COVID-19 und wir: Eine Chronologie des Versagens

Heute, am letzten Tag meiner behördlich angeordneten Quarantäne, ist ein guter Zeitpunkt, mal eine Chronologie der Ereignisse mit unserer ganz persönlichen SARS-CoV-2-Erfahrung niederzutippen. Fangen wir also ganz vorne an:

Montag, 26. Oktober

Nachdem ich mich bereits eine Woche lang ziemlich schlecht gefühlt habe, sehe ich mich heute in der Lage, meinen neuen Hausarzt aufzusuchen. Neu deswegen, weil wir kürzlich von Neuss nach Krefeld gezogen sind. Merken, das wird später noch wichtig. Nach Schilderung der Symptome wird ein Abstrich gemacht und ich werde mit Krankmeldung nach Hause geschickt, mit der Empfehlung, nicht mehr draußen rumzulaufen. Da ich mich eh nicht danach fühle, ist das nicht weiter schwierig.

Mittwoch, 28. Oktober

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Am Nachmittag erreicht mich mein positives Testergebnis per App, später dann auch per Anruf durch meine Hausärztin. Damit ist klar, dass ich die nächsten zwei Wochen zu Hause verbringen werde und ich erwarte den Anruf des Gesundheitsamts für den offiziellen Teil der häuslichen Quarantäne. Mittlerweile zeigt auch das Lebensgefährt Symptome, die auf eine Ansteckung hindeuten und sie beschließt, sich ebenfalls testen zu lassen.

Donnerstag, 29. Oktober

Das Lebensgefährt lässt sich ebenfalls beim Hausarzt testen. Der Einfachheit halber geht sie ebenfalls zu der Ärztin, bei der ich auch war. Um den Testreigen zu komplettieren und nach Rücksprache mit der Krefelder Corona-Hotline machen wir einen Termin für einen Abstrich bei der Larve im Krefelder Testzentrum für den nächsten Tag.

Ich werde vom Gesundheitsamt angerufen, allerdings nicht, um meine Quarantäne offiziell zu machen, sondern lediglich um meine Adresse zu verifizieren. Das hat den Grund, dass wir erst kurz vor meiner Erkrankung nach Krefeld gezogen sind und mein Termin zur Ummeldung im Krefelder Bürgeramt erst Ende November ist. Momentan kann man ja nicht einfach so ins Amt marschieren und sich den Aufkleber in den Personalausweis pappen zu lassen, was ja coronabedingt auch sehr nachvollziehbar ist. Dadurch bin ich aber logischerweise noch nicht in Krefeld, sondern in Neuss gemeldet - da ich aber beim Arzt meine neue, aktuelle, Adresse angegeben habe, gab es da wohl Verwirrung. Es scheint also seinen Weg zu gehen, denke ich.

Freitag, 30. Oktober

Das Kind wird getestet. Ein großes Vergnügen für einen Dreijährigen, aber so hat man es immerhin hinter sich. Damit sind wir jetzt alle fürs erste in häuslicher Quarantäne, wobei diese bisher nicht auf einer offiziellen behördlichen Anordnung qua Anruf oder Brief basiert, sondern lediglich auf gesundem Menschenverstand und dem, was die Corona-App mir so erzählt hat.

Samstag, 31. Oktober

Ich vertreibe klingelnde Kinder, die Halloween zelebrieren wollen, mit einem selbstgemalten “Wir haben Corona”-Schild. Es sind die kleinen Sachen, die Freude machen.

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Sonntag, 01. November

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Das Testergebnis der Larve kommt per Link - er ist negativ. Auch das wird später noch wichtig. Das Lebensgefährt hat bisher noch kein Testergebnis. Ich wurde bisher noch nicht vom Gesundheitsamt kontaktiert.

Montag, 02. November

Wir erfreuen uns an den Errungenschaften der Amazonisierung des Lebensmitteleinzelhandels und lassen uns tüchtig beliefern. Immerhin etwas.

Da ich immer noch nicht offiziell kontaktiert worden bin, fange ich an, dem Gesundheitsamt hinterher zu telefonieren. Ich weiß zwar, dass ich zwei Wochen zu Hause zu bleiben habe, brauche aber dennoch die offizielle Bescheinigung des Gesundheitsamts. Das ist relativ fruchtlos, da meine Akte irgendwie verschwunden zu sein scheint. Man findet also nichts zu meinem Fall und das, obwohl ich letzte Woche zur Adressverifizierung ja schon vom Gesundheitsamt angerufen wurde. Es bleibt also spannend.

Dienstag, 03. November

Das Testergebnis des Lebensgefährts kommt per Anruf vom Hausarzt, allerdings nicht per App. Die Benachrichtigung per App wird auch in Zukunft nicht kommen. Gut gemacht SAP. 

Sie ist auch positiv.

Mittwoch, 04. November

Das Lebensgefährt wird vom Krefelder Gesundheitsamt angerufen und offiziell quarantänisiert. Die Abfrage von Ansteckungsweg und Kontaktpersonen fördert unweigerlich auch zu Tage, dass ich hier der höchstwahrscheinliche Verbreitungsvektor bin, ich aber nirgendwo als ebenfalls Haushaltsangehöriger mit ebenfalls positivem Testergebnis in der Akte des Lebensgefährts auftauche. Da das Lebensgefährt terminlich etwas gesegneter war und bereits in Krefeld gemeldet ist, war das in diesem Fall offenbar etwas einfacher. Als Krefelder bekommt man also keine Testergebnisse per Corona-App, aber wird immerhin nicht vom Gesundheitsamt verschlampt. Irgendwas ist ja immer.

Das Telefonat des Lebensgefährts mit dem Krefelder Gesundheitsamt endet in dem Tipp, dass ich doch mal das Neusser Gesundheitsamt anrufen solle, weil ja möglicherweise meine Akte aufgrund des Melderegisters dort gelandet sein könnte. 

Das mache ich dann auch. Zunächst bringt das die Erkenntnis, dass die Warteschleifenmusik der Neusser Corona-Hotline noch viel schäbiger ist als die Krefelder Playlist. Des weiteren ist mein Fall auch dort nicht bekannt, ich diktiere dem Mitarbeiter aber meinen Verlauf und alle relevanten Informationen in die Tastatur, damit ich wenigstens irgendwo erfasst bin. Das Gespräch endet mit der Ankündigung, dass man sich bei mir melden würde.

Donnerstag, 05. November

Man meldet sich bei mir. Allerdings nicht aus Neuss, sondern das Krefelder Gesundheitsamt scheint meine Akte wiedergefunden zu haben. 

Da meine Quarantäne sich so langsam dem Ende zuneigt, werde ich noch mal offiziell belehrt, muss ja alles seine Ordnung haben.

Mir wird also gesagt, dass ich ab dem kommenden Dienstag um Mitternacht wieder das Haus verlassen dürfe, das gleiche gälte auch für die Larve. Die hat ja seit nunmehr anderthalb Wochen keinen Kontakt meht zu anderen Kindern und ist negativ getestet und konsequent symptomfrei, also sind wir guter Dinge, nicht zuletzt weil die Larve eindeutig zu viel elektronische Medien konsumiert - dafür kann er jetzt “The Wheels on the bus” auf englisch singen, ohne zu wissen, was es bedeutet. Immerhin etwas.

