Tötungsdelikt Wiesbadener Kiosk

Aus aktuellem Anlass des bevorstehenden Prozessbeginns: Stellungnahmen gegenüber den Medien vor und während des Verfahrens werden nicht erfolgen.

Freispruch im Prozess wegen Kindesmisshandlung

Mehr als ein Jahr, nachdem meine Mandantin wegen Kindesmisshandlung verurteilt wurde (zum Artikel in der Frankfurter Rundschau), erfolgte nun im Berufungsverfahren der Freispruch.

Das Gericht folgte nicht den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage, sondern sprach meine Mandantin frei; es bestünden begründete Zweifel an der Tatbegehung (zum Artikel im Wiesbadener Kurier).

„Seien Sie kein Frosch, wir sind doch beide Anwälte…“

Vor kurzem rief mich eine männliche  Person an, die sich als Schwager eines inhaftierten Mandanten vorstellte. Er erkundigte sich, was seinem Verwandten vorgeworfen werde und was man gegen ihn in der Hand habe. Ich erklärte ihm, dass ich aufgrund meiner anwaltlichen Schweigepflicht keine Auskünfte geben könne. Damit gab der Anrufer sich zufrieden.

Wenige Tage später rief mich in derselben Sache eine weibliche Person an, die sich als Anwältin vorstellte. Sie sei von der Familie meines Mandanten telefonisch beauftragt worden, sich bei mir zu erkundigen, was deren Verwandten vorgeworfen werde und was man gegen ihn in der Hand habe. Ich sagte der Kollegin, dass Sie doch wissen müsse, dass ich aufgrund meiner anwaltlichen Schweigepflicht keine Auskünfte geben könne. Sie erklärte mir daraufhin, dass meine Handhabung der Schweigepflicht doch sehr praxisfern sei. In ihrem Gerichtsbezirk sei es üblich, Familienmitgliedern Auskünfte über Mandanten zu geben. Jedenfalls könne ich doch zumindest ihr, da sie ja auch Anwältin sei, den Ermittlungsstand mitteilen, damit sie ihn dann weitergeben könne.

Ich war spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr sicher, ob ich tatsächlich mit einer Kollegin telefonierte. Auf die Diskussion, ob man nicht einfach kollegial die Schweigepflicht neu definieren könnte, habe ich mich nicht mehr eingelassen…

E-Zigaretten – Arzneimittelgesetz nicht anwendbar

Eine Warnung des Gesundheitsministeriums NRW vor sogenannten E-Zigaretten war der Auslöser: Geklärt werden musste die Frage, ob solche Zigaretten dem Arzneimittelgesetz (AMG) unterfallen und ob das Ministerium auf dieser Grundlage vor den gesundheitlichen Folgen des Konsums öffentlich warnen durfte.

 

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf bejahte dies noch im seinem Beschluss vom 16.01.2012 (16 L 2043/11). Das Oberverwaltungsgericht kippte diesen Beschluss am 23.4.2012 (OVG NRW 13 B 127/12).

Zur Begründung führte es aus, dass sich die bisherigen Einschätzungen, welche E-Zigaretten dem AMG unterstellen wollten, nur einseitig die pharmakologische Wirkung betonten. Diese sei zwar unstreitig vorhanden, da ein nikontinhaltiges Mittel Wirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel hat.

Maßgeblich dafür, ob ein Stoff dem AMG unterfällt sei aber, dass ein therapeutischer Effekt gegeben sein muss. Das jeweilige Mittel müsse also dazu bestimmt sein, arzneilichen Zwecken zu dienen.

Die E-Zigarette diene aber nicht der Entwöhnung vom Nikotinkonsum oder der Linderung von einer Nikotinabhängigkeit. Dem normalen Konsumenten käme es schlicht darauf an, sein Verlangen nach Nikotin zu befriedigen. Diesbezüglich unterscheidet sich die elektronische Zigarette in nichts von der herkömmlichen aus Tabak bestehenden.

Kurz: Nicht die Wirkung im Körper ist maßgeblich, sondern die therapeutische Zweckbestimmung.

