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Guten Tag !

Liebe Besucher meiner Seite,

herzlich willkomen hier bei mir im Livland-Blog !

Livland ist eine nach dem alten Volk der Liven
benannte Landschaft, die noch im Mittelalter
große Teile Estlands und Lettlands umfaßte.

Ich stamme aus dem lettischen Teil Livlands,
das man im Lettischen heute „Vidzeme“ nennt,
aus der Gegend vom Lemsal (lettisch: Limbazi)
am östlichen Ufer der Rigaer Bucht (Ostsee).

Meine livländische Heimat ist mir sehr wichtig,
und ich möchte den Besuchern meiner Seite
einige Eindrücke von Natur und Kultur sowie
den Menschen Livlands vermitteln.

Warum ich mich als Nutzerin „Liefland“ nenne ?
Nun, „Livland“ und „Vidzeme“ waren besetzt –
und ich habe einen positiven Bezug zum Begriff
„Liefland“: Es ist die alte deutsche Schreibung
von „Livland“, und zu den Deutschen haben wir
immer eine enge, fruchtbare Beziehung gehabt !

Vielleicht trägt mein Blog ja ein wenig dazu bei,
daß diese alte Beziehung neu belebt wird ?!

Viel Freude jedenfalls beim Besuch meiner Seite
und herzliche Grüße aus dem Baltikum,

Ihre / Eure Ingrida Briede

TEXT Ingrīda Briede, Ubersetzung Johannes Baumann, Fotos: http://fotki.lv/lv/noskumusi/573984/

Es gibt einen Ort in unserem Nachbarland Estland, zu dem ich von Zeit zu Zeit hinfahren und dabei auch meine Freunde mitnehmen möchte. Das ist eine ganz eigenartige Welt – diese Dörfer der Altgläubigen Kolkja, Mustve, Kallaste und Raja am estnischen Ufer des Peipus Sees. Von Lettland her ist der Weg nicht allzu weit – etwa 80 km von der Grenzstadt Valka bis nach Tartu und dann noch 40 bis zur Küste des Peipus Sees. Einst stand hier die Kultur der Altgläubigen in voller Blüte, die Menschen lebten hier in einer abgeschlossenen Umgebung, und der Glaube und die Tradition prägten die Leute sehr stark. Nun herrscht auch hier wie überall das Globale, die Traditionen machen sich nicht mehr eindeutig bemerkbar, die Jugend hat sich bei ihrer Arbeitssuche über alle Welt verstreut, aber dennoch ist hier etwas von dem Vergangenen zu bemerken. Die Menschen vor Ort befürchten, dass die Welle der Touristen die letzten verbliebenen Traditionen zerstören könnte, aber vielleicht kommt es dadurch zu etwas ganz anderem und trägt dazu bei, dass die Tradition erhalten bleibt, denn viele Touristen suchen das Ursprüngliche und Echte.
Wenn man zum Peipus See fährt, dann sollte man auf jeden Fall in Tartu Halt machen und dort die Universität und die Antonius Gilde, das Haus der Handwerker, besuchen, einen Spaziergang durch die Altstadt machen und den Domberg besteigen. Die Einwohner der Stadt sind stolz auf ihre St. Johanniskirche in der Mitte der Altstadt. Dort kann man etwas ganz besonderes sehen – Tausend winzige Terrakottaskulpturen aus dem Mittelalter. An anderen Orten in der Welt gibt es vielleicht an einer Stelle 400, aber hier tatsächlich Tausend. Dabei ist es interessant, zu erfahren, dass es noch bis zum Zweiten Weltkrieg nicht bekannt war, dass solche Skulpturen überhaupt existierten, aber während des Krieges wurde durch eine Explosion die Stukkatur niedergerissen und dadurch diese Schätze aus vergangenen Zeiten an das Licht gebracht. In der Kirche kann man auch eine Ausstellung besichtigen und dort befindet sich auch ein kleines christliches Geschäft, und sehr oft finden dort Konzerte statt. Die Domruine steht auf dem Domberg über Tartu seit der Zeit der Reformation. Eins war das Bistum Tartu ein eigenes Bistum. (Über die Livländische Zeit kann man auch viel im Museum der Burg von Turaida erfahren.)

Der Peipussee, Zwiebeln und geräucherter Fisch
Eine neu erbaute Autostraße führt uns von Tartu zur Küste vom Peipus See und zum Dorf Varnja. Dort beginnt ein langer Weg, an dessen Rande viele kleine Häuser im russischen Stil mit ihren Vorgärten stehen. Dieser Weg erstreckt sich mit kurzen Unterbrechungen fast an der ganzen Küste vom Peipus See entlang. Und nun sollte man die Augen sehr weit aufmachen, denn hier gibt es viel zu sehen. Im Frühjahr sind es die Holzfällerarbeiten, später die Arbeiten des Säens und Pflanzens und noch später das Einbringen der Ernte vor allem der Zwiebeln in jedem Hof. Unsere Fremdenführerin im Museum der Altgläubigen Anna berichtet: „Für die Einwohner der Dörfer ist die Arbeit sehr wichtig. Im Frühjahr schauen wir nach, ob die Nachbarn noch draußen sind und im Garten arbeiten., wenn sie das nicht tun, dann ist ihr Leben zu Ende gegangen. Denn alle, die sich noch bewegen können und leben, die arbeiten – die Frauen im Garten und die Männer sind unterwegs zum Fischen.“ In jedem Garten gibt es erhöhte Zwiebelbeete, und eins der Souvenirs, dass man immer von hier vom Peipus See mitnehmen sollte, ist ein prächtiges Gerät zum Sieden der Zwiebeln. Früher haben die Einwohner am Peipus See das ganze Gebiet von Helsinki und Petersburg bis hin nach Riga mit Zwiebeln versorgt. Von der einstigen Weite dieses Gebietes ist heute nur noch ein Viertel übrig geblieben. Ebenso beschäftigen sich die Menschen vor Ort mit der Fischerei. Auch jetzt ist der Peipus See eine beliebte Stelle für das Angeln im Winter und die Hauptsaison für den Tourismus ist hier der Winter, an dem sich die Männer zusammentun, die keine Angst davor haben, die kältesten Tage im Winder auf dem See zu verbringen, viele Kilometer vom Ufer entfernt. Am Peipus See gibt es auch eine Fischkonserven Fabrik, und in dem kleinen Geschäft in Mustve kann man alle Arten von Fischkonserven kaufen.