Darüber hinaus erkläre ich dem Krefelder Gesundheitsamt, dass ich gestern meinen Fall bereits eigenständig dem Neusser Gesundheitsamt gemeldet habe und man dieses doch bitte unter sich ausmachen möge.

Freitag, Samstag, Sonntag

Da es uns zunehmend besser geht und die gemeinschaftliche Internierung in die Zielgerade einschwenkt, ist die Stimmung allenthalben gelöst. 

Montag, 09. November

Heute wurde das Lebensgefährt erneut vom Krefelder Gesundheitsamt angerufen. Um - ein weiteres Mal - Symptome abzufragen und - ein weiteres Mal - die Quarantäne für das Lebensgefährt bis Donnerstag einschließlich auszusprechen. Redundanz scheint hier groß geschrieben zu werden.

Dabei stellte sich dann auch mal wieder heraus, dass ich immer noch nicht dieser häuslichen Gemeinschaft zugeordnet worden bin (”Sie leben mit ihrem Sohn alleine?”) sondern auch, dass laut dem hochqualifizierten Gesundheitsamtsmitarbeiter, der offenbar in Sachen Corona blitzgeschult wurde - normalerweise traut man ihm laut eigener Aussage eher zu, die Kühlkette von Dönerspießen zu überprüfen; er nennt es allerdings Lebensmittelkontrolleur - das Kind entweder noch einmal getestet werden müsste oder anderenfalls noch weitere zwei Wochen in Quarantäne zu verbleiben hätte.

Das war dann der Moment, in dem uns gemeinschaftlich der Arsch geplatzt ist, um es mal diplomatisch auszudrücken.

Nicht nur, dass die insgesamt vier Wochen ohne soziale Kontakte zu Gleichaltrigen mit Sicherheit keine sonderlich positiven Auswirkungen auf die Larve (und mittelbar auch auf uns) haben dürften.

Vor allem die Tatsache, dass das Kind durchgängig symptomfrei und negativ getestet worden ist, lässt einen ein wenig fassungslos zurück. Ja, er hätte sich auch nach dem Test noch bei uns anstecken können. Aber selbst dann wäre er, abgesehen von der Symptomfreiheit, jetzt nicht mehr ansteckend, weil man 5-7 Tage ansteckend ist. Dazu kommt dann noch, dass selbst das Krefelder Gesundheitsamt schreibt, dass ein Test bei Symptomfreiheit sinnlos ist, weil er nicht aussagekräftig ist.

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Der kompetente Dönerkontrolleur stellte dem Lebensgefährt daraufhin einen Anruf des Amtsarztes in Aussicht - Im Laufe der Woche. Unser gemeinschaftlicher Klimmzug, diesen Vorgang zu beschleunigen und selbst jemanden ans Telefon zu bekommen, indem wir unsere gesammelten Durchwahlen des Gesundheitsamts abtelefonieren, könnte man als mittelmäßig erfolgreich bezeichnen.

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Momentan sind wir also komplett ratlos, weil wir widersprüchliche Informationen erhalten haben (Kind darf am Ende meiner Quarantäne wieder raus, Kind muss weitere zwei Wochen Quarantäne erdulden, Kind muss erneut getestet werden, Symptomfreie Personen werden nicht getestet etc.).

Worüber ich mich ärgere

Diese zwei Wochen mit SARS-CoV-2 im Haus haben mir relativ schonungslos gezeigt, dass eine effektive digitale Verwaltung in Deutschland krachend gescheitert und für mindestens 10 Jahre verschlafen und verschleppt wurde.

Wie können Akten verschwinden, wieder auftauchen, Vermerke gemacht werden und dann immer und immer wieder die gleiche Information wiederholt werden? 

Warum muss ich als Betroffener allem hinterher telefonieren und werde nicht angemessen informiert? 

Warum funktioniert die Corona-App in unserer nicht repräsentativen Stichprobe nur in 50% der Fälle so wie sie sollte?

Warum kann sich die Verwaltung nach nunmehr fast 10 Monaten Corona in Deutschland nicht entsprechend aufstellen, vernünftige Informationen für Mitarbeiter bereitstellen und diese entsprechend an die Betroffenen weitergeben? Wenn ich mir die Personalkosten für die öffentliche Verwaltung so anschaue, kann ich mir nicht vorstellen, dass es an mangelnder Personaldichte liegt.

Warum lässt man allenfalls mittelmäßig geschulte Mitarbeiter widersprüchliche Aussagen, man könnte meinen aus einer Laune heraus, treffen?

Versöhnliches Ende?

Ich sehe sehr wohl ein, dass wir uns nach wie vor in einer volatilen Situation befinden, die zum jetzigen Zeitpunkt auch auf einem vorher noch nicht da gewesenen Höhepunkt ist, was das allgemeine Infektionsaufkommen angeht. Ich sehe allerdings nicht ein, dass diese Situation letztendlich auf Kosten der Betroffenen und in allerletzter Härte auf dem Rücken von Kindern ausgetragen wird.

Ich bin sauer. 

Nicht über die Maßnahmen an sich, die sinnvoll sind und dem Schutz aller dienen. 

Ich bin sauer darüber, dass wir es in einem Dreivierteljahr nicht hinbekommen haben, Informationsflüsse effektiv zu organisieren, Mitarbeiter zu schulen und schlicht die basalsten Dinge zu organisieren, um diese Krise zu bewältigen. Denn so wie es sich für mich als betroffenen Beobachter darstellt, kommt vor einem möglichen Zusammenbruch des Gesundheitssystems (möge ein höheres Wesen eurer Wahl uns davor bewahren) der garantierte Zusammenbruch der Verwaltung aufgrund jahrzehntelangen organisatorischen Versagens.

Reden wir mal über Nachhaltigkeit, EMSA!

Update 11/2023: Da ich in jüngster Zeit relativ regelmäßig E-Mails zu diesem Beitrag erhalte - offenbar rankt dieser Text recht gut - hier ein aktueller Hinweis. Offenbar ist es mittlerweile möglich, entsprechende Ersatzteile bei EMSA zu erhalten. Es könnte sich also lohnen, Kontakt mit EMSA aufzunehmen. Für uns mittlerweile nicht mehr relevant, da das betreffende Kind mittlerweile in der Schule ist und unfallfrei aus Gläsern und Flaschen trinkt. Den Text lasse ich aus digitalhistorischen Gründen natürlich trotzdem hier stehen, die Fairness gebietet es aber, EMSA nicht mehr grundlos in die Pfanne zu hauen. 

Der ursprüngliche Text beginnt hier:

Das sollte man nämlich wirklich tun. Ich erkläre mal kurz, weswegen:

Wir haben für unseren Sohn Trinkflaschen von EMSA gekauft (okay, die eine, weil wir dachten, wir hätten die andere irgendwo verloren, was sich als Irrtum herausgestellt hat, also haben wir jetzt zwei, aber darum geht es jetzt nicht), damit wir nicht darauf angewiesen sind, irgendwo Wasser in Plastikflaschen für ihn zu kaufen. Da unser Sohn mit seinen mittlerweile drei Jahren exakt so umsichtig ist, wie man es von einem Dreijährigen so erwarten kann, haben wir auf eine gewisse Robustheit und eine sichere aber einfach zu verwendende Art des Verschlusses geachtet.

