regelung getroffen habe. Eine generelle Fälligkeitsregelung über den konkreten Wirtschaftsplan hinaus bewege sich hingegen nicht im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. Dies wäre ein Organisationsakt, der nur in Form der Vereinbarung getroffen werden könne (BGH, V ZB 34/03).

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Verbraucherrecht


Schmerzensgeldklage: Geschädigter muss Arztfehler nachweisen

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm wies eine Schmerzensgeldklage gegen eine Ärztin zurück, da der Kläger ein Verschulden der Ärztin nicht nachweisen konnte. Dieser hatte nach einem schweren Verkehrsunfall mit Kopfverletzungen die Praxis der beklagten Augenärztin aufgesucht. Laut des klagenden Mannes habe die Augenärztin ihn nicht fachgerecht untersucht und behandelt. Dies solle zum Verlust des Augenlichts geführt haben. Der Mann verlangte nun ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro von der Augenärztin.

Das Landgericht Bielefeld wies die Klage in erster Instanz ab. Der Kläger ging auch vor dem OLG leer aus. Der Spezialsenat für Arzthaftungsrecht konnte nach Anhörung eines Sachverständigen keinen Behandlungsfehler durch die Ärztin feststellen. Es sei außerdem zweifelhaft, dass das Augenlicht überhaupt noch zu retten gewesen wäre. Der Kläger hatte dem Gericht bisher keine Beweise für eine fehlerhafte Untersuchung vorgelegt und blieb daher mit seiner Klage erfolglos (OLG Hamm, 3 U 160/03).

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Tierhalterhaftung: Wer einem Pferd zu nahe kommt, trägt ein Mitverschulden

Wer ohne Not an einem fremden Pferd so nahe vorbeigeht, dass er den Angriffs- und Verteidigungsbewegungen des Pferdes ausgesetzt ist, trägt bei einer Verletzung durch einen Pferdetritt ein Mitverschulden. Dies kann so hoch sein, dass ein Schadenersatzanspruch ausgeschlossen ist.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig im Fall eines Mannes, der durch das Ausschlagen eines Pferdes im Gesicht getroffen und dabei schwer verletzt wurde. Zu dem Vorfall kam es, als der Mann sein eigenes Pferd auf den Vorplatz eines Reitstalls führte. Hierbei lief er sehr nah hinter dem Pferd, das vor ihm geführt wurde. Dieses trat aus nicht näher geklärten Gründen plötzlich nach hinten aus.

Das OLG wies die Schadenersatzklage des Mannes gegen den anderen Pferdehalter ab. Zwar hafte der Halter eines Tieres prinzipiell für den Schaden, der dadurch entstehe, dass ein Mensch durch das Tier verletzt werde. Im vorliegenden Fall treffe den Geschädigten jedoch ein so überwiegendes Mitverschulden an seiner Verletzung, dass die Haftung des Tierhalters vollständig zurücktrete. Der Geschädigte habe grob unvorsichtig gehandelt. Er habe nicht so nahe an das fremde Pferd herangehen dürfen, dass er in den "Gefahrbereich" hineingelange, in dem er den Angriffs- und Verteidigungsbewegungen des Pferdes ausgesetzt sei. Erschwerend komme hinzu, dass er selbst einen Hengst mit sich geführt habe. Er hätte beachten müssen, dass zwischen Hengsten ein hinreichender Sicherheitsabstand eingehalten werden müsse. Diese würden nämlich ein Rivalitätsgefühl entwickeln, wenn sie zu dicht aufeinander laufen (OLG Schleswig, 7 U 72/01).

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Gewinnzusage: Der objektive Eindruck beim Verbraucher entscheidet über Auszahlungspflicht

Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, muss dem Verbraucher den Preis verschaffen.

Diese Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) war entscheidend in einem Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart, das sich mit einer Klage über eine ausgehändigte "Gewinnzustellung" eines Versandunternehmens zu befassen hatte. Diese enthielt vier Gewinne: Ein Auto, eine Kücheneinrichtung, eine Mittelmeerkreuzfahrt für zwei Personen oder 10.000 DM in bar. Die Klägerin verlangte von dem Versandunternehmen die Aushändigung des Pkw. Dieses wollte lediglich die Mittelmeerkreuzfahrt, die sich als Werbeverkaufsfahrt herausstellte, als gewonnenen Preis gelten lassen.

