Werner G. Driesen,
Rechtsanwalt, Bonn

1. Juli 1998: Die Handelsrechtsreform tritt in Kraft

 

Mit Erscheinen dieses Hefts tritt die Handelsrechtsreform in Kraft (s. zuletzt den Überblick von Gustavus, GmbHR 1998, 17). Ihre Schwerpunkte liegen in einer Modernisierung des Kaufmannsbegriff sowie eine grundlegende Umgestaltung des Firmenrechts (dazu Bokelmann, GmbHR 1998, 57), ferner sind Vorschriften des GmbH-Gesetzes betroffen.

 

I. Kaufmann ist nun jeder Gewerbetreibende

Der bisherige Kaufmannsbegriff war mit seinen Unterbegriffen "Mußkaufmann", "Sollkaufmann", "Kann-Kaufmann" und "Minderkaufmann" selbst für "Fachleute" nur schwer zu durchschauen. Seit heute ist alles einfacher: als Handelsgewerbe gilt nach § 1 Abs.2 HGB

"jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert."

Jeder Gewerbetreibende wird also ohne Rücksicht auf seine gewerbliche Tätigkeit oder Branchenzugehörigkeit als Kaufmann angesehen, damit auch sog. Dienstleister, die mit dem heutigen Tag automatisch zu Kaufleuten werden (Gustavus, aaO, S.19). Freie Berufe fallen nach wie vor nicht unter den Kaufmannsbegriff. Ist ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich, kann sich der Gewerbetreibende freiwillig ins Handelsregister eintragen lassen.

Für die GmbH, die schon bisher Kaufmann kraft Rechtsform war, hat dieser neue Kaufmannsbegriff zwar keine praktische Bedeutung. Anders verhält es sich aber bei der GmbH & Co. KG, und insoweit eröffnenen sich Gestaltungsüberlegungen (dazu A. Schmidt, GmbH-StB 1998, Heft 7): Eine GmbH & Co. KG kann sich z.B. im Handelsregister eintragen lassen, wenn sie nur vermögensverwaltend tätig ist, sie kann auch bei nicht kaufmännischem Gewerbebetrieb zur Erlangung einer gewerblichen Prägung verwendet werden und sogar die erforderliche Qualifikation als Organträger erlangen.

 

II. Liberalisierung des Firmenrechts

Eine Sachfirma, die dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand entlehnt sein muß, war bisher schon für die GmbH zulässig (§4 Abs.1 GmbHG). Ab heute dürfen sich alle Unternehmensformen, also auch GmbH & Co. KG, die bisher nur eine Personenfirma bilden durfte, einer Sachfirma bedienen. Aber auch die Verwendung von Phantasienamen -- bisher generell verboten -- ist jetzt zulässig. Allerdings ist nach wie vor eine hinreichende Unterscheidungskraft gegenüber anderen Firmen erforderlich, und es gilt das Verbot der Irreführung (§ 18 Abs.2 HGB n.F.; zu beachten ist aber auch das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot gem. §3 UWG, das unabhängig von dem firmenrechtlichen Verbot besteht!).

Ein Rechtsformzusatz war bisher schon für GmbH vorgeschrieben. Künftig müssen auch alle anderen Unternehmensformen einen solchen führen. Deshalb wird die bisher zulässige Bezeichnung "GmbH & Co." künftig nicht mehr zulässig sein (Bokelmann, aaO, S.59); vielmehr muß es "GmbH & Co. KG" heißen.

Die vielfach bei Freiberufler-Gesellschaften gebräuchlichen Firmenzusätze "und Partner", "+ Partner" sowie "& Partner" sind nach dem Willen des Gesetzgebers ausschließlich für Partnerschaftsgesellschaften reserviert und dürfen ansonsten nicht mehr verwendet werden. "Alt"-Gesellschaften, die diesen Zusatz bereits vor dem 1.7.1997 in ihrer Firma führten, mußten ihn schon vor einem Jahr entweder entfernen oder bereits damals einen Rechtsformzusatz hinzufügen (s. die [Übergangs-]Vorschrift des §11 PartGG; dazu Hinweis des Bundesjustizministeriums vom 30.5.1997, GmbHR 1997, R 169). Wer es bislang noch nicht gemacht hat (es sind immer noch entsprechende "Alt"-Briefbögen im Umlauf ...), sollte es schleunigst nachholen!

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, daß jetzt alle Unternehmen auf ihren Geschäftsbriefen Firma, Rechtsform, Ort und zuständiges Registergericht mit Eintragungsnummer angeben müssen.

 

III. Wichtige ƒnderungen des GmbH-Gesetzes

Auch das GmbH-Gesetz hat wichtige Änderungen erfahren: Die freie Sitzwahl ist ab 1.1.1999 eingeschränkt: Es ist der Ort zu bestimmen, an dem sich ein Betrieb oder die Geschäftsleitung befindet bzw. die Verwaltung geführt wird.

Bisher mußte die Geschäftsführer einmal jährlich zusammen mit dem Jahresabschluß eine aktualisierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen (§ 40 Abs.1 GmbHG). Waren in der Zwischenzeit keine ƒnderung eingetreten, reichte eine "Negativerklärung". Ab 1.1.1999 ist eine neue Gesellschafterliste nach jeder ƒnderung in der Person eines Gesellschafters oder im Umfang seiner Beteiligung einzureichen. Zusätzlich sind auch die Geburtsdaten der Gesellschafter anzugeben. Schließlich muß ein Notar, der eine Anteilsübertragung i.S.d. § 15 GmbHG beurkundet, diese dem Gericht anzeigen.

 

IV. Erweiterung der Umwandlungsmöglichkeiten

Durch die Handelsrechtsreform werden auch neue Umwandlungsmöglichkeiten eröffnet: Die Umwandlung von Einzelunternehmen in GmbH (durch sog. Ausgliederung) setzte bisher eine Eintragung des Einzelkaufmanns im Handelsregister voraus (§ 152 S.1 UmwG). Durch freiwillige Eintragung von Nicht-Kaufleuten ist jetzt auch eine Umwandlung ohne vollkaufmännische Geschäftseinrichtung denkbar. Der Formwechsel einer GbR in eine GmbH war mangels Aufnahme in den Katalog des § 191 Abs.1 UmwG bisher nicht möglich. Durch freiwillige Registereintragung wird auch aus ihr ein umwandlungsfähiger Rechtsträger.

Ob die Verschmelzung einer GmbH auf ihren Alleingesellschafter, der nicht (als Vollkaufmann) im Handelsregister eingetragen ist, zulässig ist, wird von einzelnen Gerichten verneint (zuletzt Vorlagebeschluß des OLG Celle, OLGR 1998, 7). Durch Ergänzung des § 122 Abs.2 UmwG wird diese Möglichkeit jetzt ausdrücklich eingeräumt (wodurch sich das erwähnte Vorlageverfahren an den BGH eigentlich erledigt hat; dazu Neye, GmbHR 1998, R 145).