Kolkja – Geschichte und Kultur der Altgläubigen
Wenn man nach Kolkja kommt, sollte man zuerst das neu erbaute Informationszentrum vom Peipus See besuchen. Hier berichten uns die freundlichen Mitarbeiterinnen, was in der Umgebung sehenswert ist. Im Geschäft kann man verschiedene Souvenirs einkaufen und sich mit einer Tasse Kaffee stärken. Zu den Souvenirs gehören Handarbeiten, selbst hergestellter Zucker und Tee. Die Handarbeiten stammen von den Frauen aus den Dörfern oder werden im großen Saal des Informationszentrums angefertigt. Auf jeden Fall sollte man in Kolkja das Museum der Altgläubigen besuchen. Die gut informierte Fremdenführerin Anna gibt uns Einblick in die Traditionen der Altgläubigen und demonstriert uns, wie die Altgläubigen ihre Gebete singen. Inzwischen bin ich dort mehrfach gewesen, aber jedes Mal erfuhr ich viel Neues. Die Kultur der Altgläubigen ist bewundernswert tief und eigenartig.
Die Bewegung der Altgläubigen entstand um 1654, als der Moskauer Patriarch Nikon eine Revision der Gebet- und Gesangbücher durchführte und damit an die griechisch orthodoxe Kirche näher heranrücken wollte. 1666 trennte sich eine Gruppe von Menschen, die diesen Reformen nicht zustimmen wollte, von der russisch orthodoxen Kirche. Die größten Unterschiede zwischen den orthodoxen und den altgläubigen gibt es in der Liturgie. So bekreuzigen sie sich auf verschiedene Weise, oder in der Osternacht umschreiten sie die Kirche unterschiedlich (die Altgläubigen in Uhrzeigerrichtung und die Orthoxen gegen die Uhrzeigerrichtung). Auch haben sie verschiedene Kreuze. Die Altgläubigen haben keine eigenen Priester, aber die Väterchen aus der Mitte der Dorfbewohner, die das Amt eines Sprechers wahrnehmen Sehr wichtig ist für sie die Beichte. Jeder von ihnen muss einmal im Jahr zur privaten Beichte gehen. Wenn jemand gestorben ist, dann betrachtet man zuerst sein Kirchenbüchlein, ob er während der letzten Jahre gebeichtet hat. Wenn das geschehen ist, dann verläuft das Bestattungsritual in der vollen Länge und der Verschiedene wird mit seinem vollen Namen genannt. Liegen keine Eintragungen vor, dann werden in der Liturgie ganz andere Psalmen gelesen und die Bestattung verläuft anonym, das bedeutet, dass bei der Bestattung der Name des Verstorbenen nicht erwähnt wird. Eigentlich sollte jedes Dorf seinen geistlichen Leiter haben, doch das ist jetzt nur selten der Fall. Daher haben es die Altgläubigen mit der Beichte heute oft leichter. Sie geschieht für alle Männer eines Dorfes gemeinsam, und von ihnen getrennt für alle Frauen. Da wird das Sündenbekenntnis aus einem Buch vorgelesen und darauf bekennen alle gemeinsam ihre Sünden. Für die Altgläubigen ist auch das Fasten sehr wichtig. Dabei verzichten sie auf verschiedene Lebensmittel und auf den Geschlechtsverkehr. Jemand hatte einmal ausgerechnet, dass es im Jahr nur 50 Tage gäbe, an denen die Altgläubigen nicht zu fasten brauchten. Die Kinder werden innerhalb einer Woche nach ihrer Geburt getauft. Dabei muss das Wasser „lebendig“ sein, das heißt es darf nicht der Wasserleitung entnommen werden, sondern muss einem See oder Fluss entnommen sein. Unsere Fremdenführerin Anna erinnert sich daran, dass ihr Brüderlein mit Seewasser getauft wurde, auf dem noch Eisstücke schwammen. Für die Altgläubigen ist die Trauung kein Sakrament. Das junge Paar bat die Eltern um ihren Segen für die Ehe und richtete dann ihre gemeinsame Wohnstätte ein. In späteren Jahren verlangte der Staat die standesamtliche Trauung. Die Altgläubigen achteten sehr streng darauf, dass die Familie ihre Mahlzeiten aus ihrem eigenen Geschirr einnahm und dass man einem Fremden auf keinen Fall ein Getränk in einem Gefäß anbieten dürfte, das die Familie benutzt, sondern dass es für Gäste besondere Gefäße gab. Ebenso musste auch ein Mann aus der Familie, wenn er seine Arbeit irgendwo in der Ferne verrichten musste und dann nach längerer Zeit wieder nach Hause zurückgekehrt war, sich zwei Wochen lang einer Art Quarantäne unterziehen und durfte dann nicht bei den Mahlzeiten die Gefäße der Familie benutzen. Nach zwei Wochen musste er sich in der Sauna gründlich reinigen und durfte danach wieder das Geschirr der Familie benutzen.
Bereits im 16. Jahrhundert suchten die Altgläubigen außerhalb Russlands im heutigen Baltikum nach Möglichkeiten, in ihrer Glaubensfreiheit zu leben. Die größte altgläubige Gemeinde gibt es heute in Daugavpils. An dem Ufer vom Peipus See entstand eine geschlossene Gemeinschaft mit ihren Traditionen. Und dennoch hatten die Altgläubigen auch hier nicht immer ein ruhiges Leben. Im 18. Jahrhundert konnten die Altgläubigen friedlich leben und ihre Traditionen ungestört pflegen, doch etwa 1820 begannen die Verfolgungen. Die Altgläubigen durften nicht mehr eigene Bethäuser erbauen und Gottesdienste halten mit ihren Zeremonien. Es wurden Vorfälle beschrieben, dass man Bethäuser der Altgläubigen zu orthodoxe Kirchen umbaute, den Eltern ihre Kinder wegnahm, diese orthodox taufte und sie an orthodoxe Familien zur Erziehung weiter gab. 1833 wurde es den Altgläubigen wieder erlaubt, Kirchen zu bauen und Gottesdienste zu halten. 1905 trat das Gesetz von der Freiheit des Glaubens in Kraft, und seitdem konnten die Altgläubigen ihre Gemeinden und Organisationen offiziell registrieren lassen.
Die Jahre des freien Baltikums zwischen den beiden Weltkriegen vergingen an der estnischen Küste vom Peipus See friedlich, aber die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg brachten wieder neue Einschränkungen mit sich. Nachdem Estland jetzt wieder seine Freiheit zurück gewonnen hatte, konnten die Altgläubigen im vollen Maße ihr geistliches Leben führen, altgläubige Museen erbauen und in den Schulen den Kindern die Grundlagen des Glaubens vermitteln.
Eine weitere Attraktion in Kolkja ist das Restaurant der Altgläubigen. Hier wird die Möglichkeit angeboten, sich traditionelle Mahlzeiten aus dieser Küstengegend schmecken zu lassen – Fischsuppe, gebackenen Fisch, Zwiebelgerichte, sich bei dem Nachtisch die Piroggen schmecken zu lassen und sich ein Stück Zucker seitlich in den Mund zu stecken und dazu grünen Tee aus dem Samowar zu trinken

Der Friede, wie er nur am Peipus See möglich ist.
Als nächsten Halt empfehle ich das kleine Dorf Kallaste. Auf dem Wege kann man die Burg Alatskivi betrachten, was wie ein Rückzug von der Kultur des Altgläubigen anmutet. Die Burg weist Elemente der estnischen, deutschen und schottischen Bautraditionen auf. Im kleinen Dorf Kallaste lohnt es sich, den Weg am See entlang einzuschlagen und dann den Weg zum Friedhof der Altgläubigen zu nehmen. Die Verstorbenen von Kallaste ruhen auf einer Höhe über dem Uferrand unmittelbar neben dem See. Besonders merkwürdig sehen die Kreuze der Altgläubigen aus. Auf dem oberen Querholz steht altslawisch geschrieben „Vater des Lichtes“ und „Jesus“; auf dem nächsten Querholz „Gottes Sohn“, doch das untere schräge Querholz enthält den Namen des Verstorbenen und erinnert an die beiden Schächer, die zur Seite Jesu auf Golgatha auch rechts und links von ihm gekreuzigt wurden. Wenn wir am Zaun des Friedhofs entlang gehen, kommen wir wieder an das Ufer vom See und an den kleinen Badestrand. Das andere Ufer – das russische – kann man nicht sehen, so dass der Eindruck entsteht, manwäre an dem Ufer eines Meeres.
An der Küste vom Peipus See gibt es sehr viele Übernachtungsmöglichkeiten. Über sie sowie über weitere Ziele für eine Besichtigung sowie über das Museum kann man zu den Gschäftszeiten des Büros und des Dorfkruges und im Internet unter http://www.peipsi.ee weitere Einzelheiten erfahren. Schwerer wird es mit Übernachtungsmöglichkeiten für größere Gruppen. Eins der größten Nachtquartiere ist „Kadrinas hosteli“ einige Kilometer vom Seeufer entfernt. Das hat der Holzbildhauer Taavi Pikk mit seiner Frau erbaut. Unweit vom Nachtquartier hat der Holzbildhauer seine Werkstatt, und auf dem Hof kann man Holzskulpturen betrachten, welche der Künstler selbst hergestellt hat., auch Möbel aus Holz und kleine Märchenhäuser fürKinder.
Am nächsten Tag der Exkursion kann man den Ausflug entlang der Küste vom Peipus See damit fortsetzen, dass man in eines der Bethäuser der einkehrt, sich eine Kollektion von Samowaren ansieht, sollte das Waagenmuseum in Muste besucht. Nach Lettland kann man wieder zurückkehren, wenn man einen Umweg über Peltsama macht und dort den Rosengarten betrachtet und dort eine Kostprobe vom estnischen Wein nimmt und durch das schöne Städtchen geht.

