Barbara von Wienskowski

…DIE EINE SCHÖN UND FLEIßIG DIE ANDERE HÄSSLICH UND FAUL…

Ganz unvermittelt tauchen sie manchmal auf, Zeichen und Bilder, die sich wie Splitter in unser Denken und Fühlen bohren, und plötzlich lässt sich nur noch schwer feststellen, woher diese Fundstücke stammen und ob sie vielleicht doch schon immer da waren.
Barbara von Wienskowski sammelt Erinnerungen, Fotos und Geschichten, Zeichnungen und Zitate. Fragmente aus teils verlorenen, teils disparaten Zusammenhängen, auf der Suche nach neuen Bindungen und einem Platz in der Ordnung der Dinge. Ihre Gegenüberstellung verändert den biografischen Kontext und generiert Perspektiven einer zugrunde liegenden Identität, sie konstruiert Bezüge, ohne Brüche zu verdecken. Die Archivierung in Büchern und Alben schafft einen Rahmen operativer Distanz, der eine Analyse der fiktiven Dokumentationen auf Homologien mit eigenen Erfahrungen ermöglicht. Wie fügen sich die verschiedenen Splitter, die unser Leben ausmachen, zu einer totalisierenden Erzählung zusammen? Und welche Faktoren steuern unseren Blick auf die Welt und auf uns selbst?

Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig die andere hässlich und faul. Sie hatte aber die hässliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber….

Ein veränderter Blickwinkel legt die labile Selbstverständlichkeit unserer Urteile und ihre äußeren Begrenzungen bloß. Und dann gleichen sich Goldmarie und Pechmarie wie Zwillinge und sind nur noch mittels ihrer sprachlichen Etikettierung von einander unterscheidbar.

Für die Figur “ Frozen Charly” hat sich die Künstlerin vom Katalogbild einer Porzellanpuppe aus dem 19. Jahrhundert inspirieren lassen, die den Namen “Frozen Charlotte” trägt. Die Konfrontation mit den Erwartungen seiner Umwelt und dem darüber vermittelten Idealbild führen das kleine Mädchen in einen Zustand der Erstarrung, in dem es sich der Identifikationsfigur weitest möglich angleicht. Klischeebilder einer behüteten Kindheit wie die Oblaten, die man aus Poesiealben kennt, transportieren übertriebene Vorstellungen einer heilen Welt” mit vorgeprägten Rollenverteilungen und Verhaltensmustern. Indem die Künstlerin sich dieser Motive annimmt, im Kindchenschema übersteigert- mit riesigen Augen und kleinem Mund-, verweist sie auf die Diskrepanz von innerer und äußerer Realität, von Erblicktem und Artikuliertem, von imaginärer und symbolischer Ordnung.

Patricia Holder

…..THE ONE BEAUTIFUL AND INDUSTRIOUS, THE OTHER ONE UGLY AND LAZY…

Sometimes completely unexpectedly, they emerge, characters and pictures, which bore themselves like Fragments into our thinking and feeling, and suddenly it can only be determined with difficulty from where these pieces come and whether, perhaps, they were always there.
Barbara von Wienskowski collects: memories, photos and stories, drawings and quotations. Fragments of partly lost, partly disparate connections, searching for new links and a place in the order of the things. Their confrontation changes the biographic context and generates perspectives of an underlying identity; she designs references, without covering breaks. Archiving in books and albums creates a framework of operational distance, which enables an analysis of the fictitious documentations on homologists with one’s own experiences. How do the different fragments, which constitute our life, add themselves together to form a totalising narration? And which factors control our view of the world and ourselves?

A widow had two daughters, of which, one was beautiful and industrious, the other one ugly and lazy. However, she preferred the ugly and lazy one, because she was her rightful daughter…

A changed view exposes the unstable taken-for-grantedness of our judgements and their outer limitations-. And then Goldmarie and Pechmarie compare themselves as twins and are only distinguishable from one another by means of their linguistic labelling.

For the figure of the “Frozen Charly” the artist sought inspiration from a catalogue picture of a porcelain doll from the nineteenth century, which had the name Frozen Charlotte. The confrontation with expectations of her environment and the thereby created ideal picture leads the little girl into a frozen status, in which she adapts herself to be as similar to the identification figure as possible.
Clichéd pictures of a protected childhood like the wafers, which one knows from poetry albums, transporting exaggerated conceptions of a “healthy world” with pre- defined distributions- of roles and behaviour patterns. That the artist takes note of these motives in the small child’s scheme of things exaggerated- with enormous eyes and small mouth-, she refers to the discrepancy of internal and outer reality, of seeing and articulating, from imaginary and symbolic order.

Patricia Holder



Barbara von Wienskowski
barbara@vonwienskowski.de
studierte Freie Kunst an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg
und absolvierte ein Aufbaustudium Kunsttherapie an der Hochschule für Bildende Künste in München
Lebt und arbeitet in Hamburg.