Alter und Geburtstage

Heute war ich auf einem 5. Geburtstag. Das Geburtstags“kind“ bekam ein von der Klasse ein Überraschungsständchen, eine Karte mit Unterschriften und „Energie“ (Säfte und Batterien). Die anderen Lehrer haben auch brav gratuliert. Natürlich fragt irgendjemand auch nach dem Alter, welches er stolz mit „5!“ kund tat. Beneidende Blicke, anerkennendes Schulterklopfen, dann das Eingeständnis der Fragenden:  „Ich bin leider erst 10.“

 

 

 

Anmerkung: ( x Jahre von der Pensionierung entfernt). Schön, wenn man etwas hat, worauf man sich gemeinsam freut. Aber irgendwie bleibt ein „Geschmäckle“.

Weltfrauentag

Gestern war Weltfrauentag. Heute habe ich daher mal mehr darauf geachtet, was die Mädels in der Klasse so tun und mein Pflegefall ist z.Z. handzahm. An Unterricht war heute sowieso nicht zu denken, wurde doch per Lautsprecherdurchsage bekannt gegeben, das Mario Götze vom BVB zur Mittagszeit in der Aula sein würde. Damit hat der Rektor den anderen Lehrern leider keinen Gefallen getan, weil sich die kleinen Biester mit abertausenden Fragen auf die Lehrer stürzten. Aber zurück zu den Mädels.

Katja und Amelie tragen ihr Haar gerne offen. Das hat neben ästhetischen Gründen den praktischen Vorteil, dass sie von der ersten bis zur letzten Stunde auf mindestens einem Kopfhörer Musik hören können ohne dass man die Kabel vom MP3-Spieler sieht. Justin Bieber ist z.Z. wohl in. Mir ein Rätsel wieso, aber ich gehören wohl auch nicht zur Zielgruppe. Schule ist natürlich viel leichter, wenn man nicht zuhören muss und immer Musik hören kann, die gute Laune verbreitet.  Ein paar Jungs versuchen das natürlich auch ab und an und die Kopfhörer sieht man in der Tat nicht in den Ohren. Dafür die Kabel, wie sie am Hals hinab hängen. Sie werden auch immer wieder erwischt. Katja und Amelie nicht. Noch cleverer ist da Djala. Sie trägt immer ein Kopftuch. Ich habe noch nie ihr Haupthaar gesehen und wenn man mit ihr redet weiß man nie wie viel sie überhaupt gerade vom Gespräch wegen der Kopfhörer darunter mitbekommt. Tja, was hält einen schon davon ab, wenn man die Mittel hat?

Zu viert stürzen sich ein paar der Mädels in der Pause auf Moritz. Er wird verbal und körperlich gepiesackt, am Weitergehen gehindert und mit Unsinnsfragen bombardiert. Während vorne drei ablenken, räumt die Vierte den Rucksack hinten leer und „verschenkt“ an vorbeikommende Schüler Moritz‘ Sachen. Als er das gegen Pausenende bemerkt, explodiert er einmal und schiebt die Mädels auf Abstand. Eine stürzt, zwei rennen zur Pausenaufsicht und beschweren sich, dass Moritz prügeln würde. Die Lehrerin hat von allem nichts mitbekommen und sieht nur den aufgeregten Moritz, der seine Sachen zusammen sucht. „So geht das aber nicht, Freundchen! Wer bist du? Welche Klasse? Wer ist deine Klassenlehrerin? Ich sorge dafür, dass du die Schulordnung abschreibst. Wir prügeln hier nicht und erst recht schlägt man keine Mädchen.“ Moritz will die Situation erklären, wird aber immer wieder von den vier Furien unterbrochen („Guck, arme Katja, muss wahrscheinlich Arzt wegen dem! Schäm dich!“). Schließlich gibt er auf. „Moritz, Klasse X, Frau Y.“ „Geht, doch Freundchen. Und jetzt lass die Mädchen in Ruhe!“ Sie geht wieder auf Patrouille. Ich gehe zu ihr und erkläre ihr, was ich gesehen habe und bitte sie, das Abschreibenlassen zu vergessen. „Was hat er denn getan, dass die Vier ihn anschwärzen?“ „Tja, Moritz hat sie seine Hausaufgaben nicht abschreiben lassen.“ Armer Moritz. Hält sich an die Klassenregeln und kriegt von Teilen der Klasse und sogar dem Lehrpersonal dafür einen drüber. Ich gehe zu ihm und muntere ihn ein wenig auf, dass er nichts falsches gemacht habe.