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Kultur | 28.12.2010
Tallinn ist Kulturhauptstadt 2011

Tallinn putzt sich heraus: Das ganze Jahr 2011 wird die Hauptstadt von Estland kultureller Mittelpunkt Europas sein. 250 verschiedene Veranstaltungen und Festivals sind in der Stadt am finnischen Meerbusen geplant.

„Geschichten vom Meer“ lautet das Motto Tallinns. Maris Hellrand, Sprecherin des Organisationsteams von Tallinn 2011, weiß warum: „Die Beziehung der Stadt zum Meer ist unser roter Faden. Zwar liegt Tallinn am Meer, dieses Potential hat die Stadt aber noch nicht ausgeschöpft.“ Der Grund: Bis zum Ende der Sowjetzeit in Estland war das innerstädtische Ufer militärisches Sperrgebiet.

Heute sind die Soldaten zwar weg, doch der Zugang ist noch immer verbaut. Das Kulturhauptstadtjahr soll dies ändern. „Im Moment steht da noch ein altes Gefängnis am Ufer – ein Gefängnis mit Seeblick!“, lacht Hellrand, „die Strandpromenade davor wollen wir jetzt aber zu einem Kulturkilometer umbauen“. Der „Kulturkilometer“ wird das Herzstück der Kulturhauptstadt. Hier sollen die meisten Veranstaltungen stattfinden.

Brennendes Kino, strampelnde Theatergänger

Estland will sich 2011 als modernes, europäisches Land präsentieren. Dazu passt die Einführung des Euro am 1. Januar. Dazu passt aber auch ein Kulturkonzept, das sich von Althergebrachtem löst. Das gilt zum Beispiel für „60 seconds of solitude in the year zero“. Initiator Indrek Kasela schwärmt: „Das Projekt ist eine Liebeserklärung ans Kino. Wir haben Regisseure aus aller Welt gebeten, einen Einminüter zum Thema Einsamkeit zu drehen – die werden zu einem Einstundenfilm zusammengeschnitten.“ Gezeigt wird der Film im August. Allerdings nicht im Kino, sondern auf einer großen Leinwand, die im Meer steht.

Die Besucher können vom Ufer aus zusehen und werden dort erleben, wie am Ende der Performance Leinwand und Filmrolle in Flammen aufgehen. Das Besondere: Die Filmrolle wird die einzige Kopie des Films überhaupt sein. „60 seconds of solitude“ ist somit im wahrsten Sinne des Wortes einmalig. Im Zeitalter unbegrenzter digitaler Reproduzierbarkeit will das Projekt damit ein Zeichen setzen.

Etwas nachhaltiger geht es bei einem anderen Projekt zu: Dem für Mai geplanten „MIM goes sustainable“, eine Mischung aus Performance und Theater. MIM setzt dabei aber nicht nur Energie frei – es produziert auch selbst welche. Denn hier sind es die Zuschauer, die für Strom sorgen. Während der gesamten Aufführung sitzen sie auf Fitnessrädern, treten in die Pedale und sorgen so für eine Bühnenbeleuchtung, die von fossiler Energie praktisch unabhängig ist.

Einblick in die estnische Seele

Das eigentlich alle fünf Jahre stattfindende estnische Sängerfest wurde deshalb eigens für das Kulturhauptstadtjahr um ein Jahr nach vorne verschoben. Chorsingen ist in Estland ein Jahrhunderte alter Brauch.

Der spielte auch beim Kampf um die die Unabhängigkeit 1991 eine Rolle: Damals protestierten die Esten während der „Singenden Revolution“ friedlich mit Chorgesang gegen die sowjetischen Besatzer. Tausende Menschen werden sich Anfang Juli wieder für mehrere Tage auf dem Sängerfestgelände am Rande der Stadt versammeln. Maris Hellrand weiß: „Dieses Fest ist die Chance, während eines Wochenendes in die Seele der Esten zu blicken. Das ist, was wir sind. Das ist, weswegen wir überhaupt sind.“

Ein Museum fast im Meer

Der mediale Höhepunkt wird am 15. Juli die Eröffnung des Meeresmuseums sein. Dazu wurde der alte Hangar für Wasserflugzeuge direkt am Ufer umgebaut. Entstanden ist eine große Gewölbehalle mit eingezogenen Balustraden, auf denen dann die Menschen herumlaufen und aufs Meer blicken können. In der Silvesternacht werden die Esten das Kulturhauptstadtjahr 2011 mit einer Feier auf dem Theaterplatz begrüßen. Tallinn freut sich darauf, für ein Jahr im Fokus zu stehen – und den Europäern „Geschichten vom Meer“ zu erzählen.

Autor: Friedel Taube
Redaktion: Matthias von Hein
http://www.dw-world.de

Letzte Woche habe ich eine Frau besucht, die bis jetzt in Lemsal arbeitete
und auf dem Lande, im typisch lettischen Einzelhof „Malzemnieki“, wohnte.
Leider ist auch sie jetzt arbeitslos geworden, in den Zeiten dieser „Krise“ –
und auf der Suche nach einer neuen Arbeit. Die meisten Arbeitssuchenden
verlassen ja das Land, gehen nach Riga – oder wandern gleich ins Ausland.
Für sie aber kommt ein Umzug nicht in Betracht. Das Haus ist ihr persönlich
sehr wichtig: Hier lebten ursprünglich alle ihre Vorfahren – auch ihre Mutter,
bevor sie nach Sibirien deportiert wurde.

„Malzemnieki“ liegt zwischen Pale und Allendorf (Aloja), im Norden Lettlands,
nicht weit entfernt von der estnischen Grenze. Hier in der Umgebung gibt es
viele verlassene und verfallene Häuser, und deshalb finde ich es großartig,
daß es Menschen gibt, die ihre Häuser nicht verlassen und sie erhalten wollen
– damit die lettische Einzelhoftradition auch noch in die Zukunft besteht !

