„Organtronic Elevation“ war das Motto eines faszinierendes Konzertes in der Stadtkirche St. Martin. Komponist und Multi-Instrumentalist Sebastian Bartmann verschmolz in seiner Aufführung Orgel, Synthesizer und Sounddesign zu einem einzigartigen Hörerlebnis.
Berührungsängste kennt Sebastian Bartmann offensichtlich nicht. Grenzen schon gar nicht. Eine Unterscheidung zwischen ernster und unterhaltender Musik nimmt er nicht vor. Kein Wunder, dass er sich auch nicht scheut, scheinbar inkommensurable Instrumente wie Orgel und Synthesizer miteinander zu kombinieren.
„Für mich ist das naheliegend“, erklärte Bartmann zur Einführung. Alle elektronischen Musikinstrumente basieren seinen Angaben zufolge letztlich auf der Orgel. Deshalb gebe es auch viele Gemeinsamkeiten. Auf Orgel und Synthesizer Klänge könne er gleichermaßen Töne erzeugen. Diese Möglichkeiten nutze er, um mal kontrastierend oder ineinander verschmelzend zu spielen.
Kurioses Detail am Rande: Die Wintherhalter-Orgel in der Martinskirche stammt aus dem Jahre 1989 und ist damit sogar etwas jünger als der Moog-Synthesizer von 1974, den Sebastian Bartmann beim Konzert einsetzte.
Dort kam sein universalistischer Ansatz hervorragend zur Geltung. Girolamo Frescobaldis „Toccata terza“ aus den „Fiori musicali“ (1635) bildete Ausgangs- und Endpunkt einer grenzüberschreitenden musikalischen Reise durch bisher nie gehörte Klangwelten. 400 Jahre alte Musik erwachte zu neuem Leben. Manche Passagen erinnerten dabei an Klangvirtuosen wie Pink Floyd.
Bei der sogenannten Elevationstoccata handelt es sich um jahrhundertealte, sinnliche Musik, die einst zur kontemplativen Betrachtung während der Wandlung im Gottesdienst gespielt wurde. Ausgehend von ihr, erzeugte Bartmann meditative Klanglandschaften, die den Zuhörer mitnahm auf eine Reise ins Innere. Die Musik fungierte quasi als Echolot zur Seele. Ein zirkulärer Rhythmus verstärkte den Eindruck, der unterstrichen wurde durch die in blaues Licht getauchte Martinskirche.
Rund eine Stunde währte die mystische Klangreise, angefüllt mit berührenden und erschütternden Momenten. Am Ende gab es stehenden Applaus. Zu Recht. Solche Klänge hat das immerhin auch schon hundert Jahre alte Gotteshaus mit Sicherheit noch nicht gehört.
Zahlreiche Besucher nutzten die Gelegenheit, um im Anschluss auf der Empore das musikalische Instrumentarium in Augenschein zu nehmen. Geduldig erklärte Sebastian Bartmann die Funktionsweise und demonstrierte auch verschiedene Techniken, mit denen er seine Klänge erzeugte. Da gerieten Technikfans und Musikliebhaber gleichermaßen ins Schwärmen.
Ulrich Feuerstein
