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Platz 1 - Die Spitzenkolumne #7
Heute geht es in dieser Chartskolumne um Panik und Alarm pur. Kürzlich "erreichte" mich (durch googlen) folgende Meldung: "Riskanter Top-Seller: Funktion in Deutschland verboten und trotzdem extrem beliebt". O mein Gott, worum könnte es sich dabei nur handeln? Ein zu radikales Buch? Ein zu labiles Lastenrad? Ein zu geiles Sexspielzeug? Aber nein, Sie ahnen es bereits, das Thema des Artikels war der Blitzerwarner OOONO Co-Driver NO2. Für dessen Benutzung bekommt man nämlich 75 Euro Bußgeld abgerippt und einen Punkt in Flensi. Das Ding ist erstens: Hört denn keiner mehr Radio? Zweitens: Gibt es keine Apps dafür? Drittens: Eine Rebellin wie ich sucht immer nach Möglichkeiten, gegen dieses Dreckssystem aufzubegehren, das heißt, ich muss den OOONO haben. Dabei hab ich nicht mal einen Führerschein, mal schauen wie das dann "läuft".
Gehen Sie genau jetzt mal schön in Ihre Einstellungen - Datenschutz, Privatsphäre, Sicherheit, da irgendwo, und überlegen Sie, wie dumm Sie eigentlich sein wollen, Sie Fußballdepp. Die Telekom gab nämlich grad die meistgenutzten Passwörter heraus, also IHRE Passwörter - früher hieß das noch Datenleak. Auf Platz 2, ich muss es ausnahmsweise erwähnen, obwohl es hier eigentlich nur um Platz Einse gehen soll, ist "Schalke04". Auf Platz 20 ernsthaft "Fussball", samma, geht’s noch? Nehmen Sie gefälligst Ihr Lieblingslied von Taylor Swift.
Nämlich: DIESE WOCHE AUF PLATZ 1 VON ALLEN CHARTS UND AM HÄUFIGSTEN BESPROCHEN IM SEGMENT KULTUR: Taylor Swift. Das steht hier einfach nur, damit wir sie nachher für die Klicks auf die Social-Media-Kachel knallen können. Super Musikerin, gehen Sie weiter!
Das neue Heft ist da!
"Wumms", "Doppel-Wumms", "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz blablabla". Was hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nur im Kopf, als er diese Worte sprach? TITANIC kennt die Antwort: eine beträchtliche Menge Distickstoffmonoxid.
AUSSERDEM IM MAIHEFT: TITANIC-Telefonterror: Halten sich die Bayern an das Genderverbot an Schulen und Behörden im Freistaat? Die besten Maßnahmen zur Terrorabwehr während der Fußball-EM. Alles über den Pleiten-Pech-und-Pannen-Airliner Boeing. Ein Recruiting-Game gegen den Pflegenotstand. Die neuen Sparformate der Öffentlich-Rechtlichen. Mit Cartoons und Comics von Teresa Habild, Rattelschneck und Samy Challah.
Ab Samstag in jeder Suchtberatungsstelle und ab jetzt im Onlineshop (Print oder PDF oder in der App) – oder am besten: mit im Abo!
Aus Eugen Egners Püppchenstudio
Weshalb man in Marbach meine nachgelassenen Manuskripte nicht haben will (1):
Ein altes Bauernregal
Nicht ganz so bekannt wie ihre bourgeoise Konkursschwägerin, die Kalte Sophie (15. Mai), ist eine andere Eisheilige, die seit dem Mittelalter vor allem in Süddeutschland verehrt wird. Die Kalte Progression lebte den einen Quellen zufolge Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Schuldturm von Freezing (heute: Freising). Andere Berichte deuten darauf hin, dass die fromme Quasi-Jungfrau bereits 400 netto vor Jesus Christus im Landkreis Billigheim zur Welt kam und somit eine der geldwertesten Heiligen überhaupt ist.
Progression war die Tochter eines rechtschaffenen Wucherers und hatte über 256 Geschwister, bei 8 % Steigerung pro Jahr. Sie weigerte sich standhaft, die Preise zu senken, da sie ihre unsterbliche Seele nicht den Händen der teuflischen Deflation ausliefern wollte. Davon hörte der heidnische König Realeinkommen und hieß "Proggi" vor seinen Thron zu treten, welcher mit Tapetenkleister aus ausgemusterten Banknoten zusammengepicht war. Die standhafte Maid lehnte alle Angebote des Königs ab, mit denen er ihre Rendite in Versuchung bringen wollte. Stattdessen berief sie sich auf die grundgültige immerwährende Austerität und verfluchte das Steuerrecht, auf dass es sich in Ewigkeit nicht auf die Größe der Rückseite eines Bierdeckels schrumpfen lassen würde.
Man steckte ihr goldene Kreditkarten ohne Überziehungslimit unter jeden ihrer brutto elf Fingernägel und ritzte obszöne Preisnachlässe mit dreistelligen Prozentzeichen in die Haut ihres Rückens. Doch sie blieb standhaft, nahm keinen Cent Schulden auf und weigerte sich, mehr als das Mindesteinkommen zu verdienen. Da platzte dem König das Scheckbuch. Er ließ die tugendhafte Maid auf den Buckel eines Sparschweins binden und das schwerfällig klimpernde Vieh bis zu den Klippen der Rezessionsküste jagen, wo es im Nebel eines Cum-Ex-Skandals verschwand.
Als irgendwann später die Heere des Sultans Ue-Ber schul-Dung ihre Heimat eroberten, gab es überall im Land fürchterliche Umsatzsteuerprüfungen und Rabattschlachten, dass das Volk der einfachen Finanzfachangestellten zitternd im Keller hockte und die Heilige Progression um Hilfe anrief, indem es ungedeckte Wechsel unterschrieb und sich mit gefälschten Bilanzen geißelte.