Irena – so heißt die Frau – hat mit ihrem Sohn das Haus liebevoll gepflegt –
und auch einen schönen Garten eingerichtet. Aber dort herrscht jetzt Krieg !
Nein, diesmal kein Ausrottungskrieg der Bolschewisten gegen das lettische Volk,
sondern Irenas Krieg gegen eine schon in Sowjetzeiten eingeschleppte Pflanze:
den Riesen-Bärenklau, den wir auf Lettisch kurioserweise „Latvani“ nennen…
Fast jeder Morgen beginnt für Irena mit der Bekämpfung dieser Pflanzen-Pest.
Dieser Bärenklau ist ein großwachsende Pflanze, deren Saft bei jeder Berührung
und oft auch schon beim Darunterhinweggehen oft schwerste Verbrennungen
verursacht, sobald die Sonne leicht auf die betreffenden Hautpartien scheint.
Der Kampf gegen diese Pflanze ist äußerst schwer und erscheint fast unendlich.
Um an europäische Fördergelder zu kommen, müßte das Verbreitungsareal fünf
Hektar umfassen – was es an vielen Stellen in Lettland tut, ohne daß dagegen
eingeschritten würde. Irenas Gebiet ist „leider“ kleiner, aber die Pflanze ist hier
genauso bösartig wie sonst und will der jahrelangen Bekämpfung nicht weichen.
Aber Irena glaubt fest an ihren Erfolg !

Gemeinsam mit Irena fuhr ich zum Friedhof von Allendorf. Hier wird nun bald
das „kapusvetki“, ein lettisches Friedhofsfest (bzw. Gräberfest), stattfinden.
Für uns Letten ist das eine wichtige Tradition, denn dann kommen die Familien
zusammen, um die Gräber ihrer Vorfahren zu besuchen und sich zu erinnern.
Irena pflanzte einige schöne Blumen – und schon begann ein heftiges Gewitter.
Ohne unsere Arbeit wirklich beenden zu können, mußten wir zum Wagen und
fahren. Unterwegs nach Hause konnten wir zum Ausgleich dafür noch etliche
herrliche Naturschauspiele bewundern – so wie dieses hier:

Eine kurze Regenpause erlaubte uns, beim verlassenen Hof „Varnas“ zu halten.
Das früher sehr schöne Haus mit einer großen Wirtschaft ist heute verfallen,
der Garten ist überwuchert, und einen Stromanschluß gibt es schon lange nicht.
Wer wird den Mut haben, das Haus zu kaufen und mit neuem Leben zu füllen ?!
Hoffnung macht Irenas Bericht: Als sie in ihr Elternhaus Malzemnieki zurückkam,
sah alles zunächst genauso aus wie hier. Was für ein unglaublicher Wandel !!!
Es ist also möglich, solche Häuser dem Tod zu entreißen – mit Irenas Energie.
Hoffen wir, daß es noch viele Irenas bei uns in Lettland und überall sonst gibt !

Übersetzung: Thomas W. Wyrwoll

Lettland: Jāņi

In Lettland wird Jāņi vom 23. bis 24. Juni als populärster Feiertag begangen. Beide Tage sind in Lettland Feiertage.

Lettische Mythologie spricht allen Gräsern und Blumen, welche am Tag vor Mittsommer gesammelt werden, spezielle Heilkraft für Mensch und Tier zu. Sie werden in Kränze geflochten und zu Sträußen gebunden. Traditionell schmücken sich die Frauen mit Blumenkränzen, während die Männer Kränze aus Eichenlaub tragen. Sowohl Tür und Tor, als auch ausgesuchte Räume und Stallungen, aber auch die Tiere werden mit diesen Johannisgräsern (lettisch: jāņu zāles) geschmückt. Die Kränze ahmen die Form eines Eis als „Ursprung des Lebens“ nach. Sie sollen somit die Fruchtbarkeit der Natur widerspiegeln.

Für das Johannesfest stellt die Hausherrin Kümmelkäse her. Der Hausherr widmet sich dem Bierbrauen. Mittlerweile wird diese Prozedur jedoch häufig durch das „Bierkaufen“ ersetzt. Durch das Darbieten von Käse und Bier, durch das Singen und Tanzen werden allen „Johanneskindern“ (lettisch: jāņu bērns) die Segnungen der Natur und ihrer Götter zuteil, während sie selbst Gäste bei der Hochzeit vom Himmelsvater Dievs mit der Mutter Erde Mara sind.

Eine spezielle Tradition bilden die līgo-Gesänge – Dainas zum Johannisfest mit einem charakteristischen Refrain – līgo, līgo. Nach alten Überlieferungen wurde dieses Wort līgo vom Gott Jānis (deutsch: Johannes) zur Erde gebracht, um die Felder zu segnen und reiche Ernte zu bringen.

In mehreren tausend Liedern werden die Saule (Sonne), der Jānis (oft auch Sohn Gottes genannt), sowie die Jāņu māte und Jāņu tēvs („Johannesmutter“ und „Johannesvater“, die Hausherren eines jeden Gehöfts) besungen. Die Jāņa bērni („Johanneskinder“, die festliche Prozession) ziehen mit Kränzen und Gräsern geschmuckt singend von Hof zu Hof, verlangen singend nach der traditionellen Mittsommer-Mahlzeit (Käse und Bier) und wünschen Glück, Segen und Fruchtbarkeit.

Das Johannesfest findet seinen Höhepunkt in den Johannesfeuern, welche vor Sonnenuntergang angezündet und bis zum Sonnenaufgang in Gang gehalten werden. Auf dem Lande wird das Johannesfeuer auf einem Hügel entfacht, wobei ein Teerfass auf einem Pfahl, ein in Teer getunktes und mit Stroh umwickeltes Wagenrad oder spezielle Fackeln verwendet werden. Das Johannesfeuer wird als reinigend und für Gesundheit und Fruchtbarkeit als förderlich betrachtet. Außerdem soll es alles Übel von den durch das Feuer beleuchteten Feldern, Häusern, Menschen und Tieren vertreiben.

Entlang der Küste werden die Johannesfeuer meist direkt am Strand entfacht. Hierbei wird die Gelegenheit genutzt, um im Laufe der Zeit angeschwemmtes brennbares Material einzusammeln oder auch durch Naturgewalten umgestürzte Bäume in den „ewigen Kreislauf“ von „Erde – Wasser – Feuer – Luft“ zurückzubringen.

Aus Wikipedia
Fotos: http://fotki.lv/lv/noskumusi/543350/

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Lielā talka oder Der Große Einsatz

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Am letzten Samstag im April – das ist in diesem Jahr der 24. – findet

in Lettland die „Lielā Talka“ statt – bzw. „Der Große Arbeitseinsatz“.

„Talka“ ist ein Wort, das nur schwer zu übersetzen ist. Es bedeutet,

daß Nachbarn, Verwandte oder auch Freunde zusammenkommen,

um eine größere Arbeit gemeinsam zu bewältigen. Wenn z.B. ein

großes Kartoffelfeld an einen einzigen Tag abgeerntet werden muß,

ruft man seine Umgebung zu einer „Talka“ zusammen.

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Zur sowjetischen Zeit gab es eine kommunistische „Talka“ . Diese

fand immer am 22. April jedes Jahres statt. Fur Schüler und alle

Arten von „Kollektiven“ war es damals Pflicht, daran teilzunehmen.

Meistens war an solch einem Tag eine bedeutende Stadt zu reinigen,

ein vom Staat geschätzter Park zu entbuschen oder etwas ähnliches.

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Nun ist diese Tradition ist wieder lebendig geworden, aber unter

einem anderen Vorzeichen: Den Menschen wird bewußt gemacht,

daß sie für ein saubereres, schöneres Lettland arbeiten müssen –

und dafür ist jedes Jahr wieder eine Menge zu tun !

