Dieser Artikel zeigt die Mechanismen der Pressearbeit von Nichtregierungsorganisationen. Der Text entstand im Frühjahr 2011, als noch Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg regierte.
Ein fast zwei Meter großer Frosch liegt vor dem baden-württembergischen Umweltministerium wie tot auf dem Boden. Zwei grüne Artgenossen beugen sich mit ihren weißen Bäuchen über ihn, heben erschrocken die Vorderbeine in die Höhe und starren den vermeintlich toten Frosch an. In diesem Moment drücken mehrere Fotografen auf den Auslöser ihrer Kameras.
Selbstverständlich sind diese riesigen Frösche nicht echt. Drei Mitarbeiter des Naturschutzbundes (Nabu) sind in die grün-weißen Froschkostüme geschlüpft und haben diese Szene gestellt. So viel mediale Aufmerksamkeit wie diese verkleideten Menschen bekäme kein echter Frosch, der beim Überqueren einer Straße totgefahren wurde.
Nun im Frühjahr sind die Amphibien wieder auf Wanderschaft. Rund 400.000 Frösche, Kröten und andere Amphibien werden jedes Jahr in Baden-Württemberg überfahren, wie der Nabu-Landesvorsitzende Andre Baumann schätzt. Die schwarz-gelbe Landesregierung sehe dem tatenlos zu und verlasse sich darauf, dass ehrenamtliche Helfer morgens und abends die Amphibien einsammeln, um sie sicher über die Straßen zu tragen, erklärt Baumann den Journalisten.
Der 43-jährige Volker Weiß ist einer dieser Helfer. Vor 28 Jahren begann er, Kröten über die Straße zu tragen. „Damals hatten wir in meiner Heimatregion 130 Ehrenamtliche an fünf Teichen. Heute sind es noch 30“, sagt er. „Die Menschen sehen, dass die Probleme seit Jahrzehnten nicht gelöst werden und fühlen sich missbraucht“, erklärt er den Rückgang der Helfer. Weiß arbeitet inzwischen in der Stuttgarter Nabu-Landesgeschäftsstelle.
„Das Land Baden-Württemberg versagt vollständig beim Schutz der Amphibien“, fasst Baumann ruhig, fast emotionslos zusammen. Er fordert, Kleintier-Tunnel oder -Brücken zu bauen und künstliche Laichgewässer anzulegen.
Die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner, CDU, hat Rainer Gessler, ihren Pressereferenten, gesendet. Gessler und Baumann geben sich zur Begrüßung die Hand. An ihrem Aussehen ist kaum zu erraten, wer den Nabu vertritt. Beide tragen Anzug, weißes Hemd und Krawatte. Baumann hat seine Krawatte an diesem warmen Vormittag lediglich ein bisschen lockerer gebunden.
Die Naturschützer sind parteilos. Nur einer der acht anwesenden Nabu-Mitarbeiter ist privat in einer Partei Mitglied, geben sie Auskunft. Sie wollen gar nicht erst in den Verdacht kommen, Naturschutz und Parteipolitik zu vermischen.
Auch eine junge Fahrradfahrerin ist gekommen. Auf ihrer Tasche auf dem Gepäckträger des Fahrrads prangt das Logo der FDP. „Ich finde, Krötenschutz und FDP passen zusammen“, sagt sie. Zufällig hatte sie von der Aktion erfahren. Doch die Naturschützer lehnen die Teilnahme der FDP-Anhängerin ab.
So bleibt die Veranstaltung unaufgeregt und professionell. Die Naturschützer wollen in die Presse kommen. Dafür muss es nicht laut und hitzig sein.
Am Ende des Protests übergibt Baumann seine Forderungen symbolisch an Gessler. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die beiden Anzugträger wiedersehen werden. „Machen Sie es gut, Herr Baumann“, ruft Gessler dem Nabu-Vorsitzenden freundlich zu, bevor Baumann den Platz verlässt.