Das OLG verurteilte das Versandunternehmen, den Pkw zu beschaffen und der Klägerin auszuhändigen. Die Gewinnzustellung erwecke den Eindruck, die Klägerin habe einen Preis gewonnen. Es komme dabei aber nicht darauf an, ob die konkrete Empfängerin diesen Eindruck tatsächlich hatte oder haben durfte. Es komme vielmehr darauf an, ob für einen durchschnittlichen Verbraucher der Eindruck eines bereits gewonnenen Preises entstehe. Hierbei sei insbesondere die sprachliche und optische Gestaltung, wie z.B. die hervorgehobene "Head-Line" entscheidend. Mit der Gewinnmitteilung habe das Versandunternehmen zudem den Eindruck erweckt, die Klägerin habe einen der in der Gewinnanforderung aufgeführten vier Preise gewonnen und könne zwischen ihnen selbst entscheiden und wählen. Aus Sicht des Verbrauchers mache es keinen Sinn, wenn ihm andere mögliche Gewinne genannt werden, obwohl bereits bei Versendung der "Gewinnzustellung" feststehe, welchen der dort genannten Gewinne er erhalten soll (OLG Stuttgart, 4 U 171/03).

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Zeuge: Wer vor Gericht nicht erscheint, muss Ordnungsgeld zahlen

Legt der behandelnde Arzt im sozialgerichtlichen Verfahren trotz mehrfacher schriftlicher und mündlicher Erinnerungen den angeforderten Befundbericht nicht vor, kann er zu einem Beweisaufnahmetermin zu Gericht geladen werden. Erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zu diesem Termin und gibt auch keine Hinderungsgründe an, kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden.

So entschied das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) im Fall eines Arztes. Dieser war in einem Verfahren vor dem Sozialgericht, in dem um die Höhe des Behinderungsgrads eines seiner Patienten gestritten wurde, schriftlich zur Vorlage eines Befundberichts aufgefordert worden. Als er nicht reagierte, wurde er mehrfach schriftlich und mündlich erinnert. Nachdem auch diese Erinnerungen erfolglos blieben und fast neun Monate verstrichen waren, wurde der Arzt zu einem Beweisaufnahmetermin vor dem Sozialgericht geladen. Er erschien unentschuldigt nicht. Am folgenden Tag ging der Befundbericht bei Gericht ein. Einen weiteren Tag später wurde gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 750 Euro festgesetzt. Mit der Beschwerde machte der Arzt geltend, er sei davon ausgegangen, dass er zum Termin nicht erscheinen müsse, nachdem er den Befundbericht vorgelegt habe. Jedenfalls sei das Ordnungsgeld unangemessen hoch.

Das LSG wies die Beschwerde zurück. Der Arzt sei seiner staatsbürgerlichen Pflicht, als Zeuge vor Gericht zu erscheinen, nicht nachgekommen. Die von ihm nachträglich vorgebrachten Entschuldigungsgründe würden keine Aufhebung der Entscheidung rechtfertigen. Insbesondere sei ihm telefonisch nicht gesagt worden, dass der Termin aufgehoben werde. Das hohe Maß an Pflichtwidrigkeit rechtfertige auch die Höhe des Ordnungsgeldes (LSG Rheinland Pfalz, L 5 B 126/03 SB).

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Verkehrsrecht


Ordnungswidrigkeit: Betroffener muss seine Unschuld nicht beweisen

Es ist nicht Aufgabe des vor Gericht stehenden Autofahrers, seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr muss das Gericht mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln seine Täterschaft nachweisen.

Mit dieser Begründung gab das Oberlandesgericht (OLG) Hamm der Beschwerde eines Autofahrers statt. Dieser war wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße und einem Fahrverbot verurteilt worden. Im Rahmen der Beweiswürdigung hatte das Amtsgericht (AG) zunächst festgestellt, dass es keinerlei Zweifel habe, dass es sich bei dem Fahrer auf dem Radarfoto um den Autofahrer handele. Es hatte dann weiter ausgeführt: "Dies hat das Gericht im Termin auch deutlich gemacht. Es hat dem Betroffenen anheim gestellt, Tatsachen vorzutragen, die geeignet seien, Zweifel an der Fahrereigenschaft, die das Gericht in keiner Weise hatte, zu wecken. Hierauf wurde von ihm jedoch nichts weiter vorgetragen."