In Kunst sind die Unterrichtsformen lockerer. Man darf ein bisschen durch die Gegend stromern und Lob verteilen und Anregungen sammeln. Katja hingegen hat Durst und nichts zu trinken mitgebracht. Sie setzt sich zu Gabriel, eigentlich ja eher zu Gabriels Colaflasche, und fängt an ihn zu becircen. Gabriel will aber nicht teilen und schickt sie weg. „Ach, komm Gabriel. Nur ein Schluck. Ich setzt mich auch zu dir auf den Schoß.“ Gabriel schluckt und es entsteht eine längere Pause. ________________________________________ Gabriel schiebt die Colaflasche rüber. Katja hüpft ihm auf den Schoß, dass es Gabriel schmerzt und zieht genüsslich die Colaflasche vor dem schmerzgeplagten Gabriel leer. „Boah, du bist immer so voll liiiiieb, Gabi.“  Ja, „Gabi“, bist du. Aber warum nur?

Zusammengefasst können Mädchen manche Sachen (wie das Kopfhörerverstecken) in der Tat besser, gilt das Gekeife vieler gegen das Wort des Einzelnen nichts und Gegenstände und Dienstleistungen („Trägst du meine Tasche? *mitdenAugenklimper*“) lassen sich bequem durch gewisse „Gefälligkeiten“ erwerben. Schade, dass die Botschaft des Weltfrauentages noch nicht bei den Mädels angekommen ist.

 

Mehr Drama, Baby!

Das Leben schreibt in der Tat die dramatischsten (Kurz-)Geschichten.  Letzte Woche kam der Zivi der beiden Rollies einfach nicht und ich wurde gefragt, ob ich einspringe. Bin eh da, bin ein lieber Mensch und die beiden Rollies schwer in Ordnung. In der dritten Stunde werde ich aus dem Unterricht vom Ko-Klassenlehrer herausgeholt. Wichtige Konferenz, übernehmen sie mal bitte die Doppelstunde Mathematik in der 5, Material auf dem Tisch, Achtung bei Schüler X, ist verhaltensauffällig. Werde kurz mit Vornamen vorgestellt und fortan nur noch als Herr Mike angesprochen. Zusammen mit 22 putzige 5ern, innerlich aufgefressen, äußerlich entspannt verlaufen 85 Minuten erstaunlich entspannt und gut gelaunt. Parallel hat mein Pflegefall leider zwei kritische Fächer mit Problemlehrern und die Rollies sind allein. Erfahre hinterher, dass auch hier alles glatt lief. Mein Pflegefall ist freiwillig als Zivi eingesprungen.

Andern Tags gab es eine Doppelstunde Sport in der dritten und vierten Stunde. Die Schüler sollen sich 5 Minuten warmlaufen. Nach 2 Minuten bleiben die ersten stehen, in der dritten Minute stützen sich erste bereits an der Wand ab, in Minute 4 geht ein Schüler zu Boden. Hochroter Kopf, Pulsschlag wie BPMs beim  Happy Hardcore, hat die Zwischenmahlzeit am Schulkiosk (betrieben durch eine externe Firma) nicht vertragen. Eine kurze Übersicht auf die Auslage des Kiosk offenbart Schokowaffeln, Schokobrötchen, 12 verschiedene Schokoriegel, diverse Colasorten. Das gesündeste dürfte das halbe Salatblatt auf dem Chicken Nugget Brötchen sein. Nun, der Markt bekommt, was der Markt verlangt. Erinnert mich an die (Schutz-?)Behauptung eines Medienintendanten, dass er gerne qualitativ Gehaltvolleres senden würde, aber das käme ja nicht beim Zuschauergeschmack an.

Zurück in Sport wirft mein kleiner Kraftprotz (Hobby: Boxen im Verein) einen Pass beim Handball und trifft einen Mitschüler zwischen den Schulterblättern. Dieser geht zu Boden und bleibt liegen. Statt sich den Schuldzuweisungen zu stellen und zu diskutieren, greift er beherzt zu und zeigt dem Getroffenen Tricks, um leichter zu atmen und schleift ihn zum Spielfeldrand. Beide geben sich später in der Umkleide die Hand, meinem „Obelix“ wird vergeben.

