Artikel aus der Zeitschrift "Eigenheim" vom Sommer 2000


Lehm: Baustoff aus der Erde - Material und Zusammensetzung

Bei diesem Material handelt es sich um ein Gemenge aus dem Bindemittel Ton, aus Schluff (Gesteinsmehl), Sand und Feinkies; der Fundort bestimmt dabei die jeweilige Zusammensetzung. Magerer Lehm hat einen höheren Anteil an Sand und Feinkies. Fetter Lehm hingegen beinhaltet mehr Ton und verdunstet beim Trocknen hohe Wassermengen. Hier drohen beim Verbauen besonders starke Schwundrisse und Setzungsschäden. Eine "Abmagerungskur" des Tons, also die Zugabe von Kies und Sand, schafft Abhilfe. Das "Rezept" für den geeigneten Baustoff sieht folgendes Mischungsverhältnis vor: Zehn bis fünfzehn Gewichtsanteile Ton, dreißig bis fünfzig Schluff, vierzig bis sechzig Sand. Um festzustellen, ob ein Lehmvorkommen zum Bau eines Hauses geeignet ist, müssen mehrere Prüfverfahren vorgenommen werden. Diese finden Sie in der Literatur beschrieben oder Sie wenden sich an eigens dafür zugelassene Ingenieurbüros. Adressen dazu erhalten Sie über die Ingenieurkammern der Länder.

 

Gesundes Wohnen in Lehmhäusern:

Lehm - in der Medizin findet dieses Material bereits seit jeher als Heilerde Anwendung. Beim Hausbau galt das altbekannte Material nach dem Krieg als "Notlösung" und verlor in den Jahren des Wirtschaftswunders mehr und mehr an Bedeutung. Doch mit dem zunehmenden Interesse an gesundem Wohnen besann man sich Anfang der achtziger Jahre auch wieder auf die positiven Eigenschaften des Naturproduktes: Nicht zuletzt wegen seiner antiallergenen Wirkung und der Fähigkeit, Gerüche zu binden sowie in Wasserdampf gelöste Gifte zu absorbieren, erlebte der fast vergessen geglaubte Baustoff damit eine Renaissance. Dazu kommt, daß Lehm mittels der wasserbindenden Tonmineralien die Luftfeuchtigkeit reguliert und so für ein unübertroffen günstiges Raumklima sorgt: In Lehmhäusern herrscht über das ganze Jahr eine konstante Luftfeuchtigkeit von etwa 55 Prozent. Viele Bewohner empfinden aus diesen Gründen ihr Lehmhaus als kleines Sanatorium, in dem allergische Reaktionen abklingen und Erkältungskrankheiten deutlich seltener auftreten.

 

Vorteile des Bauens mit Lehm:

Auch in anderen Bereichen kann sich Lehm mühelos mit "üblichen" Baumaterialien messen: Beim Bauen mit Lehm wird zum Beispiel nur ein Bruchteil der Energie benötigt, die gebrannte Ziegel oder Beton verschlingen würden. Zunächst erübrigen sich meist lange Transportwege, da Lehm fast überall aus der eigenen Baugrube entnommen werden kann. Zudem wird Lehm nicht gebrannt, sondern nur an der Luft getrocknet - ein nicht zu vernachlässigender Vorteil in Punkto Energiesparen gegenüber seinen "gebrannten" Kollegen. Zu guter letzt ist das Material reparaturfreundlich oder gar recyclebar: Lehm kann durch Wasserzugabe eingesumpft und anschließend vollständig wieder verwendet werden. Das alles kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern auch dem Geldbeutel des Bauherrn. Weitere Vorteile sind gute Brandschutzeigenschaften und effektiver Schallschutz. Dieser hängt direkt von der Dichte des Lehms und der Dicke des Bauteils ab: Je dichter und dicker das Material, umso besser. Allerdings müssen mit Massivlehm gefüllte Zwischendecken durch schwimmende Estriche gegen Trittschall gedämmt werden; hervorragend bewährt haben sich hier als Dämmstoffe Jutefilzmatten. Der größte Vorteil des Baustoffs liegt aber in seiner Fähigkeit, Feuchtigkeit zu regulieren. In trockenem Zustand nimmt Lehm Nässe aus Holzbauteilen, also aus Fachwerk, Deckenbalken oder dergleichen auf und gibt diese nach außen ab. So wirkt der Baustoff auf Holz konservierend und schützend zugleich, verhindert er doch damit Fäulnis und Schädlingsbefall. Aus diesem Grund findet man in vielen alten Häusern Holzteile in hervorragendem Zustand vor.