So sind wir auf die Trinkflaschen von EMSA gekommen. Wir haben unter anderem diese hier, unsere zweite Flasche ist baugleich mit anderem Dekor.

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Hier sieht man (Screenshots im übrigen von emsa.com) den Verschlussmechanismus, um den es jetzt gehen soll. Man kann diesen zu Reinigungszwecken einfach und komplett zerlegen.

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Worum es jetzt geht, ist das Mundstück, welches man ganz oben sieht. Das ist aus weichem Plastik, also hübsch anschmiegsam und trinkfreundlich. Durch diese Anschmiegsamkeit bringt es aber noch eine weitere Eigenschaft mit sich. Man kann, wenn man drei Jahre alt ist und sich altersgerecht verhält, ganz toll darauf herumkauen.

Wenn man auf diesem Mundstück herumkaut, geht dieses Mundstück leider irgendwann kaputt. Das sieht dann zum Beispiel so aus.

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Nun denkt ja der geneigte Kunde, wenn EMSA schon einen komplett zerlegbaren Trinkmechanismus anbietet, sollte es ja auch kein größeres Problem darstellen, ein Verschleissteil - wir reden hier von weichem Plastik, welches auf unerbittliche Milchgebisse und ihre Benutzer trifft - zu ersetzen.

Da ich auf der Webseite und im Onlineshop sowie beim großen A nichts entsprechendes gefunden habe, schreibe ich also per Kontaktformular und eine Woche später, da man sich nicht meldet, per Facebook, an EMSA. Um mehr oder weniger zeitgleich auf beiden Kanälen eine ähnlich lautende Antwort zu bekommen:

“Leider sind die Einzelteile des Deckels keine gängigen Ersatzteile, weswegen sie nicht einzeln erworben werden können.”
(Facebook Support)

“Gerne würden wir Ihnen helfen. Ersatzteile bieten wir für dieses Flaschen-Modell allerdings nicht an.”
(E-Mail Support)

Ich fasse also mal zusammen. Das einzige Teil, bei dem man realistisch davon ausgehen kann, dass es überhaupt kaputtgeht - WEIL ES DAS EINZIGE TEIL AN DER GESAMTEN FLASCHE IST, WELCHES BEI SACHGERECHTER BENUTZUNG EINER NENNENSWERTEN MECHANISCHEN BELASTUNG AUSGESETZT IST - ist laut Facebook-Support kein gängiges Ersatzteil. Das ist ungefähr so, als wenn man zu einem Auto keine Reifen kaufen könnte, Freunde der Sonne.

Oder wie der E-Mail Support elaboriert: es gibt überhaupt keine Ersatzteile für dieses Flaschenmodell. 

Das bringt mich zum finalen Höhepunkt:

Liebe Firma EMSA,
auf deiner Webseite finde ich nicht nur einen einsamen Artikel, sondern eine ganze Kategorie in deinem Corporate Blog, die sich mit Nachhaltigkeit, Wiederverwendbarkeit und Zero Waste befasst. Und das seit 2015 mit insgesamt 71 Artikeln in dieser Kategorie! (Übrigens hier zu finden: https://www.emsa.com/blog/nachhaltig-leben/)

Wie passt das zu einer Produktpolitik, die mich jetzt, sollte ich auf die verrückte Idee kommen, dass mein Sohn nicht versehentlich irgendwelche Plastikteilchen von euren Trinkflaschen verschlucken soll, dazu zwingt, diese beiden ansonsten in einem perfekten Zustand befindlichen Flaschen zu entsorgen, weil keine sichere Funktion mehr gewährleistet ist?

Könnte eure Nachhaltigkeits-Blogger-Armada vielleicht mal einen Artikel darüber schreiben, was man nach ungefähr einem Jahr mit euren Kindertrinkflaschen so veranstalten kann, nachdem man sie aus Sicherheitsgründen nicht mehr für ihren ursprünglichen Einsatzzweck verwenden kann? Vielleicht eine schöne Upcycling-Fotostrecke, wie ihr die Flaschen mit Rosmarin bepflanzt für eine tolle Kräuterecke in der Küche?

Zusammengefasst kann man sagen, dass ich gerade mindestens genau so angefressen bin wie die Mundstücke eurer Trinkflaschen und ich momentan nicht gewillt bin, Produkte aus eurem Hause für zukünftige Anschaffungen auch nur entfernt in Erwägung zu ziehen. Außerdem kann ich jedem nur abraten, eure Produkte zu kaufen, weil ich es für eine absolute Frechheit und ein Zeichen von allumfassender Inkompetenz halte, seine Produkte auf diese Art und Weise in kurzer Zeit zur Unbenutzbarkeit zu verdammen.

Solltet ihr euch entscheiden, mir dennoch Ersatzteile schicken zu wollen oder gar offiziell diese Mundstücke als Ersatz anzubieten - meine Adresse findet ihr sicherlich irgendwo in eurem CRM. Oder hier im Impressum. Ich bin gespannt.

tl;dr - Die Firma EMSA spielt den nachhaltigen Zero Waste-Kumpel, ist aber nicht in der Lage oder willens, Verschleißteile ihrer Produkte als Ersatzteil anzubieten, was die Produkte nicht nur sinnlos sondern bei weiterer Verwendung auch potentiell gefährlich für ihre Benutzer (Kinder) macht.

#meinersterlockdown - Tag 1

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Beginnend mit dem heutigen Tag begann für mich eine Homeofficeperiode ohne  zunächst definiertes Ende. Die Gründe dafür sind allgemein bekannt und in drei Worten zusammengefasst: Flatten the curve.

Das allgemein grassierende SARS-CoV-2, oder auch Coronavirus, hat nun auch auf breiter Front Deutschland erreicht und um die Verbreitung zu verlangsamen wurden diverse Maßnahmen ergriffen.

Eine davon ist, dass wir bis auf Weiteres von zu Hause arbeiten werden. Glücklicherweise haben sowohl das Lebensgefährt als auch ich Jobs, bei denen Homeoffice ohne größere Anpassungen möglich ist.

Nichtsdestotrotz gibt es eine zusätzliche Komponente, die ein entspanntes Heimarbeitserlebnis verkomplizieren und diese Komponente wird nächsten Monat 3 Jahre alt und ist etwas über einen Meter groß.

Damit wir später alle was zu lachen haben, fange ich einfach mal an, diesen gesellschaftlichen Einschnitt hier ein wenig zu dokumentieren - #meinersterlockdown:

8 Uhr - Aufstehen. So weit ist alles erst mal wie immer, außer dass ich an normalen Arbeitstagen jetzt schon mit der Larve auf dem Weg zur Tagesmutter wäre. Die hat aber auf behördliche Anordnung bis zum Ende der Osterferien geschlossen, so wie alle anderen Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie Schulen.