In der Pause wird einer der Rolliefahrer von zwei wesentlich älteren Schülern der angrenzenden Hauptschule angepöbelt. Meine Jungs werfen ihre Schultaschen fort und stellen sich vor ihn, drohen den Älteren. „Verzieht euch! Lasst ihn in Ruhe! Sonst haut euch J. hier in s Koma. Das hat er grade in Sport auch schon fast gebracht.“ J. ist bekannt am Gymnasium, sonst wäre jemand wie ich ja nicht da. Anscheinend ist er auch an der Hauptschule bekannt. Die Beiden gehen. Diesmal konnten sie nichts „abziehen“. Eine Gefühlsmelange aus Stolz, Bewunderung und Überraschung breitet sich ihn mir aus.

In einem anderen Fall an einer anderen Schule ist das Vertrauen zwischen Eltern und Schüler wohl im Eimer. Wir kennen uns, hatten früher miteinander zu tun. Pubertäres Verhalten ist nun einmal anders als das Verhalten Erwachsener, aber die Eltern vermuten Drogen hinter dem Gebaren ihres Sprosses. Ein Drogentest soll Klarheit schaffen. Ob ich ihm mit einer cleanen Probe aushelfen könne. Ich bitte mir Bedenkzeit aus, als auf einmal die Meldung kommt, dass er schon einen „Spender“ gefunden habe. Da denkt wohl jemand schneller oder gar nicht nach.

Ich hätte nicht gedacht, was so alles neben dem Unterricht bei Schülern vor sich geht. Drama pur.

Kleine Brocken Weisheit

„Was genau macht denn ein Richter?“ „ Na, er gibt dem Recht, der am meisten Geld dem Richter gibt. Das ist mal der Staat und meist wer anders.“

„Was ist denn der Unterschied zwischen einem Job und einem Beruf?“„Einen Job macht man nur wegen des Geldes, nicht weil man das gerne macht. Das sollten gerade Sie aber wissen als Lehrerin!“

Es gibt erstaunliche Wege wie man als Kind zu einem Buch kommt, denn manchmal kommt es zu einem von alleine. Nach einer Buchvorstellung von „Ich, das Soldatenkind“ (Walter Tielemann):„Und wie kamst du auf dieses Buch?“„Mein Bruder hat mich immer damit auf den Kopf geschlagen und als ich einmal eine längere Sitzung hatte, lag es einfach da. Und weil mein Bruder nicht da war, konnte ich ihn damit nicht hauen, also hab ich einfach mal reingeguckt.“

„Neandertaler sind Menschen, die Athritis haben.“

Es gibt gute und schlechte Gründe zwar phyisch, aber nicht psychisch am Unterricht teilzunehmen. Akzeptiert wird bei manchen Lehrern heutzutage auch „Hab gerade zu tun, tut mir echt leid!“ Formvollendet mit Augenaufschlag und Wimpernklimpern in Zeitlupe und widmet sich wieder dem Lackieren der Fingernägel. Ob ich das auch irgendwann mal so hin bekomme?

Auf die Frage nach meinem Berufswunsch: „Was? Nicht im Ernst! Sie können gar kein Lehrer werden!“ Ich fühlte mich echt bloßgestellt. Der Knirps kennt mich keine Woche und stellt mein langjähriges Studienziel derartig entschlossen in Abrede: „Sie ziehen sich viel zu gut an dafür!“ Puh, Glück gehabt.

Der neue Referendar (ca. 28-30) in Deutsch ist optisch unglaublich jung.  Der älteste Schüler der Klasse (14) verfügt über einen deutlich ausgeprägteren Bart- und Körperwuchs. Mit dem (physischen) Gewaltmonopol in der Klasse sieht es da eher schlecht für den Lehrer aus.

 

Zeugnistag

Heute war Zeugnistag. Das erste Halbjahr geht offiziell zu Ende. In der 7 gibt es noch keine feineren Abstufungen als die Noten sehr gut, gut,… Die Klasse ist im Mittel leistungsstark ohne viele Ausreißer. Insgesamt wurden bei über 25 SuS nur drei Fünfen verteilt und auch die Einsen waren nicht übermäßig verschenkt worden. Dennoch bemerkenswerte Ausreißer: Die beiden Rollifahrer, einer sogar kleinwüchsig, haben Einsen in Sport, was keinem/r anderen SoS gelang, soweit ich das einsehen konnte. Wow! Einfach wow.