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Die anfallenden Aufgaben sind seit Sowjetzeiten dieselben geblieben:

Den vielen achtlos weggeworfenen Müll aus der Landschaft sammeln

(ein nächster Schritt wäre, den Menschen beizubringen, keinen Müll

in die Natur zu werfen), Parks zu säubern usw.

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Geboren wurde die Idee der Großen Talka 2008 zur 90-Jahr-Feier der

Unabhängigkeit Lettlands. In zehn Jahren, d.h. bis zur 100-Jahr-Feier,

möchte man Lettland und die Länder des östlichen Ostseeraums zur

„saubersten Region der Welt“ gemacht haben. Nicht nur die Letten sind

aktiv: Auch unsere baltischen Nachbarn und die Region St. Petersburg !

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In Lettland ist diese neue Tradition sehr schnell richtig beliebt geworden:

Fast in jeder größeren und kleineren Stadt, und in praktisch jedem Dorf

finden solche Arbeitseinsätze statt – rund 1.000 Arbeitseinsätze sind bei

den staatlichen Behörden gemeldet !  Und wirklich alle machen dabei mit:

Unternehmen, Schulen und Universitäten, die Armee und alle Behörden –

und sogar der Präsident Lettlands als Schirmherr legt selbst Hand an !

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Wenn jemand lieber alleine arbeiten will, geht das aber auch. Er kann

dann zum nächsten Supermarkt oder in eine lokale Behörde gehen,

dort einen Müllsack bekommen und sich auf Wunsch auch eine konkrete

Aufgabe zuweisen lassen. Den Müll kann er nachher kostenlos abgeben.

Talka-Zeit ist dabei genau von 9 Uhr morgens bis 2 Uhr nachmittags !

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Mehr über die „Liela talka“ findet man – auch auf Russisch und Englisch ! –

auf der Internetseite www.talkas.lv

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Übersetzung: Thomas W. Wyrwoll
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Heute will ich Euch von der Blauen Kuh aus Kandau (lett.: Kandava),

einer Stadt in Kurland erzählen, der ich letzten Sommer begegnet bin.

Wie sie heißt, weiß ich nicht – aber sie hat ganz bestimmt einen Namen,

weil lettische Kühe immer einen Namen tragen. Aber meine Kuh ist

darüberhinaus eine ganz besondere Kuh – und zwar eine blaue Kuh!

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Kein Scherz: Kühe dieser Rasse tragen tatsächlich ein blaues Fell !!!

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Die Lettische Blaue Kuh ist eine sehr seltene Rasse, die vor kurzem

sogar noch vom Aussterben bedroht war.  Im lettischen Zuchtbuch

kann man heute wieder 89 Kühe dieser Sorte finden. Vor zehn Jahren

unterstützte die UNO die Erhaltung der Rasse, und seitdem beginnt

die Zahl der Blauen Kühe langsam wieder zu wachsen.

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Unsere Wissenschafler denken, daß die Rasse aus Kurland stammt.

Das ist der Zipfel Lettlands, der im Westen weit in die Ostsee ragt.

Hier gehörten sie den letzten Nachfahren der Liven, eines kleinen

finno-ugrischen Volkes. Die finnischen Völker hatte eigene Rassen

an Haustieren, die sich von denen der Europäer klar unterschieden.

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In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts lebten Blaue Kühe auch

im lettischen Teil Livlands (Vidzeme), in der Umgebung von Wenden

(lett.: Cesis) und Wolmar (lett.: Valmiera). Auch hier siedelten früher

Liven, die inzwischen ganz mit den Letten verschmolzen sind.

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Die Blaue Kuh ist ein genügsames Tier, braucht nicht viel Futter –

für sie reichen die Pflanzen, die wild am Ostseestrand wachsen –

und übersteht selbst schlechtestes Wetter ohne jedes Problem.

Sogar im Winter kann man sie im Freien halten: Sie bleibt gesund !

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In der sowjetischen Zeit waren diese Tiere fast ausgestorben.

Die landwirtschaftlichen Großbetriebe sollten in ihrer „Leistung“

„ergiebigere“ Rassen halten, was natürlich falsch gedacht war –

schließlich müssen diese Hochleistungsrassen intensiv betreut

und dazu gefüttert werden, was bei der Blauen gar nicht nötig ist.

So ließen die sowjetischen Funktionäre die Rasse aussterben oder

mit anderen Rassen verkreuzen – bald war sie fast ganz erloschen !

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Aber meinen Blauen Kuh aus Kandau geht’s wirklich gut. Sie weidet

zusammen mit Verwandten aus der zweiten lettischen Rinderrasse

– der Brauen Lettischen Kuh – auf der Weide und ist ganz sicher stolz,

so einzigartig zu sein.

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Übersetzung: Thomas W. Wyrwoll

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P.S.: Wer sich in Deutschland für baltische Haustierrrassen interessiert,

kann sich am besten an Dr. Thomas W. Wyrwoll in Frankfurt/M. wenden

– der ist Fachmann und hilft uns, die schönen alten Rassen zu erhalten !

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Das zur Zeit in Lettland mit Abstand angesagteste Getränk ist – Birkensaft !

Die Menschen gehen in den Wald, machen Löcher in die Rinde der Birken

und gewinnen aus diesen ein überaus leckeres, süßlich-wäßriges Getränk.

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In meiner Kindheit ist mein Vater immer mit mir in den Wald gegangen,

um Birkensaft zu ernten. Mit einem Bohrer bohrte er ein Loch in den Baum,

in das er einen kleinen Stab steckte. Unter diesen Stab stellte er einen Eimer,

oft auch eine Milchkanne, in die der Birkensaft lief.  Über die kleine Anlage

legte er Tannenäste, um sie zu verstecken und Regenwasser fernzuhalten.

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Wer in Lettland keinen eigenen Wald besitzt, bekommt seinen Birkensaft

meist von Nachbarn oder Verwandten geschenkt, oder er geht zum Markt.

Manche Cafes bieten diesen Saft im Frühling standardmäßig an – ähnlich

wie frischgepreßten Apfel- oder Orangensaft.

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Ab besten trinkt man Birkensaft möglichst frisch, denn mit jeder Stunde

verliert er einen Teil seines Wertes, den seine Inhaltsstoffe bedingen,

wie Mineralien, Fermente, Naturzucker usw. Ich selbst trinke am liebsten

ganz frischen Birkensaft, denn schon am Folgetag schmeckt er bitterer.

Manche Leute füllen dagegen Birkensaft in Flaschen ab, geben ein paar

Rosinen und ein bißchen Zucker dazu und bewahren diese Zubereitung

in kalten Räumen auf. Sie meinen, daß das Getränk in ein paar Monaten

– z. B. zum bei uns wichtigen Johannestag (die Letten nennen ihn Jani)

– wie Sekt schmeckt.

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Na dann: Auf in den Wald und guten Appetit !
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Ein Nachtrag: Am Samstag war ich unterwegs nach Segewold (lett.: Sigulda),
und dabei boten sich mir fast direkt hinter der Kremon-Kirche (lett.: Krimulda)
diese Bilder: Kinder verkauften frischen Birkensaft von den eigenen Birken !
Wie man sehen kann, haben die Kinder sowohl fleißig im Wald gearbeitet als
auch bestens für Werbung gesorgt ! Meine Mitfahrerin hat gleich fünf Liter des
köstlichen Safts gekauft. Auf dem Rückweg sahen wir dann den Papa der Kinder
an ihrem Stand sitzen. In diesem Fall sollte aber nicht (wie so oft bei uns nötig)
das karge Familieneinkommen aufgebessert werden, sondern das Taschengeld.
Wahrscheinlich genossen die kleinen Verkaufer ihr Mittagessen oder eine sicher
wohlverdiente Verschnaufpause. Ihr Birkensaft ist einfach köstlich !!!