8.30 Uhr - Da ab sofort mehr zu Hause gegessen werden wird, nämlich zwei Erwachsene und ein Kind, scheint es clever, ein wenig einkaufen zu gehen. Nicht hamstern, einfach nur einkaufen. Das stellt sich als komplizierter als gedacht heraus. Die Straßen sind zwar angenehm frei, die Regale dummerweise auch. Also nehme ich einfach das mit, was so da ist und aus dem sich irgendwas interessantes zubereiten lässt. Glücklicherweise habe ich eine Metro-Karte, kann also dort auch noch ein wenig aufstocken. Wir sind jetzt also erstmal versorgt. Auf ins Homeoffice.

10 Uhr - Lagebesprechung per Internet mit dem Team. Da mein Homeoffice noch nicht stadtfein ist, ist es sehr praktisch, dass man in MS Teams den Hintergrund unscharf schalten kann. 

So langsam zeigen sich die Herausforderungen des Homeoffice mit Heranwachsenden - einer von beiden muss das Kind bespaßen und da wir heute abwechselnd immer wieder Calls haben und auch noch anderes zu tun haben, wechseln wir uns irgendwie ab. So oder so ähnlich werden also die nächsten fünf Wochen aussehen.

12.30 Uhr - Resteverwertung. Es gab noch Entenbrustfilets im Kühlschrank, also schnell eine Sataysauce gebastelt und die Filets rosa angebraten. Wenn schon, dann wenigstens mit ein bisschen Stil.

14.30 Uhr - Kinderbespaßung. Wenn man das Kind nicht permanent einer Serie überlassen will, in der ein zehnjähriges Kind mit unbegrenzten Finanzmitteln gemeinsam mit sechs Hundewelpen sämtlichen öffentlichen Dienst und Teile der Exekutive einer Stadt, die von einer vollkommen verblödeten Bürgermeisterin mit Haushuhn geleitet wird, übernimmt OHNE DASS ES JEMANDEN  ZU JUCKEN SCHEINT!!!! - dann wird halt Parkhaus, Auto, Bahn und Ball gespielt und was vorgelesen. Sind wir mal ehrlich - für das familiäre Sozialgefüge kann so eine Periode des Zuhausebleibens durchaus auch was Positives haben.

16.30 Uhr - Letztes Mailchecken am Laptop, der Rest läuft übers Diensthandy.

18 Uhr - Der um 15 Uhr bestellte Flaschenpost-Lieferant trudelt ein. Zwar zu spät, aber bester Laune. Respekt für alle Dienstleister.

Mal schauen wie es morgen wird.

Gulasch

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Ich habe vor Jahren mal ein Gulaschrezept im Netz gefunden, welches ich in leicht abgewandelter Form immer wieder koche. Da die Seite, auf der ich das Rezept gefunden habe, seit fünf Jahren nicht mehr aktualisiert wurde und das Rezept selbst von 2005 stammt, habe ich zunehmend Panik, dass es verschwinden könnte - nicht zuletzt deshalb, weil ich jedes Mal im Supermarkt diese Seite google, weil ich mir die Zutaten nicht merken kann. Daher scheint mir jetzt die Zeit gekommen, das Rezept mal hier festzuhalten. Die Credits für die Originalquelle gehen aber natürlich an diese Seite.

Wie alle meine favorisierten Rezepte glänzt auch dieses durch seine Einfachheit und das Gericht gewinnt massiv durch die in den Kochvorgang investierte Zeit.

Zunächst einmal das Fleisch. Ich nehme gerne das Bürgermeisterstück oder die Wade vom Rind am Stück und zerlege sie selbst in recht große Stücke, eine Kantenlänge von ca. 3-4 cm passt auf jeden Fall. Ein Stück von ca. 2 Kilogramm sollte ausreichen. Grobe Fettstücke sollte man entfernen, aber generell sollte Fett schon noch im Spiel sein. Für den Geschmack und so.

Die zweite relevante Zutat sind Zwiebeln. Ich nehme gerne süße Zwiebeln, aber jede andere Zwiebel tut es genauso. Mengenmäßig sollte man sich hier ungefähr an der Fleischmenge orientieren, bei mir sind es meist so um die 1.800 Gramm Zwiebeln. Die Zwiebeln in einigermaßen große Stücke zerlegen - während des Kochens zerfallen sie ohnehin und man kaut nicht auf riesigen Zwiebelstücken herum. Versprochen. Ich bin meist faul und jage sie durch den Schneidaufsatz der Küchenmaschine und zerlege sie so in Streifen.

Jetzt geht es ans Anbraten.

Man nehme also einen möglichst großen Topf - ich nehme einen Bräter, dort habe ich auch genug Grundfläche für ein schönes Anbratergebnis.

Dort lässt man eine generöse Menge Schweineschmalz heiß werden - nicht scheu sein mit der Menge, Fett ist Geschmacksträger - und gibt die Zwiebeln hinzu und lässt diese goldbraun anbraten. Hier zahlt es sich dann aufgrund der Menge aus, wenn man einen Topf mit einer möglichst großen Grundfläche gewählt hat.

Wenn die Zwiebeln schön braun geworden sind, Chilischote hinzugeben. Hier kann man entweder getrocknete oder frische Schoten nehmen, Sorte und Menge hängt natürlich von der jeweiligen Schmerzgrenze ab. Ich würde es nicht übertreiben, ganz ohne funktioniert es meiner Meinung nach aber auch nicht.

Die Chili kurz mitschmurgeln lassen und dann das Fleisch hinzugeben, salzen und pfeffern. Das Fleisch zusammen mit den Zwiebeln anbraten. Es wird Fleischsaft austreten. Diese austretende Flüssigkeit komplett verkochen lassen, bis das Fleisch wieder anfängt zu braten. Das dauert ein wenig, die Zeit sollte man sich allerdings nehmen. Wie oben schon gesagt, gewinnt dieses Gericht deutlich mit der Menge der in den Kochvorgang investierten Zeit.

Währenddessen kann man sich an die Würzpaste machen. Diese besteht aus Majoran, Kümmel, Knoblauch und Zitronenschalenabrieb. Ungefähr 3 frische Knoblauchzehen, den Abrieb einer Biozitrone und eine dazu passende Menge Kümmel und Majoran im Mörser zusammengeben und zu einer Paste verarbeiten.

Wenn das Fleisch wieder brät, ein paar Teelöffel der Paste sowie reichlich edelsüßes und scharfes Paprikapulver hinzugeben und kurz anbraten lassen. Nicht zu lange, da das Paprikapulver sonst bitter wird. Das Ganze dann mit einer guten Menge Rotwein (ich nehme meist eine halbe Flasche) ablöschen und damit den Bodensatz, also den Geschmack, vom Topfboden lösen.

Den Rotwein komplett verkochen lassen.

Dann mit Bratenfond, Rinderfond oder Rinderbrühe auffüllen, mindestens bis das gesamte Fleisch mit Flüssigkeit bedeckt ist, gerne auch etwas mehr.

