Willkommen im Kamelienschloss – der grünen Schatzkammer Sachsens
Im und um das Landschloss Pirna – Zuschendorf werden auf über 6 Hektar, davon 1800 m² Glashausflächen die Zierpflanzen bewahrt, die einst vom Können sächsischer Gärtner in der ganzen Welt kündeten. Sammlungen, wie Kamelien, Azaleen und Rhododendron stehen unter Denkmalschutz. Hortensien und Rhododendron gehören zur Deutschen Genbank Zierpflanzen
Liebe Freunde des Landschlosses Zuschendorf und der Botanischen Sammlungen
Die Kamelien- und Azaleenblüte ist nun vorbei. Die Szenen der XXI. Kamelienschau im Landschloß zum Thema „Jung mit über 100 Jahren – die Zuschendorfer Kameliensammlung“ können in den Räumen des Schlosses weiter (natürlich ohne Pflanzen) bis 06. Oktober diesen Jahres besichtigt werden. Deshalb bleiben auch Text und Fotos weiter auf der Seite.
Nachfolgend beginnen nun zeitiger als üblich die Rhododendron zu blühen. Auch die Bonsai sind längst zu besichtigen.
In den nächsten Wochen werden die Hortensientöpfe im Park aufgestellt. Diese wurden frostfrei überwintert und wir rechnen mit einer Blühzeit von Mitte Juli bis Mitte August. Mit den ausgepflanzten Hortensien wird es spannend. Die Sorten, die trotz des Frostes vom 22. zum 23. April blühen, sind absolut die Spitzenreiter. Die am einjährigen Holz blühenden Rispen- und Eichenblättrigen Hortensien sind natürlich sichere Blüher. Eine Schau in den Schlossräumen wird es nicht geben.
Schon längst bereiten wir intensiv unsere Weihnachtsausstellung vor, die dieses Jahr von einer Christrosenschau begleitet wird. Weiter unten finden Sie dazu Informationen.
Kamelien – Die Wechselspiele des Lebens
Jung mit über 100 Jahren – die Zuschendorfer Kameliensammlung
XXI. Deutsche Kamelienblütenschau im Landschloß
02.03. – 14.04.2024
Blickt man nach vielen Lebensjahren einmal zurück, dann gibt es viele Ereignisse, wo man sagt: „Glück gehabt, es hätte auch alles vorbei sein können“. Da gibt es Kriege, Krisen und Katastrophen, aber auch Menschen, die einem Gutes oder Böses wollen und natürlich die Zufälle des Lebens. Fast könnte man sagen, diesbezüglich sind Kamelien auch bloß Menschen. Aber die können nicht weglaufen, stehen fest im Beet oder Topf und brauchen immer eine schützende und tätige Hand des Gärtners.
In unserer Kamelienausstellung wollen wir einmal auf den Lebensweg unserer weit über 100jährigen Kamelien zurückschauen. Klingt alt, ist es aber nicht. Wenn man bedenkt, dass es Kamelien mit einem Alter von 1000 Jahren gibt, so sind die Zuschendorfer Kamelien heute noch junge Mädchen. Die „Wechselfälle des Lebens“ denen sie ausgesetzt sind, bleiben aber die gleichen und sie mussten schon großes Glück haben, das heutige Alter zu erreichen. Das ist natürlich auch ein großes Glück für unsere Besucher, die sie Jahr für Jahr mit herrlicher Blüte erleben dürfen. Deshalb steht diesmal auf der Bühne des Festsaales auch ein großes Glücksrad, umgeben von anderen „Glücksbringern“, wie z.B. einer Losbude, eben etwas Rummelplatzatmosphäre.
Schicksalhafte Ereignisse begleiteten unsere Kamelien seit ihrer Geburt. Da wir wissen, dass unsere Kamelien im Jahre 1956, als sie das erste Mal unter Schutz gestellt und dokumentiert wurden, genau 40 Jahre alt waren, so wurde ihnen also mitten im I. Weltkrieg im Jahre 1916 durch Gärtnerhände das Leben geschenkt. Da gehörte schon eine Menge Weit- und Zuversicht dazu, dass der damalige Inhaber des berühmten Kamelienbetriebes T. J. Seidel, Heinrich Seidel, dies in der wirklich dunklen Zeit veranlasste. Aber so war er, in gewisser Weise immer ein Mutmacher für seine Mitarbeiter und Gärtnerkollegen. Im Betrieb wurde er der „Vater“ genannt und in gewisser Weise war er es auch für unsere Kamelien.