Diese Ausführungen des AG im Rahmen der Beweiswürdigung hat das OLG beanstandet. Es sei nicht auszuschließen, dass das AG von einer "Beweislast" des Autofahrers ausgegangen sei. Eine solche sei im Ordnungswidrigkeitenverfahren aber unbekannt. Es sei nicht Aufgabe des Autofahrers, seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr müsse das Gericht seine Täterschaft nachweisen. Aus dem Schweigen des Autofahrers oder aus dem bloßen Bestreiten der Täterschaft könnten in der Regel keine für ihn nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Habe sich der Autofahrer nicht zur Sache eingelassen, könne ihm im Rahmen der Beweiswürdigung nicht vorgehalten werden, dass er nichts vorgetragen habe, um beim Gericht Zweifel an seiner Fahrereigenschaft zu wecken (OLG Hamm, 2 Ss OWi 595/03).

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Beharrlicher Verstoß: Erforderliche Feststellungen hinsichtlich einer Voreintragung

Zur Feststellung eines "beharrlichen Fehlverhaltens" i.S. des Straßenverkehrsgesetzes genügt es in der Regel, dass rechtskräftige Vorahndungen des Autofahrers im Verkehrszentralregister eingetragen sind. Werden allerdings konkrete Einwendungen gegen eine frühere Täterschaft erhoben, muss sich der Tatrichter von deren Vorliegen erneut überzeugen. Er muss bei der Beweiswürdigung erkennen lassen, dass er auch den für die Täterschaft sprechenden Umständen (Hinnahme des Bußgeldbescheids, Geständnis der Täterschaft oder Feststellung und Beweiswürdigung des früheren Urteils zur Täterschaft) angemessenes Gewicht zuerkannt hat.

Dies verdeutlichte das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in einer Bußgeldsache. Der Autofahrer hatte geltend gemacht, das Amtsgericht (AG) sei zu Unrecht von einem "beharrlichen Fehlverhalten" ausgegangen. Einem im Verkehrszentralregister zu seinen Lasten vermerkten Bußgeldbescheid liege in Wahrheit nicht ein eigener Verkehrsverstoß, sondern einer seines Vaters zu Grunde. Obwohl dieser als Zeuge im vorliegenden Verfahren seine damalige Täterschaft bestätigt habe, hatte das AG die Voreintragung zu Lasten des Autofahrers berücksichtigt.

Das BayObLG hob die Verurteilung auf. Für die Annahme der beharrlichen Pflichtverletzung sei nicht allein die rechtskräftige Vorahndung von rechtlicher Bedeutung. Es müsse vielmehr eine erneute Pflichtverletzung vorliegen, obwohl der Autofahrer bereits früher in zeit- und sachnaher Weise gegen Verkehrsvorschriften verstoßen habe. Die mehrfachen Pflichtverletzungen müssten also vom Autofahrer tatsächlich begangen worden sein. Das BayObLG wies aber darauf hin, dass es grundsätzlich zur Feststellung der Täterschaft früherer Verkehrsverstöße genüge, diese dem Verkehrszentralregister zu entnehmen. Nur wenn der Autofahrer mit näherer Begründung in Abrede stelle, diese Taten begangen zu haben, müsse der Tatrichter dazu erneut eine Überzeugung gewinnen. Diese könne er regelmäßig bereits aus den Gründen der Vorverurteilung entnehmen oder aus der Tatsache, dass der Bußgeldbescheid ohne Einspruch hingenommen wurde. Erhebe der Autofahrer allerdings Einwände, die geeignet seien, diese Überzeugung in Zweifel zu ziehen, könne es erforderlich sein, diese Zweifel näher zu überprüfen. Die bloße Behauptung des Autofahrers, nicht der Täter gewesen zu sein, reiche aber nicht aus (BayObLG, 2 ObOWi 484/03).

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Kreisverkehr: Kreisbahn darf nicht geschnitten werden

Das Rechtsfahrgebot gilt auch im einspurigen Kreisverkehr. Es bezweckt die Verminderung der Geschwindigkeit durch die Kurvenfahrt und schützt insoweit den von rechts einfahrenden Verkehr. Ein "Schneiden" der Kreisbahn durch Ausnutzung der Fahrbahn bis zum äußersten linken Rand ist daher regelmäßig unzulässig.

Mit dieser Begründung verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm einen Autofahrer zur Zahlung von Schadenersatz. Dieser war in einem Kreisverkehr über die gekennzeichnete Mittelinsel des Kreisels hinweggefahren, weil er die von ihm aus gesehen in gerader Richtung gegenüberliegende Ausfahrt benutzen wollte. Dabei war er mit einem anderen Pkw zusammengestoßen, der ebenfalls den Kreisverkehr befuhr.