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Anmerkung des Übersetzers: Es trägt sehr zur Schonung des Baumes bei,

wenn man nur einzelne Zweige an der Spitze anschneidet und an ihnen

eine den Ast nach unten neigende Flasche befestigt. Anstelle des Haupt-

stammes kann man auch einige der Seitenäste in Stammnähe anbohren.

Früher regelten bei vielen Völkern Rituale diese Schonung der Bäume.

Die Safterntezeit liegt zwischen dem Ende des Frosts und dem Beginn

des Sprießens der Blätter – nachher schmeckt Birkensaft äußerst bitter !

Auch ich kann mich Ingridas geschmacklicher Meinung nur anschließen:

Birkensaft schmeckt mir frisch mit Abstand am besten !!! Freilich kann man

ihn auch vergären lassen – der danach bittere Geschmack ist allerdings

sehr gewöhnungsbedürftig. Ein solches Getränk fand ich unlängst sogar

auf eine moderne Plastikflasche verfüllt in einem lettischen Supermarkt.

Mit Zucker eingekocht kann man Birkensaft zu „Birkenwein“ verarbeiten,

aus dem man unter Hefezugabe o.ä. sogar „Birkenchampagner“ herstellt.

Gereinigt, leicht gezuckert und pasteurisiert wurde trinkbarer Birkensaft

noch zu Sowjetzeiten industriell in Flaschen und Gläser gefüllt verkauft –

mit dem „Kapitalismus“ verschwanden leider viele gute Lebensmittel !

T.W.

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Übersetzung: Thomas W. Wyrwoll

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Fotos unter :

http://fotki.lv/lv/noskumusi/729598/

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Die Störche sind zurück !

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Am 28. März war ich unterwegs nach Riga. Ich fuhr meine gewohnte Strecke

von Lemsal (Limbazi) nach Riga über Ragana, wo ich drei Storchennester sah

– zwei davon auf Strommasten – , die noch noch zwei Tage vorher leer waren.

Auf ihnen trotzte nun aber wieder jeweils ein Storch dem nassen Spätwinter !

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Diese Störche sind Weißstörche, die aus ihrem Winterquartier im Südlichen oder

Östlichen Afrika über Palästina und Kleinasien nach Europa zurückgekeht sind –

was grob gerechnet 10.000 Kilometer ausmacht !  Sie wissen offenbar genau,

wann bei uns der Frühling beginnt: Noch vor paar Tagen war es in Lettland kalt,

und überall lag noch Schnee, aber genau jetzt begann die Sonne zu scheinen,

und der Schnee ist in wenigen Tagen fast weggeschmolzen !

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Die Einwohner der Lettlands mögen Störche und sind stolz, daß diese Vögel hier

überall anzutreffen ist. Wobei hier genauer gesagt vom Weißstorch die Rede ist:

Versteckt in den Wäldern weitab vom Menschen lebt auch der Schwarzstorch,

den man allerdings kaum zu Gesicht bekommt; über ihn weiß man noch wenig.

Viel besser erforscht ist unser Weißstorch. Vor ein paar Jahren führten lettische

Ornithologen eine öffentlichkeitswirksame Aktion durch, bei der jeweils einem

männlichen und einem weiblichen Storch ein Sender mitgegeben wurde. Über

diese Sender konnte die Öffentlichkeit den Weg der beiden Störche verfolgen –

wobei sie sich allerdings in Afrika so tief in die Büsche zurückzogen hatten,

daß sie von den Forschern nicht mehr über Satellit geortet werden konnten.

Auch die Weißstörche brauchen also zumindest saisonal ihre Privatsphäre !

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Obwohl die Letten den Storch für ihren typischsten heimischen Vogel halten,

so ist er doch ein Neuling in Lettland. Er wurde hier erst im 18. Jahrhundert

heimisch, als man ihn das erste Mal regelmäßig in Kurland antreffen konnte.

Ab dem 19. Jahrhundert lebten Störche auch in Livland und sind hier seither

regelmäßig anzutreffen. In der lettische Folklore wird der Storch daher auch

fast nie erwähnt – die alten Letten kannten diesen Vogel offensichtlich nicht.

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Aber jetzt ist der Storch überall präsent. In Lettland leben nach Zählungen

etwa 10.000 Störche. Ihre Nester sind für jedermann deutlich sichtbar:

Man findet sie auf Hof- oder Kirchendächern, speziellen Ständern für Nester

– und sehr oft auch auf Strommasten, die die Störche zu lieben scheinen !

Wenn die Felder bestellt werden, finden sich oft an die 50 Störche ein,

die dann gemeinsam nach Nahrung suchen – ein herrlicher Anblick !!!

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Wenn ein Storch auf einemn Bauernhof lebt, gilt er fast als ein Mitglied

der Familie – schließlich sieht doch die ganze Zeit, was auf dem Hof los ist.

Jahr für Jahr kehrt der Storch an denselben Platz wie im Vorjahr zurück,

und mit jeden Jahr wird sein Nest dabei durch Zubau größer und schwerer

– so daß schon manches Hofdach auf diese Weise zusammengebrochen ist.

Die Menschen verfolgen oft sehr genau das Familienleben ihrer Störche –

ihre Balz, die Brut und die Nahrungssuche, das Aufwachsen der Jungstörche

und schließlich im Herbst ihren Zug nach Süden. Oft möchte man fragen,

was umgekehrt wohl dieser große Vogel auf unserem Dach über uns denkt

– aber das wird wohl für immer das Geheimnis unseres Hausgastes bleiben.

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Dabei ist nicht nur der Storch Unter- – oder sollte man besser sagen „Über-“

– -mieter des Menschen, nein: Öfters hat er in seinem Nest selbst Untermieter:

kleinere Vögel, die zwischen den Ästen im Nest“unterbau“ ihr Zuhause finden.

Ob unser Storch an deren Leben soviel Anteil nimmt wie wir an seinem ?

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Fur mich zeigt der Storch, wie wunderbar Gott diese Welt geschaffen hat:

Wie findet solch ein Vogel den weiten Weg von Afrika bis zu uns zurück ?

Und wie findet er sein altes Nest ?  Wie weiß er, daß die Zeit gekommen ist,

nach Lettland zurückzufliegen, weil bei uns der Frühling beginnen wird ?!

Gerade in diesem Jahr wurden wir Menschen von den Wetterkapriolen

ständig überrascht, und der Frühling kam für die meisten unerwartet –

nicht aber für Meister Adebar !

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Unser Storch ist ein besonderer Vogel, und es war mir eine tiefe Freude,

ihn als einer der ersten Menschen wieder in Lettland begrüßen zu können.