Der Krieg zog sich länger hin als gedacht. Danach wurden die Zeiten auch nicht besser: Hungerwinter, kein Heizmaterial, Inflation. Die Probleme wollten nicht aufhören und viele Gärtnereien gaben auf. Es musste etwas her, was den Menschen trotz allem die Schönheit des Lebens vorzeigt und auch den Absatz der Gärtner ankurbelt. Da bot sich 1926 das 100jährige Jubiläum der Sächsischen (ehemals königlichen) Gesellschaft für Botanik und Gartenbau „Flora“ für eine große Jubiläumsausstellung an. Die 30 Hektar große Schau mit weit über 1000 Ausstellern besuchten 3 Millionen Gäste. Ein Riesenerfolg! Allein die Halle der Firma T.J. Seidel mit einer Größe von 50 mal 20 Metern voller Rhododendren, Azaleen, Hortensien und Kamelien war sensationell.
Nur kurz ging es aufwärts. Dann nahte die Weltwirtschaftskrise. Auch dem Seidelbetrieb ging es schlecht. Ständig mussten die Gärtner entlassen und wenn es ging, wieder eingestellt werden. Dann besserte sich langsam die wirtschaftliche Situation. Die Anzucht der Kamelien übertraf bald wieder das Vorkriegsniveau.
Unbill kam aber von einer anderen Seite. Die Sortimente wurden bereinigt. Für die Kamelien hieß das Reduktion auf eine Hauptsorte. Die Kamelie ‚Chandlers Elegans‘ bestimmte nun mehr als ein halbes Jahrhundert bis in die neunziger Jahre die Produktion. Sammlungen wurden in vielen Gärtnereien als wenig nutzbringend abgeschafft. Nicht so bei Seidel. Inzwischen leitete Herbert Seidel die Geschicke der Firma. In jahrhundertelanger Tradition verwachsen – im Jahre 1938 beging man das 125jährge Jubiläum der Gärtnerei und damit auch der Kamelienkulturen – hielt er alle Hände über das Sortiment. So überstanden unsere heutigen Pflanzen auch diese Entwicklung.
Doch die nächste Katastrophe nahte unabwendbar. Wieder war Krieg. Der Betriebsinhaber und sein ältester Sohn fielen an der Ostfront. Die Ehefrau Frieda, die den bekannten Kakaoherstellern Rüger entstammte, stand nun nicht nur mit dem Betrieb, sondern auch mit fünf minderjährigen Kindern allein da. Es folgte wieder die Umstellung auf Gemüseproduktion. Auch wurde das Heizmaterial knapp. Das hätte schnell das Ende unserer Kamelien bedeuten können.
Die nachfolgende Zeit wurde nicht besser. Im Grundbuch stand nun der jüngste Sohn Volker. Am 02.08.1946 wurde er angeblich durch das „Sächsische Volk“ im Alter von sechs Jahren als Kriegsverbrecher enteignet. So waren die Zeiten.
Zwei glückliche Umstände trugen maßgeblich zum Überleben unserer Kamelien bei. Das eine war ihre eigene Genügsamkeit und eine Einrichtung, die im Gartenbau als „Japan“ bekannt ist. Hermann Seidel, dem Sohn des „Kamelienseidel“ Jacob Friedrich, haben wir diese geniale Erfindung zu verdanken. Um die Massenproduktion der Kamelien preiswert ausdehnen zu können, ohne teure Gewächshäuser bauen zu müssen, ließ er in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts tiefe Erdkästen graben. Darin konnte man unter Nutzung der Erdwärme bei wenigen Plusgraden Kamelien gut überwintern. Diese wurden im Winter mit Brettern und Laub überdeckt und bedurften nur geringer Heizung. Hier hinein wurden einjährige Kamelien ausgepflanzt und 3 Jahre, bis zum Topfen und Aufstellen in ein Gewächshaus, stehengelassen. Als Hermann Seidel einem gerade aus Japan zurückgekehrten Bekannten die darin untergebrachten großen Mengen Kamelien zeigte, meinte dieser: „Es ist ja wie in Japan“. So bekamen die Kästen, die bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts aus dem sächsischen Zierpflanzenbau und den Baumschulen nicht wegzudenken waren, ihren Namen.