Das OLG sah das überwiegende Verschulden an dem Unfall bei dem beklagten Autofahrer. Er hätte den Unfall vermeiden können, wenn er der kreisförmig verlaufenden Fahrbahn gefolgt wäre. Zudem hätte er die Fahrbahn nicht bis zu ihrem äußersten linken Rand befahren dürfen. Das folge aus dem auch im Kreisverkehr geltenden Rechtsfahrgebot. Dies gelte grundsätzlich auch im einspurigen Kreisverkehr. Auch innerhalb einer Fahrbahn müsse "möglichst weit rechts" gefahren werden. Hieraus folge, dass die Benutzung des äußersten linken Fahrbahnrands nur erlaubt sei, wenn besondere Umstände - etwa eine außergewöhnlich schmale Straße, schlechte Sicht oder Hindernisse am rechten Fahrbahnrand - dies erfordern. Ein hiervon abweichendes Verhalten lasse sich mit Sinn und Zweck des Kreisverkehrs nicht vereinbaren. Es stelle im Falle eines Unfalls ein schuldhaftes Verhalten dar, das zum Schadenersatz verpflichte (OLG Hamm, 27 U 87/03).

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Unfall: Überwiegendes Verschulden des beim Überholen zu schnell fahrenden Lastwagens

Beim Zusammenstoß eines mit überhöhter Geschwindigkeit überholenden Lastwagens und eines abbiegenden Traktors trägt der Lastwagenfahrer den überwiegenden Teil des Verschuldens. Das gilt auch, wenn der Traktorfahrer seiner Rückschaupflicht nicht vollständig nachgekommen ist.

Nach dieser Entscheidung das Oberlandesgericht (OLG) Celle musste ein Lastwagenfahrer 75 Prozent des durch einen Unfall verursachten Schadens tragen. Zu dem Unfall war es gekommen, als der Lastwagenfahrer ein vor ihm fahrendes Wohnmobil und einen Traktor überholen wollte. Während des Überholvorgangs bog der Traktorfahrer nach links ab und stieß mit dem Lastwagen zusammen.

Nach Ansicht des OLG falle dem Lastwagenfahrer das ganz überwiegende Verschulden an dem Unfall zur Last. Es habe für ihn eine unklare Verkehrslage bestanden, die ein Überholen unzulässig mache. Zudem sei der Lastwagenfahrer zu schnell gewesen. Wäre er statt der tatsächlich gefahrenen 90 km/h nur 60 km/h gefahren, hätte er noch rechtzeitig bremsen können. Zwar treffe auch den Traktorfahrer ein Mitverschulden, da er sich unmittelbar vor dem Abbiegen nicht noch einmal umgesehen habe. Dieser Verstoß sei aber nicht besonders schwerwiegend. Er habe nämlich zuvor bemerkt, dass der Fahrer des Wohnmobils seinen Blinker erkannt und einen Überholvorgang abgebrochen hatte (OLG Celle, 14 U 85/03).

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2004 beträgt 1,14 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,14 Prozent

  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,64 Prozent

  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,14 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent

  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent

  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent

  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent

  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent

  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent

  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuertermine im Monat März 2004

Im Monat März 2004 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer bis Mittwoch, den 10. März 2004.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer bis Mittwoch, den 10. März 2004.

Einkommensteuerzahler (vierteljährlich): Vorauszahlung bis Mittwoch, den 10. März 2004.

Kirchensteuerzahler (vierteljährlich): Vorauszahlung bis Mittwoch, den 10. März 2004.

Körperschaftsteuerzahler (vierteljährlich): Zahlung bis Mittwoch, den 10. März 2004.

Bitte beachten Sie: Die Abgabeschonfrist entfällt ab dem 1.1.2004 für Steuern, die nach dem 31.12.2003 fällig werden. Ab dem Tag nach Ende der Abgabefrist droht damit ein Verspätungszuschlag. Dabei ist die Abgabeschonfrist von der Zahlungsschonfrist zu unterscheiden. Die Zahlungsschonfrist beträgt gemäß dem Steueränderungsgesetz 2003 ab dem 1.1.2004 nur noch drei Tage statt wie bisher fünf Tage.

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Die oben stehenden Texte sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der Rechtsmaterie machen es jedoch notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen.