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Daddelmusik: Klassik für Konsolenkinder

Foto: Deutsche Grammophon / UMG

Videogame-Pianist Nuss "Final Fantasy" für Feingeister

Töten Sie Monster, lauschen Sie dem Piano: Die Deutsche Grammophon, Inbegriff des ehrwürdigen Klassiklabels, veröffentlicht ein Album mit Musik des Computergame-Komponisten Nobuo Uematsu. Eingespielt hat es der junge deutsche Ausnahmepianist Benyamin Nuss - ganz klassisch am Flügel.
Von Jörg Böckem

Davon dürften so manche Veranstalter von Klassik-Konzerten träumen: In Rekordzeit ausverkaufte Vorstellungen, bis auf den letzten Platz gefüllt mit jungen, euphorisierten Menschen weit diesseits des Renteneintrittsalters. Eigentlich kein Problem - zumindest wenn die Werke des japanischen Komponisten Nobuo Uematsu, 51, zur Aufführung kommen. In seinem Heimatland genießt Uematsu, der durch seine Kompositionen für Videospiele wie "Final Fantasy" zu Ruhm gelangte, Popstarstatus. Denn ohne Musik geht nichts im Universum der Konsolen.

Musik, die auch klassische Konzerthäuser belebt: Als das Los Angeles Philharmonic Orchestra 2004 zum ersten Mal einen eigens arrangierten Querschnitt der Werke des Japaners aufführte, waren die Karten nach wenigen Tagen ausverkauft. "Video Fantasy Replaces Mozart" titelte damals die "New York Times". Im selben Jahr eröffnete das Prager Filmharmonic Orchestra die Games Convention in Leipzig mit Klassikbearbeitungen Uematsus und stürzte das altehrwürdige Gewandhaus in einen Ausnahmezustand - Horden von Spielefans hatten keine Karte mehr für das seit Wochen ausverkaufte Gastspiel ergattern können und belagerten das Konzerthaus.

Im Herbst vergangenen Jahres wurde eine Aufführung des WDR Rundfunkorchester in der Kölner Philharmonie unter dem Titel "Symphonic Fantasies" konsequenterweise gleich als Livestream im Internet übertragen. Die Soundtracks aus Spielen des japanischen Herstellers Square Enix wie "Final Fantasy", "Kingdom Hearts", "Secret of Mana", "Chrono Trigger" und "Chrono Cross" waren vom finnischen Komponisten und Arrangeur Jonne Valtonen für Orchester und Chor umgearbeitet worden.

Vom Computerspiel in die Konzerthäuser

Am Klavier saß das junge Ausnahmetalent Benyamin Nuss . "Videospielmusik", sagt der 21-jährige, vielfach ausgezeichnete klassische Klaviervirtuose, "ist die logische Fortsetzung klassischer Meister." Und hervorragend geeignet, seine Generation in die Konzerthallen zu locken. Die Atmosphäre im Saal sei berührend gewesen, sagt Nuss, der schon im Frühjahr 2009 im Kammermusiksaal in Bottrop neben Werken von Haydn, Chopin und Liszt auch Uematsus Kompositionen spielte.

Jetzt hat der Sohn des WDR-Big-Band-Posaunisten Ludwig Nuss sein Debüt-Album eingespielt: mit Interpretationen von Uematsus Kompositionen für Solo-Klavier, arrangiert unter anderem von Torsten Rasch, der für seinen auf Rammstein-Stücken basierenden Liederzyklus "Mein Herz brennt" mit dem Klassik-Echo ausgezeichnet wurde.

Im Herbst wird Nuss seine Interpretationen von Uematsus Werken hierzulande vorstellen. Geneigte Zuhörer sollten sich rechtzeitig um Karten bemühen, es könnte voll werden!


CD "Benyamin Nuss plays Uematsu" (Deutsche Grammophon, ab 17.9.);

Live Alle Tourdaten auf der Homepage von Benyamin Nuss