Zum anderen waren es die Menschen, die Pflanzen immer wieder bewahrten. Dass die Seidels ihre schützende Hand über sie hielten, wurde schon erwähnt. Aber es bedurfte auch der Gärtner, die täglich für sie sorgten. Legendär und an erster Stelle zu nennen ist da der Kamelienobergärtner Bernhard Lauterbach. Im Jahre 1910 übernahm er von seinem gleichnamigen Onkel diese Passion im Seidelbetrieb. Durch den Krieg bedingt, war er zur Geburt der heute Zuschendorfer Kamelien nicht zugegen. Danach übernahm er wieder das Zepter und hielt es bis 1956 in seiner Hand. Als er in den für ihn nur noch kurzen Ruhestand ging, hatte er 46 Jahre seinem Betrieb gedient. Unglaubliche 38 Jahre davon war er der Hüter der heutigen Zuschendorfer Kamelien. Auch in der Nachkriegszeit gab es immer wieder Bestrebungen das Sortiment abzuschaffen. Doch die Autorität des Obergärtners war wohl zu groß. Dazu kamen ständige Umstrukturierungen, wechselnde Zuständigkeiten und der allgemeine Mangel im nun volkseigenen Unternehmen. Um den Verlust der Bestände zu verhindern, wurde die Kollektion 1956 durch das Sortenamt zum Erhaltungssortiment der DDR erklärt.
In diesem und den nächsten Jahren erkannte man sehr schnell, dass man mit Kamelien bei relativ geringem Aufwand gute Devisen verdienen konnte. Über viele Jahre konnte der Bedarf für den Export in keiner Weise bedient werden. Auch mehrte sich der Ruf nach Erweiterung des Sortiments und sogar nach der Züchtung neuer Sorten. In Leipzig-Markleeberg richtete man eine Forschungseinrichtung für Moorbeetpflanzen ein. Hier wurden die schon in Pillnitz begonnenen Versuche fortgesetzt und Sorten zusammengetragen. Eine relativ sichere Zeit für die alten Laubegaster Kamelien. Zu einer Neuzüchtung kam es nicht. Die Versuche beendete man Mitte der siebziger Jahre. Immerhin wurden zu dieser Zeit (1972) im Dresden-Leipziger Anbaugebiet jährlich 175.000 Kamelien produziert. Damit standen die Sachsen immer noch an der europäischen Spitze. Danach kam eine Zeit der Stagnation. Im Jahre 1984 wurden die großen Dresdner Gartenbaubetriebe aus dem DDR-weiten Verbund mit Sitz in Erfurt herausgelöst und bildeten nun ein eigenständiges Unternehmen. Entscheidend für die neuen Akzente war, dass Günter Hofmann Direktor dieses Betriebes wurde. Er stammte aus dem Dresdner Traditionsbetrieb R.P. Hofmann. Günter Hofmann war ein genialer Denker voller Tatkraft und Weitsicht. Er war der Moderne genauso zugeneigt wie der Tradition. Auf der einen Seite wurde die Dresdner Gartenbaugeschichte, vor allem die des Seidel-Betriebes, wieder sichtbar gemacht. Auf der anderen Seite wurden die Betriebe, soweit es die damaligen Verhältnisse irgendwie zuließen, technisch auf den neuesten Stand gebracht. Zum 175jährigen Jubiläum der sächsischen Moorbeetkulturen, markiert durch die Gründung der Firma T.J. Seidel, schrieb er eine sehr beachtete Festschrift. Ein Jahr später wurden auf der Frühjahrsblumenschau 1989 erstmals wieder einige schon betagte Pflanzen aus dem alten Kameliensortiment gezeigt. Günter Hofmann war es auch, der 1988 das ruinöse, aber romantische Landschloß Zuschendorf mit seinem völlig verwilderten Park für den Betrieb erwarb.