Die Klasse bekommt in Deutsch einen neuen Lehrer. Alte Lehrerin und neuer Lehrer waren auch gleich zu Besuch und wurden von der Klassenlehrerin mit Schokoladenpräsenten verabschiedet bzw. vorgestellt (Ich bekam auch was, mjam, weil ich ja das komplette Halbjahr da sein werde). Jetzt weiß ich auch wieder, was Kinder so faszinierend macht. Schonungslose Ehrlichkeit. Die sind noch nicht so überformt, mit sozialen Konventionen vollgestopft, denn: Die Klassenlehrerin gibt das Ausscheiden der Lehrerin bekannt *Applaus* Die Klassenlehrerin stellt den neuen Lehrer vor *Applaus* Nicht nur mein kleiner Pflegefall hatte also eine Rechnung mit der Deutschlehrerin offen. Die Klassenlehrerin war sichtlich peinlich berührt, die Deutschlehrerin trug es, wie das ganze Schuljahr, mit Fassung.

Als Erwachsener muss ich mich erst mal wieder an solche Phänomene gewöhnen wie Spaßkloppe. Wenn Kinder und Jugendliche, gerade Jungs, 1,5h still sitzen und konzentriert zuhören sollen, dann brauchen sie einfach ein Ventil danach. In der Pause wurde prompt rumgeschubst und gerungen, dass ich befürchtete, dass schon wieder ein Zahn verlustig gingen würde. Kaum war jedoch eins der Kids auf dem Boden, halfen ihm drei Paare Hände wieder auf. Machen wir Erwachsenen in der Discothek beim Pogen und Moshen ja auch. Muss man also nicht eingreifen.

Der neue Stundenplan ist eine Wucht. 34 Zeitstunden bei 36 Unterrichtsstunden pro Woche. G8 sei Dank. Zweimal ist Nachmittagsunterricht d.h. 07:45 bis 16:10 Uhr dabei. Mein Schützling und ich haben knapp eine Stunde An- und Abfahrt *uff*. Diese Tage sind in Doppelstunden angelegt (top!). Die Folgetage allerdings haben alle Hauptfächer (D/E/M) und drei Nebenfächern bei sechs möglichen Fächern für den Tag (megaflop!).

Mein Schützling hat heute wegen Fehlverhaltens einen Verweis bekommen und wurde alleine gesetzt. Er schwieg und grübelte sichtlich angestrengt den Rest der Stunde. „Worüber hast du nachgedacht? Lief doof in Mathe, ne?“ „Ach, ich habe wichtigeres zum Nachdenken.“ „Was ist denn wichtiger?“ *guckt sich um* „Ich weiß nicht, ob ich meiner Freundin zum Valentinstag rote oder rosa Rosen schenken soll.“ Da muss ich auch erst mal drüber grübeln.

 

Erster Schultag

Der erste Schultag ist um und ich bin um ein paar neue und ein paar alte Erkenntnisse reicher.

Unterricht ist keine One-Man-Show bei der der Lehrer ein Publikum bespaßt. Neben dem Klassenlehrer, waren Ko-Klassenlehrer, Sonderpädagogin, (Lehramts-?) Praktikant, der FSJ-ler für die beiden Rollis und meine Wenigkeit in einer angenehm kleinen Klasse (22) anwesend.

Auf dem gemeinsamen Schulhof von Hauptschule und Gymnasium sind beide Schülergruppen optisch kaum auseinander zu halten. Ich glaube die SuS der HS anhand einer gehäuften Verwendung von Partikeln wie „Ey“, „Alta“ und „gucksu“ von den Gymnasiasten unterscheiden zu können. Der Übergang scheint mir jedoch fließend, gingen doch ein paar meiner als Hauptschüler identifizierten SuS in das Gymnasium. Morgen mal darauf achten, ob die von mir falsch eingestuften Gymnasiasten nach der Pause in die Hauptschule gehen.

15 Minuten sind ewig, wenn sie dich vom Stundenende und dem Feierabend abhalten. 15 Minuten sind eine Hofpause und ein Witz, um im Schülercafe einen Kaffee zu bekommen. Ich muss dringend lernen, brühend heißen Kaffee in maximal zwei Minuten zu trinken. Getränke sind ja im Klassenraum nicht erlaubt. Wer weniger als 10 Minuten braucht, um etwas zu bekommen, ist entweder vor der Pause abgehauen oder hat eine Waffe, um sich in der Schlange vorzudrängeln.

EGS-Stunden. Ist eigentlich ein Pleonasmus. Ergänzungsstunden-Stunden. Beide Klassenlehrer haben Material ausgelegt, um Material aus vergangenen Stunden bei freier Platz-, Fach- und Themenwahl zu bearbeiten. So konnten schwächere SuS heute nochmal die Einführung zu Prozentrechnung bzw. die Anforderungen der Textgattung „Report“ durchgehen, während stärkere SuS eine Übungsklausur schrieben und gemeinsam auswerteten.