Jetzt heißt es: Geduld haben und das Gulasch langsam vor sich hin köcheln lassen. Mit jeder Stunde wird es besser, das Fleisch zarter und die Sauce sämiger. Ich gebe dem Gulasch gerne den gesamten Tag Zeit - wenn es abends Gulasch geben soll, steht es spätestens um 12 zum Köcheln auf dem Herd und hat dann noch 6-8 Stunden Zeit. Noch besser wird es natürlich, wenn man es am nächsten Tag noch mal aufwärmt.

Dazu passen Spätzle, Klöße mit Rotkohl oder Kartoffeln. Guten Appetit.

Backen ist doof? Beweist mir das Gegenteil. #IchKnackeDasBacken

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Ich halte mich für einen leidlich brauchbaren Koch, wenn es um bestimmte Gerichte geht. Wovor ich mich allerdings bisher immer gedrückt habe, wann immer es möglich war, ist Backen. Ich halte Backen für eher unspektakulär, da man “nur irgendwas zusammenrührt, in den Ofen steckt und dann für die nächsten 90 Minuten das Beste hofft”.

In einem Anfall von Verrücktheit hatte ich aber eben die Idee, dass es doch eigentlich albern ist und habe beschlossen, meine Backkenntnisse zu erweitern. Und dafür nehme ich, wie üblich, die Hilfe des Internets und seiner Insassen in Anspruch. Was habe ich also vor:

Ich möchte in regelmäßigen Abständen, idealerweise am Wochenende, wenn meine Zeit es zulässt und keine beruflichen oder privaten Verpflichtungen im Weg stehen, Gebäck, Brot oder Kuchen herstellen, deren Rezepte mir idealerweise von euch vorgeschlagen werden. Ob ihr das tut, um meine Fähigkeiten zu verbessern oder um mich grandios scheitern zu sehen, überlasse ich euch. Der Witz ist natürlich, dass ich jedes Rezept und seine individuelle Genese hier zusammenfasse (und vielleicht in Instagram Stories, wer weiß das jetzt schon), damit ihr auch was davon habt.

Ein paar Rahmenbedingungen, was die Rezeptvorschläge angeht, gibt es natürlich auch. Das Ganze muss ja seine Ordnung haben. Also, hier die Regeln:

  1. Es sollte sich tatsächlich um ein Rezept handeln. Ob ihr das selbst im Netz gefunden habt oder es sich um euer seit Generationen weitergegebenes Familienkuchenrezept handelt, ist egal. Es sollte nur über ein Foto hinausgehen. Wir sind ja nicht bei Kitchen Impossible.
  2. Keine Backmischungen. Ich denke, das erklärt sich von selbst. Backmischungen kann ich schon.
  3. Die benötigten Zutaten und die Komplexität deren Beschaffung sollte in einem vernünftigen Verhältnis zum Ergebnis stehen und mit dem Besuch eines wohlfeil sortierten Supermarkts zu bewältigen sein. Ich werde weder im Vollmond nach Beeren suchen, hinter Wasserfällen nach Wurzeln graben und auch keine Lamas melken.
  4. Die Zubereitung sollte sich ebenfalls mit einer regulär ausgestatteten Küche bestreiten lassen. Eine regulär ausgestattete Küche beinhaltet übrigens keinen beheizbaren Mixer, egal welcher Marke. Eine Küchenmaschine, die Teig rühren kann, ist aber vorhanden und wird sicherlich auch genutzt werden.
  5. Der Zeitaufwand sollte auch überschaubar sein. Ich neige dazu, am Wochenende Freizeit mit Frau und Kind zu verbringen, habe also weder Lust noch Zeit, mehr als 3 Stunden (abgesehen von Geh- und Backzeiten, in denen man ohnehin keinen Einfluss nehmen kann) mit der Verbesserung meiner Fähigkeiten zu verbringen. 
  6. Ich wähle die Vorschläge, sofern überhaupt mehrere kommen sollten, nach folgenden Kriterien aus:
    1. Klingt interessant.
    2. Klingt lecker.
    3. Damit könnte ich mich nicht zum Vollhorst machen.
  7. Ob Kuchen, Keks, Brot oder Torte ist mir übrigens erstmal egal.

So, das wäre meine Idee. Ich fände es lustig, wenn ich tatsächlich Vorschläge bekäme (gerne in Form von Direktnachrichten, E-Mails oder was euch sonst so einfällt - ich bin an sich ganz gut zu erreichen) und noch lustiger fände ich es, wenn andere sich dieser kleinen Beklopptheit anschließen.

Ihr werdet es mitbekommen, wenn es losgeht - der Hashtag dazu lautet übrigens: #IchKnackeDasBacken

23x2017 - Beim heiligen Dampfgral

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Thermomix. Die Erfüllung aller Hausfrauenträume, wenn man der Eigeninszenierung und der aufgeschraubten Fangemeinde glauben darf, die das Gerät nach Lieferung für alles außer Kochwäsche einsetzen, das aber auch nur, weil grad das Abendessen in ihm munter vor sich hinköchelt. Ich hatte nie eine fundierte Meinung dazu, sondern nur ein unspezifisches “Find’ ich albern” und daher habe ich die Gelegenheit, die sich mir diese Woche durch meine Mutter bot, beim Schopfe ergriffen.

Kurzer Rundflug durch die Vorgeschichte: Nach Ha-Ra, Tupper und was weiß ich noch alles, ist auch die Thermomixparty durch die Wohnsiedlung meiner Eltern geschwappt und so kam meine Mutter an eine Einladung zu einem Thermomix-Vorführabend, der ich mich angeschlossen habe. Ich war insofern unvoreingenommen, als dass ich vor allem die dahinter steckende Vermarktungsstrategie mal am eigenen Leib erfahren wollte. Man ist ja neugierig.

Nun denn, so begab es sich, dass man sich am Abend in einem reizenden Industriegebiet versammelte, wo die Versuchsanordnung in einer Demoküche von Vorwerk aufgebaut ward. Man tritt ein, wird begrüßt und auf einer Liste abgehakt und betritt den Raum, der fast corporate-like in weiß und überraschend vielen miteinander im Clinch stehenden Grüntönen gehalten ist. Nachdem die Wahl meiner Oberbekleidung ebenfalls auf grün gefallen war, trug ich zum Farbspektakel effektiv bei und habe mir bestimmt allein qua Erscheinen Extrapunkte erspielt. 

Im Raum verteilt fand sich die Genese des anzubetenden Objekts in einer Art Wanderausstellung und auf dem am Kopfende montierten Küchenblock das, worum es sich heute drehen sollte. Die neueste Errungenschaft aus den Vorwerk-Entwicklungslabors, wo die Fieberträume gestresster Haushaltsvorstände in Edelstahl und Hartplastik gegossen werden. Der Messias des Dünstens und schmackhaften Zubereitens unter Ausschluss menschlicher Eingriffe, der heilige Dampfgral…

Ich glaub, das Ding heißt TM5 und was ich mitgenommen habe, ist, dass er WLAN hat. Whatever. Zur Demo. (Warum er TM5 heißt, wissen auch nur die Götter. Der Vorgänger hieß wohl TM31 und ich vermute mal, bei der Nummerierung hat man sich Hilfe bei Microsoft geholt: Herr Gates, zählen Sie mal bis 10? - Kein Problem: 1, 2, 3.11, 95, 98, 2000, XP, Vista, 7, 8, 10.)