Er unterstützte die Zuschendorfer Gärtner auch beim Abbau alter Gewächshäuser in Laubegast und der Überführung des historischen Kameliensortiments. Mit der Gründung unseres Fördervereins wurde er der erste Vorsitzende. Inzwischen gehörten die Kamelien der Treuhandanstalt, der natürlich der Schutzstatus von 1956 völlig egal war. Der Förderverein erwarb das Landschloß, den Park und das gesamte Inventar, also auch die Kamelien, von dieser Gesellschaft. Aber die wirtschaftliche Situation war schwierig. Die Gärtner und Handwerker lebten über ABM von der Hand in den Mund. Keiner wusste, wie lange das gut geht. Es musste ein neuer Schutzstatus her. Der Landeskonservator, Prof. Dr. Gerhard Glaser, war von Anbeginn unser enger Verbündeter. Konnte man also die Kamelien als Pflanzensammlung unter Denkmalschutz stellen? So etwas gab es noch nicht. Prof. Glaser schrieb an den zuständigen Referatsleiter für Denkmalschutz im Innenministerium, Siegbert Ludwig, dieser dann an den Staatssekretär Dr. Buttolo. So erhielten im Jahre 1993 die alten Seidel-Kamelien als erste deutsche Pflanzensammlung diesen Schutzstatus. Immer, wenn es wiedermal Versuche gab, das „Projekt Zuschendorf“ zu beenden, hat uns das sehr geholfen. Ebenso die 1998 erstellte Vereinbarung zwischen dem sächsischen Landwirtschaftsministerium, der TU Dresden und unserem Förderverein zur Erhaltung und Entwicklung unserer Pflanzensammlungen. In Vorbereitung dieser wechselten die Kamelien vom Eigentum des Fördervereins in das des Freistaates Sachsen.
Wichtig ist aber zu wissen, dass die Kamelien aus dem Sortiment von T. J. Seidel nicht die ältesten Kamelien in der Zuschendorfer Sammlung sind. Vier alte Pflanzen bekamen wir von der traditionsreichen Moorbeetpflanzengärtnerei Erich Herrmann aus Doberlug-Kirchhain. Im Jahre 1874 wurde diese als Kunst- und Handelsgärtnerei durch Otto Herrmann unweit von Torgau in Welsau gegründet. Am 10.03.1885 wurde Erich Herrmann Senior dort geboren. Dies war für den stolzen Vater Otto Grund genug, nach Dresden zu reisen, um dort einige Kamelien aus diesem freudigen Anlass zu erwerben.
Alles weitere ist bekannt. Auch in Zuschendorf war das Leben der Kamelien nicht ungefährdet. Neben den genannten, meist um Gelder einzusparenden Versuchen, gab es ja anfangs nur wenig Glashausfläche. Es war eng, die Gärtner mussten die täglichen Wünsche der Kamelien erlernen und es gab Probleme mit viel zu hartem Gießwasser. Da wurde viel investiert. Inzwischen stehen 1.700 qm Gewächshausfläche für unsere Azaleen und Kamelien zur Verfügung. Zahlreiche Zisternen wurden gebaut, um ausreichen gutes Regenwasser zu speichern.
Eine vollständige Sicherheit gibt es nicht. Es bedarf auch weiterhin guter Gärtner und Chefs die ihre schützende Hand über die Sammlung halten. Nur so können die Kamelien ihr eigenes bisheriges Glück auch weiterhin an tausende Besucher weitergeben. Das Glücksrad bleibt also aktuell, auch wenn die Sterne heute günstiger stehen.
Eine weitere Szene der Ausstellung wird eine Dresdner Familie in ihrer Stube am 13. Februar 1945 zeigen. Sie sitzen vor ihrem Radio (auch Volksempfänger oder Göppelschnauze genannt) und hören mit Verwunderung aus dem verbotenen „Feindsender“ Radio Calais einen sich in Abständen wiederholenden Spruch: „Achtung, Achtung, Dresden. Johann kauft Kamelien“. Was da kam, war eine Warnung an die in Dresden lebenden Kriegsgefangenen, die Stadt vor dem bevorstehenden Angriff zu verlassen. Es zeigt aber auch, wie sehr in anderen Ländern wie Frankreich Dresden als Stadt der Kamelien wahr genommen wurde und vermutlich war mit Johann der alte Hofgärtner Johann Friedrich Seidel gemeint. Während große Teile Dresdens in der Flammenhölle untergingen, blieb die Seidel-Gärtnerei in Dresden-Laubegast bis auf Glasschäden weitestgehend unzerstört. So kamen unsere Kamelien wieder einmal davon.
Alle Szenen werden wie immer von Frau Dipl. Grafikdesignerin Bea Berthold gestaltet.