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Übersetzung: Thomas W. Wyrwoll
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Foto: http://www.ornitofaunistika.com/lvp/lvp_ciccic.ht

Ist es bei unseren Nachbarn besser?
Oft hört man, dass Estland weiter sei als Lettland. Das käme vom zusammengesparten Geld im staatlichen Haushalt, und deshalb wäre dort die Wirtschaftskrise weniger zu spüren, es gäbe berechtigte Hoffnungen zur Einführung des Euro während der nächsten Jahre, die Kultur würde effektiver gefördert, es gibt eine neue Nationalbibliothek und ein neues Kunstmuseum.
Anlässlich meiner Teilnahme am Pastoralkolleg in Tallinn nutzte ich die Gelegenheit  und schaute mich dort um, mit der Absicht, festzustellen, ob es unsern Nachbarn wirklich besser geht?
Das alte und das moderne Tallinn
Als wir am Abend in Tallinn eintrafen, fühlten wir uns wie in einem Märchen. Die Türme und Straßen der Altstadt sind beleuchtet und der Schnee unter den Füßen sieht aus wie Speiseeis mit dem Belag von Schokoladenstückchen. Die Esten bekämpfen den Schnee nicht mit Salz sondern mit winzigen Steinchen, die sie hier in Estland zusammengelesen haben, die man nachher im Frühjahr wieder zusammen fegt und in Behältern bis zum nächsten Jahr aufbewahrt. Und Eiszapfen fallen nicht von den Dächern und um Schneehaufen braucht man keinen Bogen zu machen. In der Altstadt von Tallinn ist es recht still, im Zentrum von Riga ist es viel lauter. In der estnischen Hauptstadt sieht man abends fast nur Touristen, die nach einer Weile in einem Restaurant oder in einem Souveniergeschäft verschwinden. Unsere Unterkunft war in einem Hofhaus neben der Heilig Geist Kirche, welche man für eine der ältesten Kirche Tallinns hält. In dieser Kirche verspürt man wirklich den Atem der Antike, den von vielen Füßen abgetretenen Fußboden aus Holz, dänische Fähnchen auf den Holzschnitzreien  (die daran erinnern möchten, dass Tallinn von Dänen gegründet worden sei, obwohl Historiker eine andere Meinung haben), viele Bilder auf den Rändern der Emporen mit Szenen aus den Evangelien. Der Pfarrer könnte über sie an jedem Sonntag predigen, und hätte dabei Stoff für mehr als ein Jahr.
Obwohl ich es mir vorgenommen hatte, in meiner Freizeit das berühmte Kunstmuseum „KUMU“ und die Nationalbiblothek zu besuchen, habe ich diesen Vorsatz nicht wahr machen können. Mich begeisterten die Buchgeschäfte, besonders die Bildbände und die Regale mit Materialien aus der Völkerkunde. Natürlich fand ich dort ausch im Ausland herausgegebene Alben, aber auch Unmengen von in Estland erschienenen Bildbänden. Ich hatte den Eindruck, dass es von jeder Stadt, jeder Insel, jedem Stück Natur ein Buch gäbe! Dann gab es Stapel von Büchern mit historischen Fotos. Die Völkerkunde scheit hier zum „Stil“ zu gehören. Somit ist Ethnographie nicht etwas Verstaubtes, Historisches, sondern kann den Stil prägen! Ja, die Esten möchten Ethnographie gerne modern und unserer Zeit entsprechend präsentieren. In jedem Jahr wird auch ein Preis für Formgestaltung verliehen, und um den zu erhalten muss man Gegenstände mit einem ethnographischen Hintergrund schaffen. Die Ethnographie wird auch von Herstellern der Gegenwart benutzt. So bietet die Strumpfindustrie volkstümliche Socken Säckchen und Handschuhe  an, die als Geschenke gut
zu verwenden sind. Große dicke Bücher mit Fotos und technischen Zeichnungen  und vielen anderen Details berichten von den verschiedenen Gewändern des Volkes. Ebenso gibt es in den Sammlungen der Museen Bücher mit Forschungsergebnissen auf vielen Gebieten, historischedn  Karten. Ich habe Esten gefragt: Woher kommt es, dass es bei euch so viele schöne Bücher gibt?  Sie antworteten: Es sind die Projekte, die Projekte und noch einmal die Projekte.
Doch es gibt auch ein Aber… Die Bücher in Estland sind sehr teuer. Viel teuerer als in Lettland. Deshalb habe ich mich über sie sehr gefreut, viele durchgeblättert und keins nach Lettland mitgenommen. Überhaupt unterscheidet sich das Zedntrum von Tallinn von der Altstadt von Riga durch seine Preise, so dass man den Eindruck hat, dass die Stadtmitte nur für die Touristen gedacht ist, und sich das eigentliche Leben etwas außerhalb der Altstadt abspielt.
Lettische Töne in Tallinn
Plötzlich höre ich in lettischer Sprache: „Ich freue mich sehr, Sie hier zu sehen und mit ihnen lettisch sprechen zu können.“ Der das mit leuchtenden Augen sagte, war kein in Estland lebender Lette, sondern der Pfarrer der deutschen und auch einer estnischen Gemeinde Matthias Burghard. In diesen Tagen ist er der allergrößte Polyglott. Mit den Esten spricht er in einem singenden Estnisch, mit den Deutschen redet er deutsch und mit den Letten lettisch. Eine Station auf dem Lebensweg von Matthias war auch Lettland. Dort hat er zwei Jahre lang die deutschen Gemeinden betreut, danach kehrte er nach Deutschland zurück, und weil danach die Stelle des deutschen Pfarrers in Riga besetzt war, begab er sich nach Estland. Nach seinen eigenen Worten versieht Matthias in Estland vier verschiedene Stellen. Erstens ist er der Pfarrer der deutschen Gemeinde, die eine Gemeinde der Estnischen Evangelisch-lutherischen Kirche ist. Von der Zahl her hat sich die deutsche Gemeinde inzwischen verfünffacht, und deshalb ist inzwischen die Kapelle des Theologischen Institus viel zu eng geworden,. Deshalb finden jetzt die deutschen Gottesdienste im Haus der schwedischen Kirche statt. Seine zweite Stelle ist der Dienst als Hilfspfarrer in einer estnischen Kirchengemeinde – in Nomme, einem Vorort von Tallinn. Die dritte Arbeitsstelle des deutschen Pfarrers ist die eines Lehrers im Englischen Gymnasium, wo er Religion und Philosophie unterrichtet. Viertens begleitet er deutsche Reisegruppen bei ihren Reisen durch das Baltikum, und fünftens korrigiert er die deutschsprachigen Arbeiten von Doktoranden. Im Seminar haben wir gesehen, dass er in Estland am rechten Platz ist, denn Matthias ist gleichzeitig ein deutscher Botschafter in Estland und ein estnischer Botschafter bei den Deutschen. Er ist aujch ein aktives Mitglied der deutschen Gesellschaft, deren Treffpunkt das deutsche Café ist, welches den Eindruck macht, als wäre es aus einer deutschen Kleinstadt hierher geflogen. Doch die Lösung ist ganz einfach: Der Inhaber des Cafés hat die Kunst der
Brot- und Kuchenbackens in Deutschland erlernt und danach in Tallinn dieses Café nach deutschem Vorbild mit dem entsprechenden Sortiment eingerichtet.
Doch – weshalb ist Matthias in Estland und nicht in seiner Heimat tätig? Er berichtet, dass er in Deutschland alle Möglichkeiten des Arbeitens und Lebens gehabt hätte, was für ihn und seine Familie eine sichere Existenz bis zu seinem Lebensende bedeutet hätte. Doch der Pfarrer hatte das Empfinden, dass sich bei einer Absicherung dieser Art sein Denken und Empfinden verändert hätte und ihm sein Vertrauen auf Gott abhanden gekommen wäre, dass Er es ist, der den Auftrag erteilt und sich auch um die Existenz dessen kümmert, dem Er den Auftrag erteilt hat. Für ihn wäre es das Wichtigste, dem Willen Gottes gehorsam zu sein, auch wenn die Zukunft oft völlig ungewiss erscheint und man mit wenigen Mitteln auskommen muss. Deshalb hätte er sich nach Estland begeben. Für Matthias ist es wichtig, nicht anders da zu stehen als seine estnischen Amtsbrüder und Gemeindeglieder:, mit dem gleichen  Einkommen und vielen Arbeitsstellen. „Ich sehne mich nicht nach Deutschland zurück!  Auch wenn ich nicht nie sage! In Estland kann ich viel Neues anfangen!“ Auch hat Matthias Lettland noch nicht vergessen, das ihm noch in sehr guter Erinnerung ist.. Deshalb wagte ich es, ihn zu fragen, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Letten und  Ersten er wahrgenommen hat. Der Pfarrer antwortet mir darauf, dass die Esten zurückhaltender seien und man sie am besten durch den Verstand erreichen würde, während die Letten emotionaler und herzlicher wären. Das, was manche Letten dächten, wäre nicht wahr: das sich Esten für bessere Menschen hielten als die Letten. Nein, die Esten lieben ihre Nachbarn und interessieren sich für sie. So haben sich die Esten von Herzen über die olympischen Erfolge der Letten gefreut.
Zwei Kirchen.
In Estland habe ich mehrere Kirchen besichtigt, doch möchte ich ganz besonders zwei erwähnen, die sich sehr voneinander unterschieden. Die erste ist die St. Jakobikirche in Viimsi, unweit von Tallinn. Sie wurde 2007 vollendet und ist so asketisch gestaltet, wie es nur möglich ist. Vom Eingang her betritt der Besucher die Eingangshalle, von der aus man in die Sakristei oder in den großen Gottesdienstraum kommen kann. Hinter dem Altarfenster wiegt sich eine reich mit Tannenzapfen besetzte Tanne im Wind. An den Wänden sehen wir Bilder mit christlicher Thematik. Die Architektur der Kirche macht keinen spezifisch estnischen Eindruck, sondern erinnert eher an  in den 60er Jahren erbaute Kirchen in Deutschland. Für diese Kirche wurden viele Jahre lang Spenden gesammelt und der Patron dieser Kirche war der ehemalige estnische Staatspräsident Lennard Meri, der auch in der unmittelbaren Nachbarschaft zur Kirche wohnte. Die Kirche war eigentlich viel größer und breiter geplant, aber es fehlte an Mitteln, und deshalb musste das Vorhaben verkleinert werden.
Als wir an die Alexanderkirche in Narwa heranfuhren, waren wir überzeugt, dass wir gleich ein orthodoxes Gotteshaus betreten würden, denn von außen her erinnerte es an eine orthodoxe Kirche – mit einer gewaltigen Kuppel. Und was für ein Gotteshaus sollte sich uns  sonst in dieser Stadt so nah an der russischen Grenze zeigen, in der 80 % der Einwohner nur russisch sprechen? Doch wenn man die Kuppeln der Kirche aufmerksamer betrachtet, dann wird deren Spitze nicht mit einem orthodoxen Kreuz sondern mit dem bei lutherischen Kirchen  üblichen Hahn geziert. Somit ist es ein lutherische Gotteshaus. Es wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts als Garnisonskirche erbaut und bildete seit langem das lutherische Zentrum von Narwa. Wenn man den Innenraum der Kirche betritt, nimmt es einem den Atem, und man muss den Kopf schon sehr drehen, wenn der Blick die Decke erreichen  soll. Der Raum ist gewaltig groß, und wenn man ihn wieder restaurieren wollte, dann bedürfte es noch einer gewaltigen Menge Geldes. Damit es der Gemeinde gelingt, diese Restaurierung sensibel durchzuführen und damit die dort herrschende schöne und ganz besondere Atmosphäre   keinen Schaden nähme, bedarf es vieler Vorbereitungen. Der große Turm der Kirche ist
bereits restauriert. Die vielen Etagen der Kirche sind durch einen  Lift verbunden. In den ersten beiden Etagen wurde eine kleinere Kapelle für die Gottesdienste erbaut,  denn es ist nicht möglich, im Winter die Kirche zu beheizen. Auf den oberen Etagen ist ein Museum der Kirche eingerichtet und ein kleines Café mit dem Blick auf die Stadt. Nicht weit von dort verläuft unten die estnisch-russische Grenze. In der Alexanderkirche finden zur  Zeit estnische, finnische und russische Gottesdienste statt, was dieser Stadt entspricht, die eine Einwohnerschaft mit einer so vielfältigen Volkszugehörigkeit hat.
Somit – ist bei unseren Nachbarn besser als bei uns?
Auf diese Frage habe ich keine Antwort gefunden. Doch auf meiner Suche nach Unterschieden habe ich viel mehr Gemeinsames gefunden. Im estnischen Historischen Museum habe ich mir den Film „Die singende Revolution“ angesehen, der über die jüngere Geschichte berichtet und dabei die Tradition der Chor- und Liederfeste ausbreitet und die Bilder des estnischen Fotografen Ingmar Mustikus betrachten lässt. Dabei konnte man einfach nicht übersehen, wie viele Parallelen es in den Traditionen und in der Geschichte unserer Länder gibt. Man sollte eher von einer gemeinsamen Geschichte sprechen – die Liederfeste, die Chortradition, die Volkstrachten, die Freiheitskämpfe, die Republik zwischen den beiden Weltkriegen, die Besatzungen, die Waldbrüder und die von Gesang erfüllte Stimmung. Eigentlich ist es schade, dass wir so wenig über unsere Nachbarn im Norden wissen. Und es hört sich wirklich paradox an: damit das alles geschehen konnte, hat mir die Nordelbische Kirche in Deutschland geholfen, die uns dieses Patoralkolleg geschenkt hat, für das ich herzlich danken möchte. Obwohl mich mein Weg öfter nach Estland führt, so weiß ich ich komme trotzdem wieder!