Nach einer flotten Begrüßung des fünfköpfigen, grünbeschürzten Demoteams, also quasi des Quinquevirats, darunter ein Mann, wurden wir kurz durch das Menü gelitten, welches heute hergestellt werden würde und NATÜRLICH durch das Wunderwerk, welches in der Lage sei, fünf Herdplatten zu ersetzen. Und was man nicht sonst alles aus der Küche entsorgen könne. Siebe, Mixer, Rührstäbe, den Herd sowieso, Schüsseln eventuell, denn man könne den Rührtopf ja herrlich auf den Tisch stellen - ja, wer kennt nicht die festlich eingedeckten Tafeln voller Thermomix-Eimer, an denen man sich zu hohen heidnischen und christlichen Feiertagen, je nach dem wie einem der Sinn steht, laben kann. Mich besprang der Verdacht, dass der korrekt Indoktrinierte das Gerät gar nicht in der durch Nichtbenutzung dem Verfall anheim gefallenen Küche hat, sondern auf einem attraktiven Beistelltisch im Wohnzimmer, um ihn im Bedarfsfall schnell erreichen und Besuchern davon berichten zu können.

Denn das ist ja der eigentliche Witz an der ganzen Geschichte. Der Thermomix ist das perfekte Gerät für… ja für wen denn eigentlich?

Wenn wir uns mal das Spektrum der heimischen Kulinarik vor Augen führen, das irgendwo bei Dosensuppe aufwärmen, Maggi-Kochbeuteln und Tiefkühlfutter beginnt und bei entrückten Hobby-Bocuses, die sich stundenlang in geheimen Zirkeln über den perfekten Pfeffer austauschen können, endet, dann lässt sich der Thermomix dort eigentlich nicht einsortieren.

Jemand, der bisher die Entdeckung der Grillstufe an der Mikrowelle für die größte Errungenschaft seines kulinarischen Werdegangs gehalten hat, wird sich kaum ein 1.200 EUR teures Gerät anschaffen. Genauso wird jemand, der Kochen als Entspannung, Erfüllung, kreativen Prozess und lebenslanges Lernen begreift, mit dem Gerät nicht glücklich werden. Obwohl er derjenige wäre, der das Geld dafür vermutlich hätte und auch ausgeben würde.

Und das macht das Marketing so kompliziert. Es ist ja grundsätzlich nichts verkehrtes daran, denn selbst gekochtes und mit frischen Zutaten zubereitetes Essen ist allemal besser als fertig gekauftes, aufgewärmtes oder mikrowelliertes aus der Massenproduktion. So weit, so gut.

Das Ding dann aber so zu inszenieren, als wenn kochen im herkömmlichen Sinne nichts weiter ist als ein notwendiges Übel, welches die arme Seele, der die Aufgabe zugefallen ist, an den Herd gekettet zurücklässt, während der Rest der Familie spektakulären Vergnügungen nachgeht, ist, führt auch zu nichts. So wird es aber angepriesen: Während das Gerät in unserem Falle mit der gleichzeitigen Zubereitung von Putenroulade, Reis, Gemüsebeilage und Sauce zugange war, könne man doch jetzt herrlich Wäsche machen oder einen Sekt trinken. Überhaupt schien sich das Anfüllen neuentstandener Freizeit mit Prickelbrause wie ein roter Faden durch das Loblied auf den Küchenknecht zu ziehen. Und wenn nicht Sekt, dann die Erkenntnis, dass mit dem Thermomix ja jeder kochen könne, der lesen und einen Knopf drehen kann. Sogar ein gewisser, nicht anwesender Peter, der uns allen aber dank der Eingaben seiner kurzflorigen Gattin, am Ende wohlbekannt war und wir ihn vermutlich in der Fußgängerzone mit Handschlag und Schulterklopfen begrüßen würden, wenn wir ihn träfen. Peter musste immer dann in seiner Absens als Beispiel herhalten, wenn es darum ging, dass wirklich jeder damit kochen kann. Der Arme. 

Auch ein beliebtes Beispiel ist die Sansibar auf Sylt, wo ganze sechs Geräte in der Küche werkeln. Was für ein wunderschönes Bild. Das, was dem Unwissenden als Küchenhochkultur präsentiert wird, aber eigentlich nichts weiter als ein überkandidelter Strandimbiss in zugegeben hübscher Lage mit grotesk hohen Preisen und einem guten Merchandising und Product Placement ist. Sind wir mal ehrlich: Was machen die Dinger da? Die rühren den ganzen Tag Sauce, weil das billiger ist, als jemanden dafür einzustellen. Aber die Geschichte ist schön. Und das Bild. Auf Sylt. Mit meinem Thermomix. Wie in der Sansibar. Da wächst einem doch fast eine Kochmütze.

Zurück zum Gerät. Was kann er denn nun. Angeblich ersetzt er fünf Herdplatten, wobei ich selbst nach intensivster Zähung nur auf vier komme. Es gibt den Topf, der heizen und rühren kann, wo man also wahlweise Suppen, Saucen oder anderes drin machen kann. Dann gibt es einen Dampfeinsatz, wo man dann im entstehenden Wasserdampf Kartoffeln und Reis machen kann, also die berühmte Sättigungsbeilage. Darauf dann der Dampfgarer, seines Zeichens zweigeschossig, so dass man Fleisch/Fisch und Gemüse getrennt halten kann und das wars dann. So lange ich nicht Reis und Kartoffeln in den gleichen Topf kippe, komme ich nur auf vier. Aber das wird wohl eins der ungelösten Rätsel für Außenstehende bleiben: WO IST DIE FÜNFTE HERDPLATTE BEIM THERMOMIX?

Er kann also Sachen warm und klein machen. Das ganze auch noch in unterschiedlichsten Intensitäten und darüber kann er dann ausschließlich Dampfgaren. Weil das das Aroma so wunderbar erhält. Was aber auch bedeutet, dass es keine Röstaromen mehr gibt. Nachdem man ja ärgerlicherweise im Überschwang bei Erhalt des Geräts seine komplette Küche weggeworfen hat, gibt es die jetzt sowieso nicht mehr. Ja, Dampfgaren ist ganz toll für Gemüse. Es erhält den natürlichen Geschmack des Gemüses. Alles richtig. Da aber über weite Strecken des Abends auch Gewürze abwesend waren (wohl zusammen mit den anderen plötzlich überflüssig gewordenen Utensilien den Weg alles Irdischen gegangen…) konnte man sich dann an dem irren Geschmackserlebnis von ungewürzten, gedünsteten Champignons und Zucchini erfreuen. Ausgerechnet Zucchini, in ihrer Ursprungsform ja ohnehin schon bekannt als destillierte Geschmacksbomben.

Warum jetzt also ungewürzt? Naja, das Rezept, befindlich auf einem Chip, den man an den Thermomix pöngeln kann, hatte wohl die Gewürze übersehen. Man weiß es nicht. Oder das ist die kreative Spielfläche, die dem Ein-Gerät-Spitzenkochanwärter hier geboten wird. Sie ist zwar eng umzäunt, aber hey: Tob dich aus. Nimm doch mal Salz.