Zur „Deutschen Kamelienblütenschau“ werden wieder um die 1000 auserwählte Blüten aus ganz Deutschland, bereitgestellt von Orangerien, Botanischen Gärten, Gartenbaubetrieben und privaten Sammlungen, erwartet und in besonderen Gefäßen in den Festräumen des Landschlosses präsentiert. Die Freunde der Mitteldeutschen Kameliengesellschaft werden die Blüten mit gebotener Vorsicht aus allen Landesteilen herbeibringen und einen großen Teil der Ausstellungszeit manchen Ratschlag für die Besucher zur Kamelienpflege parat haben. Das verehrte Publikum ist zur Wahl der „Schönsten Kamelienblüte Deutschlands“ für das Jahr 2024 aufgefordert.
Die alten über einhundert Jahre alten Kamelien in den Glashäusern setzen von Jahr zu Jahr üppiger Knospen an und werden überreich blühen. Ihnen sind die zunehmend heißen Sommer sehr willkommen.
Die Kamelienschau unterteilt sich in:
01.03. – 14.04.2024 Kamelienblüte in den Glashäusern
Ausstellung der Sächsischen (Seidelschen) Kameliensammlung mit einer Vielzahl historischer Sorten v.a. des 19. Jahrhunderts auf 1500 m² Schauglasfläche. Die Hauptblüte ist Ende März zu erwarten.
02.03. – 10.03.2024 XXI. Deutsche Kamelienblütenschau im Landschloß
„Jung mit über 100 Jahren – die Zuschendorfer Kameliensammlung“
Die schönsten Kamelienblüten aus ganz Deutschland werden in besonderen Gefäßen in den festlichen Räumen des Landschlosses präsentiert. Das Publikum wählt die schönste Blüte Deutschlands (in Zusammenarbeit mit der Mitteldeutschen Kameliengesellschaft).
11.03. – 14.04.2024 XXI. Sächsische Kamelienblütenschau im Landschloß
16.04. – 01.05.2024 XVII. Azaleenschau im Landschloß
Die Sammlung der ehemaligen „Königlichen Hofgärtnerei zu Pillnitz“
umfasst heute 360 historische Sorten und wird im Schloss präsentiert.
Weihnachten im Landschloß
„Himmlischer Rauch – Weihnachtliches aus Thüringen und dem Erzgebirge“
27.11. – 15.12.2024
Wenn feine Rauchkringel nach oben schweben, dann tut es der Seele auf wunderbare Weise gut. Es hat etwas Beruhigendes; die Zeit steht still, ein Innehalten von der Hast des Lebens. Und diese himmlischen Düfte! Einmal ist es der Weihrauch, eine der Gaben der drei heiligen Könige an das Christuskind, die diesen Duft mit dem Weihnachtsfest für immer verbinden. Dann kommt der wohlriechende Rauch vielleicht aus einem erzgebirgischen Räuchermännchen oder -haus.
Oder es ist der Duft des Tabaks. Da ist meist ein älterer Herr in der Nähe, der in philosophische Gedanken versunken sein Dasein genießt. Dafür braucht es eine Pfeife, die oft aus dem thüringischen Schweina stammte. So kommen beide Weihnachtsländer, Sachsen und Thüringen, wieder zusammen.
Es war ein langer Weg, von der im Jahre 1492 von Kolumbus gemachten Beobachtung rauchender („Rauch trinkender“) Indianer bis in die Stuben des Erzgebirges. Damals war das Pfeiferauchen längst überall in Amerika verbreitet. In Europa gab es dann die Entwicklung von den Tonpfeifen zu den hölzernen, zu deren Fertigung rund 60 Arbeitsschritte notwendig waren.
Es bedurfte großer Fabriken, viele davon in Thüringen angesiedelt, die wiederum die Pfeifen so günstig herstellen konnten, dass sie sich auch ein Erzgebirgler mit schmalem Geldbeutel leisten konnte. Da saßen nun die herrlichsten Typen aller Berufe und Berufungen bei der Arbeit oder auf dem Feierabendbänkchen und schmauchten. Das rief geradewegs danach, diese figürlich nachzubilden. Das Räuchermännchen musste entstehen!
