Nach meiner Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin habe ich meinen Jugendtraum verwirklicht und bin mit Hammer Forum e.V. als Praktikantin für 12 Monate nach Afrika, in die Demokratische Republik Kongo gereist. Selbstverständlich habe ich mich im Voraus über das Land informiert, doch wie die Realität wirklich aussieht, kann man erst sehen, wenn man vor Ort ist.
Anfangs war ich als zweite Person im Projekt eingeplant und mit einer deutschen Ärztin unterwegs. Aus diversen Gründen kam es anders und nach 3 Monaten habe ich die Stelle der Projektleiterin übernommen. Ich habe keine anderen afrikanischen Vergleichsländer, doch ich kann aus Erfahrung berichten, dass die D. R. Kongo wirklich ein besonderes Land ist; einerseits mit all seinen Bodenschätzen das reichste Land Afrikas, andererseits gibt es so viel Armut dort. Es gibt keine Mittelklassen, nur die Reichen und die Armen. Durchschnittlich bestehen Familien aus sechs Kindern, wovon vielleicht zwei zur Schule gehen können, da für die anderen Kinder das Geld nicht mehr reicht.
(z. B.: Eine Schuluniform kostet 10 USD ~7,70 €, genau so viel wie ein Krankenschwesterngehalt). Gegenüber Ausländern präsentieren die Einheimischen einen unglaublichen Stolz auf ihr Land. Manchmal hat man auch das Gefühl, sie wollen keine Hilfe oder Veränderungen annehmen. Fast jeder möchte nur Geld, und ihr Traum ist es, sich den Europäern anzupassen. Davon sind sie jedoch noch sehr weit entfernt, denn bis heute hat das Land absolut keine Infrastruktur und keine Regeln. Das Land wird überwiegend vom Militär regiert und die müssen seit fast drei Jahren ohne Sold auskommen. Somit sitzt das Land auf einem Pulverfass.
Hammer Forum hat mit Hilfe vom Hôpital Général de Référence von Kikwit ein sehr großes Rad in Bewegung gesetzt.
Seit der Eröffnung der Kinderambulanz im November 2008 wurden bis Ende 2009 7411 Kinder registriert und behandelt. Viele von unseren kleinen Patienten hätten ohne unsere Unterstützung keine Lebenschance gehabt.
Unter all den an Infektionen, tropischen Krankheiten wie Malaria und sonstigen Krankheiten leidenden Kindern, darf man die Kinder mit Mangel- und Unterernährung nicht vergessen. Die Unterernährung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Ein drei jähriges Kind mit nur 6 kg Körpergewicht ist leider keine Seltenheit.
Eli, Elise und Cadese kamen täglich mit ihrer Tante zu uns in die Ambulanz. Anfangs dachte ich, es sei die leibliche Mutter, doch dann viel mir immer wieder ein abstoßendes Verhalten gegenüber den Kindern auf. Ich erfuhr, dass kurz nach der Geburt des dritten Kindes die leibliche Mutter ihre Kinder verließ, weil sie auf dem Land einen Mann fand bei dem es ihr finanziell besser ging. Die Geschwister wollen nichts mehr miteinander zu tun haben, die Kinder Leben mehr oder weniger auf der Straße weil die Tante den Kindern absolut keine Liebe und Geborgenheit geben kann. Der Tante ist es wirklich egal wie es den Kindern geht, abgesehen davon wie ihre Zukunft aussehen wird, falls sie überhaupt eine haben. Die Kinder gehen täglich in ein Ernährungszentrum um zu essen, alle drei sind stark unterernährt. Die Tante wurde mehrmals beobachtet wie sie den dreien das Essen wegisst. Die Kinder kennen nicht einmal ihre leibliche Mutter und ihrer Tante nutzt die Kinder um selbst das Beste für sich zu bekommen ihr ist es egal was mit den Kindern passiert, sie ist egoistisch und muss selber schauen wie sie über die Runden kommt. Sie schnorrt sie mit Hilfe von den Kindern durch den Tag. Als ein Kind krank wurde habe ich es nur zufällig mitbekommen, als sie bei uns in der Ambulanz waren und Elise geschwächt war und stark gehustet hat. Es wurde bei ihr eine schwere Lungenentzündung diagnostiziert. Wir waren uns alle einig das, dass Kind auf jeden Fall stationär aufzunehmen. Doch die Tante weigerte sich, sie meinte: erstens habe ich finanziell keine Möglichkeit um die Behandlung zu bezahlen, und ich kann auch nicht täglich für Elise essen besorgen und ihr dann in die Klinik bringen. Es ist leider ein dauerhafter Kreislauf aus dem viele Leute nicht raus kommen. Und somit werden nicht lebensbedrohliche Krankheiten zur Lebensgefahr.