Hausaufgabenmoderation. Zwei SuS an den Tageslichtschreiber stellen und die Kontrolle und Besprechung der Hausaufgaben durchführen lassen. Redebeiträge kamen deutlich häufiger als erwartet. Der Hilferuf von den moderierenden SuS „Kommt schon, lasst uns nicht hängen!“ wirkt motivierender als „Wer möchte vorlesen?“

Grammatik in Deutsch. Konjunktionen zur Verbindung von Haupt- und Nebensätzen. Lehrerin liest Arbeitsanweisung vom OHP vor „…verbinden Haupt- und Gliedsatz.“ Großes Gelächter und Gekicher bei den Gruppentischen mit Schülerinnen. „*kicher* Sie hat Glied gesagt“

Ein Kind hat laut Auskunft eigentlich die Betreuung nötiger. Habe noch nicht herausgefunden wer. Habe zwar zwei Kandidaten für „nötig“, aber nicht für „nötiger“.

 

Neues und Falsches

Spannende Woche! Der neue Nebenjob nimmt Fahrt auf und ich habe mein erstes in der Schule zu begleitendes Kind kennen gelernt. Da ich bislang keinen „kompetenzverschobenen“ Menschen in meinem direkten Umfeld kannte, ist der gezielte Umgang mit Behinderten überfällig. Nebenbei erhoffe ich mir, dadurch und durch die Anwesenheit in der Schule einen erleichterten Start in das Referendariat im Herbst. Apropos. Heute starten die Referendare in NRW an ihren neuen Schulen noch nach alter Ordnung (2 Jahre, 1/2 Jahr Schonzeit/Hospitation davon). Ich kenne selbst gleich zwei der neuen Lehramtsanwärter (Deutsch, Philo, Englisch, Spanisch) und wünsche ihnen einen erfolgreichen Start, liebe Klassen und wissensdürstende Schülerhirne. Im Herbst geht es (hoffentlich) bei mir los, dann allerdings direkt mit eigenverantwortlichen Unterricht und nur 1,5 Jahren Dauer.

Die Masterarbeit ist im Enstehen und wer die Gemeinsamkeit von Cato, Panthea, Canut, Dido, Alarcos, Emilia Galotti, Miss Sara Samson, Philotas, Karl von Berneck und Kabale und Liebe (eigentlich ja Luise Millern) erkennt, der weiß auch, worum es inhaltlich geht. An der Uni geht das Gespenst vom Doppelabiturjahrgang gepaart mit ausfallenden Studienbeiträgen* um, die Klausurenzeit ist angebrochen, Seminararbeiten werden geschrieben, Kämpfe mit der Verwaltung ausgefochten. Ich habe inzwischen einen Ordner für den Papierkram, keinen Hefter, einen gut gefüllten Ordner! Beim Spiegel gibt´s einen lesenswerten Briefwechsel zwischen einer ehemaligen Schülerin und ihrem Lehrer. Das dämpft meinen Idealismus ein wenig.

Die falschen Leute bekommen zu viel Aufmerksamkeit. Erst war es Bueb, dann Sarrazin, jetzt ist eine Chinesin, die ihre Mutterrolle mit einem Schleifer beim Militärdienst verwechselt. Alle verkünden mit einer an Arroganz grenzenden Überheblichkeit unfehlbar zu wissen, was andere wirklich brauchen würden. Anderslautende Meinungen („die westlichen Eltern“) sind nach der Irrtumstheorie („Ihr habt nur noch nicht erkannt, dass ich in Wirklichkeit richtig liege“) per se falsch. Auf die Frage wie das Buch über ihre Töchter ausgehe an dem die Mama arbeiten würde, schreibt sie „Das liegt an euch, Leute. Ich vermute allerdings, es wird eine Tragödie.“ (S. 245). Wow, ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Deswegen lasse ich es lieber. Allmählich komme ich in das Alter in der der Blutdruck relevant wird. Großartigerweise schlägt mir Amazon vor, da ich ja schon Interesse an „Die Mutter des Erfolgs. Wie ich meinen Kindern das Siegen beibrachte“ auch noch „Die Lust am Bösen“ zu kaufen. Danke Amazon! Enough said. Auf einer höheren/Meta-Ebene wurde das Problem meiner Meinung nach wunderschön prägnant zusammengefasst. Zuletzt im Schulbus hörte ich ein „Na, woher soll ich denn wissen, was ich denke, wenn ich es nicht sage?“. Ich schwieg und wünschte, sie hätte es auch getan. (si tacuisses, homo sapiens mansisses). Ist zwar ein Fehlschluss, aber sollte nicht irgendwie ein Benutzen-Sollen aus dem Großhirn-Haben erwachsen? Ich wünsche es mir sehr und notiere es auf meiner weihnachtlichen Geschenkeliste über „Weltfrieden“.