Im erzgebirgischen Seiffen, wie auch im thüringischen Schweina, war es das zu Ende gehende Berggeschrei, welches Bergleute nach neuem Broterwerb Ausschau halten ließ. War es in Seiffen das Zinn, so waren es in Glücksbrunn (heute Ortsteil von Schweina) Kobalt und Kupferschiefer, welche Ende des 17. Jahrhunderts versiegten. Von Schweina am Fuße des Altensteiner Parkes gingen die ehemaligen Bergleute ins benachbarte Ruhla, um sich Heimarbeit von den dortigen Pfeifenherstellern zu holen. Einer schaute sich dabei in Ruhla immer ganz genau um und studierte die Fertigung. Es war August Reich (1805 bis 1888), der 1864 seine Pfeifenfabrik „August Reich Söhne“ vor Ort begründete. Sein Sohn Sebastian übernahm die väterliche Firma, während Carl Sebastian Reich im Jahre 1887 seine eigene Firma „C. S. Reich“ gründete. Diese entwickelte sich zur größten Pfeifenfabrik Deutschlands. Nach dem Krieg war es wie bei den meisten größeren Betrieben. Die Firma wurde volkseigen und nach dem politischen Umbruch folgte 1990 die Schließung. Doch hier gab es einen Neubeginn, der aber leider nicht von Dauer war. Nach der nun endgültigen Schließung erwarb die Gemeinde das Areal, um es auch für kulturelle Zwecke zu entwickeln. In der Fabrik lagerten noch große Mengen an Materialien aus der Pfeifenproduktion. Diese werden wir in unserer Weihnachtsausstellung nutzen, um einen kleinen Pfeifenmacher-Arbeitsplatz aufbauen zu können.
Als der Bergbau die Familien der Bergleute im Erzgebirge nicht mehr ernähren konnte, begann man vor allem in den östlichen Teilen um Seiffen zu drechseln: Haushaltsgegenstände, Spielzeuge und auch Männel. Wie wir es auch schon von den Nußknackern kennen, so stammen auch die Ursprünge der Räucherfiguren aus Thüringen. In der Rhön und um Sonneberg sind bereits um 1830 solche bekannt, die wohl auch auf den erzgebirgischen Märkten verkauft und hier zum Vorbild eigener Figuren wurden. Die frühe Geschichte des erzgebirgischen „Raachermannels“ verbirgt sich noch im Dunkeln. Allgemein wird diese Erfindung Friedrich Ferdinand Frohs (1819 – 1880) und seinem damals bei ihm arbeitenden Neffen Gotthelf Friedrich Haustein (1835 – 1900) aus dem heute zu Seiffen gehörigen Heidelberg zugeschrieben. Als Jahre des Beginnens werden 1856/57 genannt, wobei aus dieser Frühzeit heute vermutlich keine Zeugnisse mehr existieren. Es ist aber auch möglich, dass die ersten Räucherfiguren im Annaberger Raum entstanden. Die Familie Haustein, vor allem der ab 1858 selbstständige Sohn Oswald Louis (1857 – 1929), seine Frau Hulda wie auch die Tochter nebst Schwiegersohn fertigten bis 1948 eine beachtliche Vielfalt dieser Figuren, die meist mit einem Gesicht aus Brotteig verfeinert wurden.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts wie auch zum Beginn des neuen nahmen immer mehr Männelmacher die „Raucher“ mit in ihre Fertigung auf. So wurde Seiffen mit den Familien Füchtner, Ullrich, Langer und Gläßer die Hochburg dieser gedrechselten Figuren. Bedeutung erlangten auch die Timmels in Marienberg-Kühnheide und die Börners in Neundorf.
In anderen Teilen des Erzgebirges wie in Olbernhau oder vor allem in westlichen Gebieten wurden Räuchermänner geschnitzt.
Zur Weihnachtsausstellung im Zuschendorfer Landschloß werden Räuchermänner fast aller Männelmacherfamilien vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in einer beeindruckenden Vielfalt zu sehen sein.
Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Die meisten der Männelmacher waren auch in der freiwilligen Feuerwehr. Eine funktionierende Wehr war nicht nur existentiell; die Treffen waren ebenso eine Abwechslung vom Alltag, man erfuhr die allerneuste Neu, trank den einen oder anderen Schluck in geselliger Runde und trieb auch manchen derben Spaß. Die Feuerwehr nahm so großen Raum im Leben der Menschen ein, dass sie natürlich auch ein wesentliches Thema bei der Spielzeug- und Männelmacherei war. Da gab es Feuerwehrgespanne und -autos in allen Größen, auch sehr verbreitet als Miniaturen. Die dazugehörigen Figuren, Gebäude, auch Brandruinen, ermöglichten ein umfangreiches Spiel. Aber auch bei den Weihnachtsfiguren, den Räuchermännchen und den Nußknackern gab es Feuerwehrmänner. In der Ausstellung wird reichlich davon zu sehen sein.