Alle drei Sekunden stirbt irgendwo in den Entwicklungsländern ein Kleinkind unter fünf Jahren an einer eigentlich vermeidbaren Krankheit. Oft überleben Kinder eine Infektion nicht, weil ihr Körper von Hunger geschwächt keine ausreichenden Abwehrkräfte entwickelt. So werden Lungenentzündungen, Durchfälle, Malaria oder Masern zur tödlichen Bedrohung. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind rund ein Viertel aller Kinder unter fünf Jahren unterernährt. Etwa drei Millionen Kinder verhungern. Drastisch formuliert: Allein die Unterernährung bei Kleinkindern raubt alljährlich fast 200 Millionen zu erwartende Lebensjahre.
Die Hauptursachen der Kindersterblichkeiten liegt an dem schmutzigen Wasser, die fehlende Sanitäreinrichtungen, den fehlende Medikamenten und Impfungen. In den Malariagebieten mangelt es vor allem an Moskitonetzen und anderen Maßnahmen
gegen Moskitostiche.
Kikwit ist das Paradies der Früchte und dennoch sind alle besessen von Vitaminpräparaten. Das große Hauptproblem ist hier wirklich, dass die meisten Menschen große Bildungslücken haben weil sie nicht zur Schule gehen können. Daher haben die Leute zum Beispiel auch nicht das Wissen, dass Früchte sehr wichtig für ihre Gesundheit sind. Aber es liegt nicht nur an dem fehlenden Wissen, sie möchten es auch einfach nicht Wahr haben bzw. nicht verstehen, dass man die Gesundheit durch Früchte, die in der Natur wachsen, verbessern bzw. unterstützen kann. Die Einheimischen sind und wollen in dem Glauben bleiben, dass die Gesundheit nur in Form von Tabletten beeinflussbar ist. Die Mangos und Zitronen werden von Kindern lediglich zum Fußball spielen benutzt.
Damit möchte ich nur kurz beschreiben, wie schwer es in diesem Land ist, etwas zu verbessern. Sie haben es einfach nie gelernt und es ist schwer als Außenstehende etwas Neues einzubringen. Viele fragen sich, woher wir „Weißen“ es besser wissen können, kennen wir doch ihr Land und Leben nicht. Sie möchten schon Verbesserungen, verstehen und vertrauen unseren Ratschlägen aber nicht immer.
Hammer Forum hat in Kikwit schon viel erreichen können. Auch ich habe viel Positives erlebt. Auch Mia hat dank uns ihre Beine noch behalten können. Mia hat sich zu Hause an einem kochenden Wassertopf verbrüht, aus finanziellen Gründen konnte die Familie erst nach 3 Monaten zu uns in die Ambulanz kommen. Die Beine sahen wirklich schlimm aus, der einheimische Arzt wollte schon amputieren, doch wir waren dagegen und meinten, wir werden die Behandlung bezahlen und es in unsere Hände nehmen. Nach zweimonatiger täglicher Behandlung ging es Mia wieder erheblich besser und nur die Narben weisen noch auf ihren schweren Unfall hin.
Man sollte nie vergessen, auch kleine Fortschritte brauchen ihre Zeit. Hat man dann aber Fortschritte gemacht, halten diese das Rad immer am laufen. Ich denke, in der D. R. Kongo mag manches Monate dauern, was bei uns nur Wochen dauern würde, doch die Hoffnung darf man nie aufgeben. Es ist dennoch einfach schön und stärkend zu wissen und zu sehen wie vielen Kindern dank unserer Unterstützung geholfen wird.
Auch ich bin an meine Grenzen gestoßen und hatte einige Hürden zu überwinden, doch dank der Unterstützung meiner Familie, meinem Freund/Freunde und vor allem auch dem Hammer Forum Team, besonders Dr. Theophylaktos Emmanouilidis und meinen Vorgängern Yvonne Kehl und Klaus-Dieter Fietze, die spitze Arbeit und gute Vorarbeit geleistet haben, habe ich es geschafft.
Ich wünsche meiner Nachfolgerin alles Gute. Und hoffe, dass auch ich positive Spuren auf dem langen, noch vor uns liegenden Weg hinterlassen habe.
Das Projekt hat mich in vielen Hinsichten geprägt. Einige Kinder werde ich nie vergessen können. Da sie trotz der Armut, ihr Lachen und ihre Fröhlichkeit nicht verloren haben. Das Strahlen ihrer Augen einfach unvergesslich.
Vanessa Fernandez