Fotos unter :
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Die Störche sind zurück !
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Am 28. März war ich unterwegs nach Riga. Ich fuhr meine gewohnte Strecke
von Lemsal (Limbazi) nach Riga über Ragana, wo ich drei Storchennester sah
– zwei davon auf Strommasten – , die noch noch zwei Tage vorher leer waren.
Auf ihnen trotzte nun aber wieder jeweils ein Storch dem nassen Spätwinter !
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Diese Störche sind Weißstörche, die aus ihrem Winterquartier im Südlichen oder
Östlichen Afrika über Palästina und Kleinasien nach Europa zurückgekeht sind –
was grob gerechnet 10.000 Kilometer ausmacht ! Sie wissen offenbar genau,
wann bei uns der Frühling beginnt: Noch vor paar Tagen war es in Lettland kalt,
und überall lag noch Schnee, aber genau jetzt begann die Sonne zu scheinen,
und der Schnee ist in wenigen Tagen fast weggeschmolzen !
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Die Einwohner der Lettlands mögen Störche und sind stolz, daß diese Vögel hier
überall anzutreffen ist. Wobei hier genauer gesagt vom Weißstorch die Rede ist:
Versteckt in den Wäldern weitab vom Menschen lebt auch der Schwarzstorch,
den man allerdings kaum zu Gesicht bekommt; über ihn weiß man noch wenig.
Viel besser erforscht ist unser Weißstorch. Vor ein paar Jahren führten lettische
Ornithologen eine öffentlichkeitswirksame Aktion durch, bei der jeweils einem
männlichen und einem weiblichen Storch ein Sender mitgegeben wurde. Über
diese Sender konnte die Öffentlichkeit den Weg der beiden Störche verfolgen –
wobei sie sich allerdings in Afrika so tief in die Büsche zurückzogen hatten,
daß sie von den Forschern nicht mehr über Satellit geortet werden konnten.
Auch die Weißstörche brauchen also zumindest saisonal ihre Privatsphäre !
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Obwohl die Letten den Storch für ihren typischsten heimischen Vogel halten,
so ist er doch ein Neuling in Lettland. Er wurde hier erst im 18. Jahrhundert
heimisch, als man ihn das erste Mal regelmäßig in Kurland antreffen konnte.
Ab dem 19. Jahrhundert lebten Störche auch in Livland und sind hier seither
regelmäßig anzutreffen. In der lettische Folklore wird der Storch daher auch
fast nie erwähnt – die alten Letten kannten diesen Vogel offensichtlich nicht.
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Aber jetzt ist der Storch überall präsent. In Lettland leben nach Zählungen
etwa 10.000 Störche. Ihre Nester sind für jedermann deutlich sichtbar:
Man findet sie auf Hof- oder Kirchendächern, speziellen Ständern für Nester
– und sehr oft auch auf Strommasten, die die Störche zu lieben scheinen !
Wenn die Felder bestellt werden, finden sich oft an die 50 Störche ein,
die dann gemeinsam nach Nahrung suchen – ein herrlicher Anblick !!!
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Wenn ein Storch auf einemn Bauernhof lebt, gilt er fast als ein Mitglied
der Familie – schließlich sieht doch die ganze Zeit, was auf dem Hof los ist.
Jahr für Jahr kehrt der Storch an denselben Platz wie im Vorjahr zurück,
und mit jeden Jahr wird sein Nest dabei durch Zubau größer und schwerer
– so daß schon manches Hofdach auf diese Weise zusammengebrochen ist.
Die Menschen verfolgen oft sehr genau das Familienleben ihrer Störche –
ihre Balz, die Brut und die Nahrungssuche, das Aufwachsen der Jungstörche
und schließlich im Herbst ihren Zug nach Süden. Oft möchte man fragen,
was umgekehrt wohl dieser große Vogel auf unserem Dach über uns denkt
– aber das wird wohl für immer das Geheimnis unseres Hausgastes bleiben.
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Dabei ist nicht nur der Storch Unter- – oder sollte man besser sagen „Über-“
– -mieter des Menschen, nein: Öfters hat er in seinem Nest selbst Untermieter:
kleinere Vögel, die zwischen den Ästen im Nest“unterbau“ ihr Zuhause finden.
Ob unser Storch an deren Leben soviel Anteil nimmt wie wir an seinem ?
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Fur mich zeigt der Storch, wie wunderbar Gott diese Welt geschaffen hat:
Wie findet solch ein Vogel den weiten Weg von Afrika bis zu uns zurück ?
Und wie findet er sein altes Nest ? Wie weiß er, daß die Zeit gekommen ist,
nach Lettland zurückzufliegen, weil bei uns der Frühling beginnen wird ?!
Gerade in diesem Jahr wurden wir Menschen von den Wetterkapriolen
ständig überrascht, und der Frühling kam für die meisten unerwartet –
nicht aber für Meister Adebar !
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Unser Storch ist ein besonderer Vogel, und es war mir eine tiefe Freude,
ihn als einer der ersten Menschen wieder in Lettland begrüßen zu können.
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Übersetzung: Thomas W. Wyrwoll
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Foto: http://www.ornitofaunistika.com/lvp/lvp_ciccic.ht