Zu guter Letzt das Schönste – die Christrosen. Am Rande des Teutoburger Waldes in Glandorf gibt es den Gartenbaubetrieb von Josef Heuger. In emsiger Zuchtarbeit, mit über vierzigjähriger Erfahrung und mit härtester Prüfung entstehen hier wahre Schätze von Christ-, Schnee- und Lenzrosen. Seit der Betriebsgründung durch Paul Heuger vor 65 Jahren wird der Grundsatz: „Keine Kompromisse in Sachen Qualität“ mit viel Leidenschaft verfolgt und gelebt.
Von den 65 Mitarbeitern des Unternehmens gehören zehn zum Züchtungsteam. Allein 200 eigene Sortenschutzrechte und Patente können die Züchter vorweisen. In einer guten neuen Sorte stecken 10 bis 20 Jahre Züchterfleiß. Vor Anmeldung einer neuen Sorte wird die Kandidatin auf verschiedene Standorte und Klimabedingungen getestet. Unterteilt werden die Pflanzen der Gattung Helleborus in drei Gruppen:
– die klassischen schneeweißen Christrosen in Sorten mit einer Blütezeit ab November
– die farbenfrohen Lenzrosen als Blüher im zeitigen Frühjahr
– die robusten, reichblühenden Schneerosen, von Dezember bis März blühend.
Darüber hinaus stehen für das Zimmer und als Schnittblumen geeignete Sorten auf dem Zuchtprogramm.
Warum nun gerade Christrosen? Dazu sagt Josef Heuger: „Ihnen wohnt ein Zauber inne. Wer in eine sich gerade öffnende Blüte schaut und diesem Zauber erliegt, kommt nie wieder davon los. Bescheidenheit, Güte, Unschuld, Trost, Hoffnung, Freude und vor allem schlichte, vollkommene Schönheit, all das sieht, wer sich verzaubern lässt, schon in einer einzelnen Blüte.“
Für unsere Ausstellung erhalten wir eine Auswahl der interessantesten Sorten. Ein besonderes Vergnügen dabei wird sein, dass diesmal unsere alte Märklin-Spur I- Eisenbahn durch „Wälder“ von Christrosen fahren wird. Ja, die Bahn hat auch wieder interessanten Zuwachs: Diesmal wird ein Schienenzeppelin seine Kreise drehen. Das Vorbild wurde 1929 von Franz Kruckenberg konstruiert und nur ein einziges Mal gebaut. Mit seinem Propellerantrieb erreichte er 1931 eine Geschwindigkeit von 230,2 km pro Stunde. Dieser Rekord wurde erst nach 24 Jahren gebrochen. Auch wenn das Vorbild bereits 1939 verschrottet wurde, blieb es doch eine Sensation, die bei Märklin in Blech und im Erzgebirge aus Holz zum Spielen nachgebaut wurde. In der Spurweite I, wie in Zuschendorf gezeigt, gibt es nur wenige Exemplare.
Darüber hinaus wird in beiden Schlossetagen alles dabei sein, was Weihnachten in Sachsen so ausmacht: die alten erzgebirgischen Männel, Pyramiden und Spielzeuge, ein großer Rummelplatz, dazu knisternde Feuer im Kamin und Glühwein im mittelalterlichen Schlossgewölbe.
Die Gestaltung der Ausstellung liegt wie immer in den Händen von Bea Berthold.
Und wenn am Ende nicht alles Schall und Rauch war, dann war’s einfach schön in Erwartung der kommenden Festtage.
Geöffnet ist:
Dienstag bis Sonntag: 10 – 17 Uhr
Montag: 10 – 16 Uhr
Der letzte Einlass ist 30 Minuten vor der Schließzeit.
Eintritt: 7,50 € / ermäßigt 6,00 €
Botanische Sammlung der TU Dresden
Mehr Infos zu den Pflanzen unserer botanischen Sammlung finden Sie hier.
Veranstaltungen
Führungen
- Führungen und weitere Angebote rund um das Landschloss finden Sie auf landschloss-zuschendorf.de