So dümpelte der Abend dann vor sich hin. Das Essen war auf jeden Fall nicht schlecht, eindeutig selbst zubereitet, im Würzprofil so unauffällig wie ein Schneefuchs im tiefsten Winter von Alaska und bestimmt auch gesund.

Nur: Nichts von dem, was man mit diesem Gerät machen kann, kriegt man nicht auch in gleicher oder besserer Qualität mit ganz normalen Küchengeräten zustande. Nicht nur das: ich habe auch die Möglichkeit, und das ist das, was Kochen für mich ausmacht, den Prozess zu beeinflussen. Ich kann währenddessen probieren und abschmecken, Dinge hinzufügen, neues ausprobieren, mit Temperatur und Zeit experimentieren usw. - und zwar ohne jedes Mal das ganze Ding auseinanderbauen zu müssen. 

Alles in allem: Kauft euch einen vernünftigen Topf und eine Pfanne (für die Röstaromen), einen Mixstab und einen Dampfgareinsatz für die Gesundheit und die Vitamine. Und von den 800 Euro, die ihr dann gespart habt, kann man entweder gut essen gehen, um sich wirklich mal kulinarisch inspirieren zu lassen oder einfach vernünftige Zutaten kaufen. Oder mal einen Wochenendtrip nach Sylt? Die Sansibar soll ja so schön sein…

22x2017 – Erste Erkenntnisse des Elters, lockere Folge

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Im Folgenden präsentiere ich eine kleine Sammlung neuer Erkenntnisse, die ich als Jungelter in den ersten 12 Tagen am Wegesrand aufgeklaubt habe. Diese Liste wird sicherlich noch länger werden, kann aber jetzt schon zur Belustigung für erfahrene Eltern und Vorbereitung für werdende solche herangezogen werden. Vermutlich ist auch nicht alles ernst gemeint ;-)

  1. Zu meiner Überraschung befindet sich das Geschäft rund um die Geburt, also deren Vor- und Nachbereitung relativ fest in einem gönnerhaften, osteuropäischen Klammergriff, was zur Folge hat, dass man Hebammen zwar nicht immer zu 100% versteht, aber gehörigen Respekt vor ihnen hat, um nicht ärgerlicherweise bei Nichtbeachtung von Tipps und Hinweisen einem slawischen Fluch anheim zu fallen.
  2. Die Anwesenheit des Neugeborenen veranlasst die Verwandtschaft in ihrer Gänze dazu, den eigenen verästelten Stammbaum auf etwaige Ähnlichkeiten mit dem Hinzugestoßenen zu durchkämmen und Gesichtsausdrücke mit entfernter und lang vergessen geglaubter Blutlinie in Verbindung zu bringen. Obwohl das Kind möglicherweise nur mal pupsen musste.
  3. Überhaupt bietet das Baby eine nicht enden wollende Vielzahl von drolligen Gesichtsausdrücken an. Obwohl diese nicht bewusst gesteuert werden, veranlasst auch dies alle Anwesenden, die Eltern eingeschlossen, zur maßlosen Überinterpretation der kindlichen Empathie.
  4. Das Kind schätzt, obwohl es nicht nur die Eltern sondern schlicht alle Anwesenden als ihm wohlgesonnenen Farbmatsch wahrnimmt (wenn man der Wissenschaft hier Glauben schenken mag), körperliche Nähe über die Maßen und genehmigt sich darob gerne ein nachmittägliches Schläfchen auf besagtem Matsch. Das ist sehr niedlich und führt auch elterlicherseits zu starkem Wohlbefinden.
  5. Die kindliche Toleranzschwelle zwischen sanftem Erwachen aus dem Schlummer und der nicht abzuwendenden Panik über den drohenden Hungertod innerhalb der nächsten Minute liegt ungefähr im gleichen Zeitrahmen wie die Halbwertzeit gängiger Transactinoide, also irgendwo zwischen wenigen Nanosekunden und ohne technisches Gerät gerade so wahrnehmbaren Zeiträumen.
  6. Was hingegen als weniger schlimm wahrgenommen wird – und zwar weit weniger als der Erwachsene es sich vorstellen mag – ist das In-Form-Liegen und Verharren in den eigenen Hinterlassenschaften. Besonders dann, wenn am anderen Ende des Kindes gerade vorher erwähnte Nahrung nachgefüllt wird.
  7. Das Kind, gerade wenn wie im unseren Fall sämtliche Abwasserleitungen auf Putz montiert wurden (vulgo: ein Junge), ist bereits kurz nach der Geburt in der Lage, nicht nur die Eltern sondern auch die nähere Umgebung wie auch zufällig offenstehende Schubladen in der Wickelkommode zielsicher mit Eigenurin zu markieren. In dieser inoffiziellen Disziplin der elterlichen olympischen Spiele steht es im übrigen 9:0 für Mutti nach aktueller Zählung.
  8. Zum Thema Nahrungszubereitung: Das hierfür abgestellte Elternteil sammelt erstaunliche Erkenntnisse über die Effektivität anderer haushaltlicher Vorgänge. So weiß ich beispielsweise seit Neuestem, dass eine handelsübliche Spülmaschine in 2:30 Minuten ausgeräumt und das saubere Geschirr verstaut werden kann. Da ein Fläschchen 3 Minuten zum Warmwerden benötigt, bietet sich hier also nach verrichteter Arbeit noch die Gelegenheit für ein erholsames Nickerchen.
  9. Schlaf wird, wie von kundigen Eltern bereits hämisch angekündigt, eher fragmentiert angeboten. So lernt man die kurzen Schläfchen im Alltag zu schätzen, beispielsweise unter der Dusche, beim Zähneputzen, an die Wand gelehnt beim Kochen oder auf dem Weg zum Einkaufen.
  10. Die Anwesenheit des Kindes bewirkt auch die sprunghafte Zunahme von Single-Purpose-Utensilien mit vollkommen grotesker Nutzerführung rund um die Erfüllung kindlicher Wünsche und Erfordernisse. Der erstaunte Vater nimmt zur Kenntnis, dass, obwohl sämtliche dieser Anforderungen von einer gut sortierten Werkbank und Küche ebenfalls entspannt abzufedern gewesen wären, hierfür eingangs erwähnte Geräte gekauft werden müssen.
  11. In einem Fall hat sich eine solche Anschaffung insofern als sinnvoll herausgestellt, als dass die Anzahl eingeäscherter Fläschchen seit Anschaffung eines spezialisierten Utensils auf Null zurückgegangen ist. Der Vater zeigt sich hier also in Ansätzen einsichtig.
  12. Wenn das Kind eingekleidet wird, werden hierfür lagenweise Kleidungsstücke eingesetzt, die, obwohl augenscheinlich kaum auseinanderzuhalten und sich nur in Nuancen unterscheidend, alle verschiedene Namen tragen und dementsprechend auch unterschiedlich einzusetzen sind. Bodies sind demnach Unterwäsche, obwohl sie mit ungeübtem Auge wie die darüber zu montierenden Strampler wirken und seit neuestem weiß ich auch um die Existenz sogenannter Spielhosen, traue mich aber nicht, deren Parallelen zu gewöhnlichen Latzhosen (im oberen Teil des Kindes verspannbar, unten zur Einfüllerleichterung offen, keine fest montierten Fußteile) zu hinterfragen.

