1         Warum werde ich Tagesvater?

1.1      Meine bisherige berufliche Laufbahn

Meine beruflichen Wurzeln liegen weitab der Kinderbetreuung, sie finden sich im Bereich der Technik. Begonnen habe ich nach Abschluss der Lehre zum Mechaniker als Automatenbediener in der Elektronikindustrie. Mit der gesellschaftlichen Wende in unserem Land ergriff ich meine Chance und wechselte in die IT-Branche. Hier war ich unter anderem als Softwareentwickler, Support-Mitarbeiter, Dozent und Systemadministrator tätig.
All diese Tätigkeiten beschäftigten sich mit „toter“ Materie. Auch wenn ich als Softwareentwickler einmal der Meinung war, dieser Materie „Leben“ einhauchen zu können.

1.2      Meine Prioritätenverschiebung von der Technik zur Natur

In meinem Leben habe ich Teile dieser technisierten Welt geschaffen. Besonders die letzten Jahre in der IT Branche haben meine Augen für andere Dinge im Leben geöffnet. Erschreckend sind Besuche in Spielwarenabteilungen großer Kaufhäuser. Die Anzahl nicht batteriebetrieben Spielzeuge schwindet von Jahr zu Jahr. In dieser Zeit löste der Anblick eines gewöhnlichen mechanisch betriebenen Brummkreisels in Aktion bei älteren Kindern erstaunliche Reaktionen aus: „Das geht ja ohne Batterie?!“.
Erlebnisse dieser Art haben mir den Entschluss einer beruflichen Neuorientierung leicht gemacht.

1.3      Meine Erfahrungen mit Kindern, Nichten und Neffen

In den letzten Jahren habe ich eine sehr intensive Beziehung zu meinen sieben Nichten und Neffen im Alter zwischen 2 und 9 Jahren aufgebaut. Bei Familienfeiern oder Urlaub im Haus der Großeltern, in dem auch ich wohne, liegt die Kinderbetreuung oft in meinen Händen. Meine Angebote zu Aktivitäten werden von den Kindern begeistert angenommen.
Trotz längerer Abstände, teilweise bis zu einem halben Jahr, ist dieses Verhältnis sofort wieder da.

1.4      Als Mann in der Tagespflege

Mein Entschluss in der Tagespflege zu arbeiten, löste in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis die gesamte Bandbreite von Ablehnung bis Zustimmung aus.
Mir ist der Ausbruch aus klassischem geschlechtstypischem Rollenmuster bewusst. Kinder erleben bis in die Grundschule als Bezugspersonen fast ausschließlich Frauen als Mutter, Oma, Tante, Kindergärtnerin oder Lehrerin. Durch meine praktischen Erfahrungen mit Kindern und ein längeres Gespräch mit einer meiner Grundschullehrerinnen sehe ich mich bestärkt, in diesem „Frauenberuf“ bestehen zu können. Diese Lehrerin möchte ab Sommer nächsten Jahres ihre Enkel in meine Obhut geben.