Übersetzung: Johannes Baumann

Fotos:

http://fotki.lv/lv/noskumusi/720853/

Fotos:

http://fotki.lv/lv/noskumusi/725607/

Der Berg der Kreuze ist ein katholisch und touristisch geprägter  Wallfahrtsort  in Litauen unweit von Šiauliai (deutsch: Schaulen, polnisch: Szawle) an der Straße nach Riga. Die Pilger pflegen Kreuze auf den Hügel zu stellen, verbunden mit einem Wunsch oder Dank. Die Wallfahrt erfolgt individuell und ist an keine Termine gebunden.

Zu sowjetischen Zeiten wurde mehrfach versucht, die Wallfahrt zu unterbinden. Mindestens dreimal wurden die Kreuze mit Planierraupen niedergewalzt. Da sich die Litauer hier durchsetzten, wurde der Berg der Kreuze auch ein nationales Symbol.

Der Hügel gilt als mittelalterlicher Burghügel, ist also teils künstlich angelegt. Kreuze dürften hier erst im 19. Jh. aufgestellt worden sein. 1900 waren es erst 130, 1940 etwa 400. Heute stehen ca. 55.000 Kreuze auf diesem Hügel, nicht gerechnet die zahlreichen kleinen Kreuzanhänger. Die vom Hügel und den umgebenden Kreuzen eingenommene Fläche beträgt mehr als einen Hektar.

Zu Entstehung des Hügels, dem Aufstellen der Kreuze sowie der damit ausgelösten Wirkungen gibt es zahlreiche Sagen und Legenden.

Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Berg_der_Kreuze