So weit die von mir gewonnenen Erkenntnisse rund um den Nachwuchs in den ersten Tagen. Weitere heitere Einblicke folgen.

21x2017 – Ernährungsgewohnheiten

Genauer: Ernährungsgewohnheiten und deren Überwindung.

Ich als Büroarbeiter mit wenig Neigung zu körperlicher Betätigung habe ein recht nachvollziehbares Problem: Ich werde fett.

Immer mal wieder kriege ich dann einen Anfall von Gesundheitswahn, melde mich in Fitnessstudios an, kaufe Fitness-Gadgets, fange an, mich anders zu ernähren als vorher. 

Alles von zeitlich begrenztem Erfolg und mit unterschiedlichen Erfolgen. Das, was bei mir persönlich am besten funktioniert hat, ist kohlenhydratarme Ernährung, was aber im Alltag irgendwie anstrengend ist und einen auch bei gesellschaftlichen Anlässen vor ungeahnte Herausforderungen stellt – meist kulinarischer Natur.

Da ich vor allem für den bald eintreffenden Untermieter noch lange möglichst funktionstüchtig erhalten bleiben möchte, muss also mal wieder ein Plan her. Dieses Mal probiere ich es also mit einer etwas verträglicheren Variante der Ernährungsumstellung – Verzicht auf Fleisch.

Das ist für mich persönlich ein gar nicht so kleiner Schritt, denn ich esse gerne Fleisch. Dennoch habe ich jetzt beschlossen, fürs erste unter der Woche meinen Fleisch- und Wurstkonsum radikal zu reduzieren. Erstens hat man dann etwas, worauf man sich am Wochenende freuen kann, zweitens dürfte es mir ernährungsphysiologisch zugute kommen und drittens wird ein gutes Gewissen quasi frei Haus mitgeliefert.

Also, schauen wir mal, wie sich das Ganze so entwickelt. 

20x2017 – Die beste Klobürste der Welt

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Man soll ja ruhig mal etwas vollmundig in so einen Text einsteigen, also sage ich einfach, dass diese von mir vor einiger Zeit auf Kickstarter unterstützte Klobürste die beste der Welt ist.

Fest steht auf jeden Fall, dass sie cool aussieht. Und sie heißt Looblade.

Wie auf Kickstarter so üblich, hat die Produktion etwas länger gedauert, als ursprünglich von den Projektinitiatoren geplant – in diesem Fall ungefähr 14 Monate länger. Das gehört aber für mich zum Gesamterlebnis Crowdfunding dazu, denn schließlich kauft man hier kein Produkt sondern unterstützt die Realisierung einer Idee – und das kann nun mal Unwägbarkeiten mit sich bringen, die den Verlauf verzögern. Die Projektgründer haben aber ihre Unterstützer per Kickstarter auf dem Laufenden gehalten, so dass man zu keiner Zeit das Gefühl hatte, hier würde nicht an der Fertigstellung des Produkts gearbeitet werden – und das reicht dann auch, um mich zu einem glücklichen Unterstützer zu machen. Neben einem guten, fertigen Produkt natürlich.

Wie ist die Bürste nun? Laut Eigenbeschreibung ist der Bürstenkopf zum einen anitbakteriell ausgerüstet, darüber hinaus wasserabweisend und es verhakt sich aufgrund der Bauform weniger dessen in ihm, was er eigentlich entfernen sollte.

Da mir kein wissenschaftlich akzeptierter Testkot zur Verfügung steht, teste ich am naturgemachten Objekt und kann nach ersten Erprobungen sagen, dass er seine Arbeit sehr gut macht. Vor allem positiv aufgefallen ist mir das bereits erwähnte wasserabweisende Material, denn so vermeidet man nach getaner Arbeit, eine Spur von Tropfen auf dem Weg zum Abstellplatz neben dem Klo auf Brille und Boden zu verteilen. Die Reinigungsleistung scheint auf den ersten Blick auch sehr okay zu sein, wobei ich jetzt aufgrund körperlicher Limits noch nicht die ganze Bristol-Skala durchgetestet habe ;-)

Eins steht jedoch jetzt schon fest – das war auf jeden Fall einer der längsten Texte, die ich jemals rund um eine Klobürste schreiben konnte. Bis jetzt. Vielleicht reißt mich der (die?) Looblade ja in der nächsten Zeit so vom Hocker, dass ich noch ein wenig mehr zu erzählen haben werde. Fürs erste bin ich jedenfalls sehr zufrieden mit meiner neuen Klobürste.

19x2017 – Ich drehe durch

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Einkaufen und Lebensmittel stehen bei mir hoch im Kurs. Ich bin gerne bereit, für gute Zutaten Geld auszugeben. Und ich gehe gerne einkaufen, allerdings nur in vernünftigem Ambiente. Lieblos eingeräumte Regale und Europaletten im Laden machen mich nicht an und mein Preisbewusstsein reicht nicht in diese Abgründe der Einkaufshölle.

Ich denke, das ist wichtig, um qualitativ vernünftiges Essen zuzubereiten und abgesehen davon hat gerade bei Fleisch der Preis einen sehr unmittelbaren Einfluss auf die Bedingungen, unter denen das Tier aufgewachsen ist. Das hat mich auch dazu gebracht, fertiges Hackfleisch zu hinterfragen – Metzger hin oder her: Mir fehlt einfach die Sicherheit, dass die im Hackfleisch verarbeiteten Fleischstücke nicht doch nur irgendwelche Reste zweifelhafter Qualität sind. Abgesehen vom Frischeaspekt und der im Hack stark vergrößerten Oberfläche, die Keimen und Oxidation ausgesetzt ist.

Gut, dass ich ab und zu mal was bei Amazon kaufe, denn:

Ende letzten Jahres gab es in unserer Küche mal wieder Gerätezuwachs – kommt ab und an mal vor, dieses Mal war es eine multitalentierte Küchenmaschine. Neben diversen Rühr-, Knet- und Mixtätigkeiten ist dieses Gerät auch dazu in der Lage, Fleisch zu wolfen.

Das wollte natürlich ausprobiert werden.

Und hat sich als Erfolgsmodell herausgestellt. Nicht nur, dass ich so einen direkten Einfluss auf die Qualität und Frische des Hacks habe, ich kann auch Zusammensetzung, Fettgehalt, Würzung und Feinheit bestimmen, was einem zahlreiche neue Möglichkeiten eröffnet. Es macht sich alleine schon dadurch bemerkbar, dass wirklich frisch gewolftes Fleisch so gut wie kein Wasser beim Anbraten verliert. Und nicht zuletzt kann ich in der Gefriertruhe Fleischstücke für Hack bevorraten und bin so noch ein wenig unabhängiger und habe einen Frischevorteil.

Was noch ausprobiert werden möchte, ist die Herstellung eigenen Metts und eigener Bratwürste. Das kommt dann demnächst.