 

Dämmung:

Mit moderner Leichtlehmtechnik ist selbst der geforderte Niedrigenergiestandard von Eigenheimen problemlos und sogar kostengünstig zu erreichen. Dabei werden dem Lehm Dämmstoffe beigemengt. Die Palette reicht hier von sehr billigem Stroh über Häcksel oder Sägemehl bis hin zu Bims oder Blähton. Fügt man beispielsweise Häcksel zu, so ist eine optimale Lehmdichte von 700 kg/m³ erreichbar: Dieser Leichtlehm ermöglicht bei einer zirka 37 Zentimeter dicken und beidseitig verputzten Wand einen Wärmedurchgangskoeffizienten von U = 0,5 W/m²K. Damit steht er bei der Verwendung zur Ausfachung von Holzfachwerk - Leichtlehm ist konstruktiv nicht tragend und bedarf deshalb eines Stützskeletts - seinen Baustoff-Kollegen fast in nichts nach. Wird der Anteil an Dämmmaterialien verringert, können Ziegel aus Lehm ab einer Dichte von mindestens 1600 kg/m³ auch für tragende Wände eingesetzt werden. Lehmziegel dieser Dichte entsprechen in ihrer Tragfähigkeit Porenleichtziegeln. Allerdings verfügt eine Wand aus gebrannten Ziegeln dieser Art über eine bessere Wärmedämmung.

 

Außenwandschutz:

Da Lehm nicht chemisch abbindet, sondern seine Festigkeit lediglich durch den Trocknungsvorgang erreicht, muss Nässe von Gebäuden ferngehalten werden. Konstruktive Maßnahmen wie große Dachüberstände, Tropfkanten an Fensterbrettern, ein gemauerter Sockel und waagrechte Sperrschichten verhindern Probleme mit Regen und Feuchte aus dem Erdreich. Die lehmbauerfahrenen Franzosen sprechen hier vom großen Hut und den guten Schuhen eines Lehmhauses. Ergänzt werden sollten sie durch dampfdurchlässige Kalkputze, die bei Leichtlehmwänden ohne Putzträger haften und sich schlagregenhemmend ausführen lassen. Als schützender Außenanstrich dient Kalk oder Kaseinleimfarbe. Allerdings nehmen diese Gemische aus Sumpfkalk, Quark und Speiseöl hohe Luftverschmutzung übel. Zudem müssen sie in Frescotechnik aufgebracht werden - also auf noch feuchten Putz, was gerade in heißen Sommermonaten nicht einfach zu bewerkstelligen ist. Einfacher in der Anwendung erweisen sich Silikatfarben. Bei starker Bewitterung wäre eine hinterlüftete Fassade aus Holzschindeln, Brettern oder Klinkersteinen vorzuziehen.

 

Bislang keine einheitlichen Normen für Lehmbauten:

Zwar ist Lehm als Baustoff schon seit rund 9000 Jahren bekannt, dennoch hat der "Naturbursche" oft gegen ein schlechtes Image zu kämpfen: Der Baustoff wird häufig als zu primitiv und zu wenig dauerhaft abgetan. Doch mit der Realität haben diese Meinungen nichts gemein. Ist der Bau fachmännisch ausgeführt, zeichnen sich Lehmhäuser durchaus als langlebig aus. Heute gibt es in Deutschland noch viele alte Lehmgebäude, überwiegend Fachwerk. Manche davon sind 700 Jahre alt und immer noch intakt. Muss dennoch saniert werden, liegt das selten am Lehm selbst, sondern meist an beschädigtem Nässeschutz. Das Wissen um das Bauen mit Lehm ging seit Beginn des 20. Jahrhunderts zum Teil verloren und wird erst allmählich wieder entdeckt. Daraus ergibt sich für Neubauten aus Lehm ein Problem, denn für Genehmigungsverfahren existieren keine einheitlichen Regelungen und seit 1971 keine gültigen Normen mehr. Bauaufsichtsbehörden verwenden momentan meist als Grundlage das Buch "Lehmbau Regeln" (ISBN 978-3-8348-0189-0,
Vieweg+Teubner GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 3. überarbeitete Auflage, 2009), in welchem die 1971 als veraltet zurückgezogenen DIN-Normen aufgegriffen und modernen Anwendungen von Lehmbaustoffen angepasst wurden. Erkundigen Sie sich darüber rechtzeitig vor Baubeginn bei Ihrer zuständigen Behörde.

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