Doch Santa Progressia Galoppierens, wie sie das Betriebswirtschaftsvolk mittlerweile ehrfürchtig nannte, ließ sich nicht erweichen im wahren Glauben an Einnahmen, die die Ausgaben decken. Zumal sie zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahrhunderten abgeschrieben war. Fazit: Pleite!
Müters Söhne #3
Jugendliche und Kunst
"In meinen aktuellen Arbeiten habe ich meine Beziehung zu dir verarbeitet"
Gideon ist 16 Jahre alt. Seine Mutter Viola Müter schreibt hier im wöchentlichen Wechsel über ihn und ihre anderen zwei Söhne im Alter von 5 und 12 Jahren. Die Mutter nennt sie liebevoll ihre "Mütersöhnchen".
Gideon sagte mir recht unbeteiligt, ich dürfe am Wochenende nicht zu seiner Ausstellung kommen. Er wird in seinem Jugendzimmer ausgewählte Zeichnungen präsentieren. Zuerst war ich enttäuscht. Gideon hat sogar Essen bei einem teuren Catering bestellt. Ich hätte gerne das Wachtelei-Canapé mit Kaviar probiert.
"In meinen aktuellen Arbeiten habe ich meine Beziehung zu dir verarbeitet", erklärte er. Das beunruhigte mich zutiefst. Geht es in der Ausstellung darum, mich als schlechte Mutter darzustellen? "Nein", sagte Gideon, er befürchtete nur, seine Gäste würden sich durch meine Anwesenheit befangen fühlen. "Du würdest meiner künstlerischen Arbeit erneut im Weg stehen." Den Vorwurf kannte ich schon. Dabei verstand er nicht, wie viele Sorgen mir seine Zeichnungen in der Vergangenheit bereitet haben.
Im Grundschulalter zeichnete Gideon ausschließlich Richard David Precht. Ich kenne meinen Sohn. Mir wurde schnell klar, dass er damit seine Überlegenheit signalisieren wollte. Ich hatte mich in seinem Alter nicht künstlerisch mit großen Philosophen auseinandergesetzt. Gideon wusste das. Zwei Jahre meiner Kindheit war ich damit beschäftigt, eine lebensgroße Müllskulptur von Rudolph Moshammer anzufertigen. Manchmal glaube ich, Gideons Selbstverständnis, jedem intellektuell überlegen zu sein, entspringt der Tatsache, dass er in der Philosophie-Bibliothek der Universität zu Köln gezeugt wurde. Gideons Zeichnungen zeigten damals Richard David Precht schreibend, denkend, als Kentaur, als hinduistischen Gott und in Badehose. Diese Entwicklung machte mir Angst. Mehrmals war ich kurz davor, ihn zum Kinderpsychologen zu schicken. Bis ich ihn zum Pastor brachte – danach zeichnete er keine Philosophen mehr.
Auch in den letzten Jahren besorgten mich Gideons Zeichnungen. Sie waren teilweise sehr obszön. Gideon zeichnete viele Akte. Ich verstehe nicht, warum er nicht stattdessen Pornos schaute. Einmal erkannte ich in einem Akt meine Schwester. Gideon hat ein gutes Verhältnis zu seiner Tante. Doch die Zeichnung befremdete mich. Warum hatte er sich für sie als Modell entschieden? Findet Gideon meine Schwester attraktiver als mich? Den Kontakt zu meiner Schwester habe ich abgebrochen. Einen großen Teil von Gideons Aktzeichnungen habe ich verbrannt.
Schon in ein paar Tagen findet Gideons Vernissage statt. Ich habe mich entschieden, zur gleichen Zeit eine Protestausstellung im Wohnzimmer zu organisieren. Es geht mir nicht darum, seiner künstlerischen Arbeit im Weg zu stehen. Ich weiß, dass ich eine gute Mutter bin. Ich glaube nur, dass es meine Siebdrucke von Rudolph Moshammer auch verdient haben, gesehen zu werden.
Kleine Spitzel groß im Kommen
Nachdem der Erfinder des Babyfons mithilfe seiner Firma Innovative Dragon sensible Informationen über deutsche Militärtechnik an die Chinesen weitergegeben haben soll, zweifeln High-Profile-Eltern an der Sicherheit ihrer Lauschmaschinen. "Das nächtliche Gebrabbel meines Jüngsten hat schon immer verdächtig nach Mandarin geklungen", wundert sich Marine-Admiral Peter S. nicht wirklich und befürchtet, Peking habe jedes seiner vier Kinder via Funk indoktriniert, um ihn als Geheimnisträger auszuspionieren. Bei Online-Meetings mit hoher Geheimhaltungsstufe hatte S. immer das ungute Gefühl, sie würden, statt auf dem Fußboden Mandalas auszumalen, heimlich mitschreiben. "Dass mein zweieinhalbjähriger Sohn Kevin Sören mir detaillierte Fragen zum 'Cross-Connect-Getriebe mit Propellerwellen für die Schiffsklasse 124' stellte, habe ich Depp damals als Zeichen kindlicher Neugier verstanden." Weil S. nicht weiß, ob die Verbindung noch sicher ist, hat der Befehlsgeber vorsorglich sämtliche Babyfons entsorgt und die Betreuung seiner Kinder vertrauensvoll in die Hände der Moskauer Au-Pair-Mädchen Ekaterina und Natalia-Miroslawa gegeben. Mit der Erziehung laufe jetzt alles bestens, ist S. hochzufrieden. "Bis auf 'Da, moy prezident' und 'Net problem, gospodin Putin' habe ich von meinen Kleinen nichts Kompromittierendes mehr gehört."