Daher fehlt die Aufmerksamkeit leider bei anderen Ereignissen, die sie eigentlich verdienten. Z.B. wird die Spitzenförderung bei Studis ausgebaut und parallel der Schuldenerlass für die besten 30% von Bafög-Empfängern gestrichen. Das Deutschlandstipendium kann jeder bekommen, also auch die, die eine finanzielle Unterstützung gar nicht benötigen. Mhmmm…muss schweigen, Blutdruck, zumindest bis zum nächsten Eintrag.

*sprachlich/juristischer Hinweis

Goldene Regel vs. Kategorischer Imperativ

Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst (Goldene Regel)

Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. (Kant, 1785)

Auf den ersten Blick sieht das inhaltlich identisch aus.Was soll denn die zweite, verschwurbelte Variante schon anders heißen als die erste Formulierung? Statt direkt auf den anderen einzugehen wird ein allgemeines Gesetz zwischen mir und dem Anderen zwischengeschaltet. Aber an meinem Verhalten ändert sich nichts. Man erhält in beiden Fällen keine konkrete Anweisung („Tue dies! Unterlasse jenes!“), nur etwas Abstraktes. Schmückt sich da wer mit fremden Federn?

Tony Soprano (in The Sopranos 1×12) fasst das Problem genauer: Hau deinem Nächsten mit demselben Respekt eine in die Fresse, mit dem du willst, dass er dir eine in die Fresse haut, kapiert? Der Masochist möchte Schmerzen spüren und fügt demnach anderen Schmerzen zu. Er handelt also nach der Goldenen Regel. Mittels des kategorischen Imperatives kann ein Masochist sein Verhalten nicht länger rechtfertigen, da er nicht ernsthaft die Maxime „Füge Schmerzen zu“ auf alle Menschen übertragen kann.Was machen die, die gar keinen „in die Fresse“ wollen?  Bernhard Shaw meinte dazu (in der negativen Variante der Goldenen Regel): „Do not do unto others as you would that they should do unto you. Their tastes may be different“. Die Goldene Regel zeigt ihre Schwäche an Situationen wie diesen: Kann ein Richter einen Dieb zu einer Haftstrafe verurteilen, würde er doch selbst anstelle des Diebes auch lieber freigesprochen werden?

Cyanide and Happiness, a daily webcomic

Cyanide & Happiness @ Explosm.net

Die Alternativformulierung der goldenen Regel lautet manchmal auch “ Der, der das Gold hat, macht die Regeln“. Das Problem der Bewertung der Lust des Sadisten gibt es auch im Utilitarismus. Die „Happiness“ des Sadisten ist gleichwertig zu anderen harmlosen Arten von „Happiness“. Konsequent, aber kontraintuitiv.

Meine Lieblinks:

Erkenntnisse über Diskussionen im Internet
Das Lego Testament
Über Handys in Schulen
Deaddrops

Goethe! Goethe?

Mir schwant Böses. Ob das was wird?

Eindrücke

Eine Zeit lang habe ich in Essen gearbeitet. Hier der erste Eindruck vom ersten Tag. Leider ist abermals während meiner Schicht ein Fahrrad vom Produktionsteam geklaut worden:

Erster Eindruck als ich zum Arbeiten für ein Kinderfest komme. Ein Bierwagen. Na, hoffentlich war der nur für die älteren Kinder.

Bei der Theaterproduktion handelte es sich um eine kunterbunt gemischte Truppe verschiedener Ethnien und Nationalitäten. Unter anderem war ein Inder mit Turban dabei. Nach der Vorstellung fragten mich ein paar Kinder als ich vor der Garderobe stand:

Kommt der Taliban auch noch raus für Autogramme?

Schönes Beispiel für Übergeneralisierung, wie ich finde.


Blog Stats

  • 12.910 hits

Automatische Benachrichtigung über neue Einträge

Schließe dich 4 anderen Abonnenten an