 

Graphologie beim Aktenstudium

Der Zeuge schien die Beschuldigten irgendwie zu mögen…

Männer kennen bestimmte Eimer nicht.

In seiner Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung referierte der Polizist  umfassend die Situation des Tatorts eines Branddelikts. Unter anderem spielte für den Fall auch ein dort aufgefundener Eimer eine Rolle. Er war bemüht, diesen möglichst anschaulich zu beschreiben und trug mit ernstem Blick vor „So ein ganz normaler Eimer, wie ihn jede Frau kennt.“ Dass dies zu berechtigtem Stirnrunzeln einiger aufmerksamer Verfahrensbeteiligter führte, fiel ihm nicht weiter auf…

Rechtsberatung im Internet – oder: Wer findet hier den Fehler?

Wer eine Vorladung von der Polizei bekommt – sei es als Zeuge oder Beschuldigte – mag sich fragen, wie er sich nach Lage des Gesetzes zu verhalten hat.

2723 Menschen haben zum derzeitigen Zeitpunkt hier

http://www.frag-einen-anwalt.de/vom-Zoll-beschlagnahmte-Tadfil-%28Cialis%29-Tabletten-__f108767.html

gelesen, wie es nicht geht. Ob sie den Fehler entdeckt haben?

Tipp: Zeugen müssen – wie auch Beschuldigte – nicht alles tun, was die Polizei sagt…

Untrügliches Zeichen, den Verteidiger zu wechseln

Ganz sicher wissen Sie, dass Sie den Verteidiger wechseln sollten, wenn dieser der Polizei (die gerade damit beschäftigt ist, Ihr Handy nach belastenden Beweisen zu durchsuchen) schreibt:

„Hinsichtlich der erbetenen Pin für das beschlagnahmte Handy meines Mandanten werde ich mich noch kurzfristig melden. Mein Mandant ist nach Kräften bemüht, diese Pin ausfindig zu machen und Ihnen bekannt zu geben.“

(Einzige Ausnahme: Der Kollege hat einen extrem feinen Sinn für Ironie…)

Polizisten sind keine Verteidiger

Ein Beschuldigter ist zur Vernehmung bei der Polizei geladen und ruft mich deswegen an. Er möchte wissen, wie er sich denn nun verhalten soll. So rechtzeitig macht das längst nicht jeder: Oft ist das Ermittlungsverfahren abgeschlossen und schon Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, wenn der Gedanke aufkommt, sich anwaltlich verteidigen zu lassen. Dann sind nicht selten viele Möglichkeiten verpasst, auf das Verfahren sinnvoll einzuwirken.
Ich schlage dem Anrufer einen Termin zur Besprechung vor und weise darauf hin, welche Kosten hierfür anfallen; er möchte nocheinmal darüber nachdenken und wieder anrufen.
Ergebnis der Bedenkzeit: Er geht lieber ohne anwaltlichen Rat zur Polizei und werde mal schauen, was passiert. Die Polizisten machen bestimmt auch so das Richtige; ansonsten werde er nochmal anrufen.
Diese Bedenkzeit hätte man sinnvoller nutzen können.

Not macht erfinderisch – auch bei der Polizei.

Die Geldnot staatlicher Einrichtungen macht sich jetzt auch bei den einfachsten polizeilichen Ermittlungshandlungen bemerkbar.
In einer Akte lese ich, dass der zuständige Staatsanwalt die Polizei angewiesen hat, einen Damenschuh (das Tatwerkzeug) zu wiegen. Die Polizei befindet sich in einer deutschen Großstadt. Eine Waage besitzt man hier dennoch nicht. Was also tun? Der findige Polizist weiß sich zu helfen. Er packt den Schuh ein, und unternimmt eine Dienstreise in die Obst- und Gemüseabteilung des nächsten Lebensmitteldiscounters und benutzt die dortige Waage für seine Diensthandlung. Leider ergibt sich aus der Akte nicht, ob der Damenschuh als Banane oder eher Frühkartoffeln abgewogen wurde; das praktische Schildchen, das die Waage ausdruckt, befindet sich nicht in der Akte.